Enibas hat geschrieben:@Xenna, da stimme ich dir in allen Punkten voll und ganz zu. Herr Guttenberg hat einen Riesenfehler gemacht, das steht außer Frage, aber diese seitenweisen Hetzkampagnen in der Zeitung und im Internet sind an nichts zu überbieten. Ich frage mich nur, hat denn der Doktorvater H. Guttenberg nicht gewissenhaft betreut und die Arbeit nicht sorgfältig geprüft ? Warum sind ihm dann die Plagiate nicht aufgefallen ? Dann trifft ihn aber auch eine Schuld.
[...] Es werden ja im Moment ca. 30 Doktorarbeiten von Politikern überprüft. Wer weiß was da wieder zu Tage kommt. ?
Das ist ja das Schlimme: Unsere Sitten und Maßstäbe sind offenbar so verroht, dass die Tat des Herrn als
Riesenfehler verniedlicht werden kann. Die
Aufdeckung und Aufklärung dieser Verfehlung wird als
Hetzkampagne empfunden! Der Professor Lepsius, der sich in dem von mir verlinkten Video dazu äußert, zittert geradezu vor Wut, weil er es nicht fassen kann.
Es ist allerdings richtig, dass die Diskussion sich ausschließlich auf den Täter konzentriert, aber das wird nicht so bleiben. Selbstverständlich haben an dieser Tat eine Menge Leute mitgewirkt, und das ist dem genannten Professor auch voll bewusst. Er ist schließlich der Nachfolger desjenigen, der diese ganze Schweinerei zu verantworten hat. Danach hat der Reporter höflicherweise nicht gefragt, aber andere haben diese Frage schon auf den Tisch gebracht.
Das wird vermutlich ebenfalls durch die Universität Bayreuth aufzuklären sein, und angesichts der ersten Finte darf man gespannt sein, was die Herrschaften sich diesmal einfallen lassen, um sich um die offensichtlichen Tatbestände herumzudrücken.
Auch zu der Prozedur der Aberkennung hat der Professor sich, allerdings nur indirekt, geäußert, in dem er gesagt hat, dass dieses Verfahren anders hätte ablaufen sollen. Andere haben ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass das Verfahren der Uni Bayreuth
rechtswidrig war. Die hätten sich zum Tatbestand der
Täuschung äußern müssen.
Ich glaube, die Uni Bayreuth wird nicht umhin kommen, den ganzen Saustall auszumisten. Es haben ja nicht nur zwei Gutachter ausdrücklich mitgewirkt, sondern auch noch eine Note erteilt, die
äußerst selten vergeben wird. Die ganze Angelegenheit ist ein riesiger Skandal, und zwar nicht nur für die Universität Bayreuth, sondern für das ganze Land. Dass so etwas in Deutschland passieren kann, ist unerhört.
Selbstverständlich ist das
Korruption, und wir wissen, wie gefährlich und verwerflich Korruption ist. Unsere Konzerne können und dürfen sich noch nicht einmal herausreden, wenn sie sich darauf berufen, dass im Ausland keine Geschäfte gemacht werden können, wenn man nicht schmiert. Dass im eigenen Lande geschmiert werden kann, und dieser Vorgang auch noch von unseren "besten" Politikern verteidigt wird, ist einfach unglaublich.
Schließlich kommt noch hinzu, dass mit diesem einen Fall auch noch alle anderen Arbeiten pauschal verdächtigt werden. Und weiter: Indem man diesen Vorfall als verständlich bagatellisiert, wertet man alle anderen Leistungen gleichzeitig mit ab. Der Leistungsgedanke selbst wird beschädigt.
Das ist der Schaden für die Wissenschaft und für die Werteordnung in unserer Gesellschaft.
Der Schaden für die Politik besteht darin, dass alle Unterstützer dieses Politikers die Grundwerte unserer Gesellschaft, auf die wir mit Recht stolz waren und die unsere Stellung in der Welt begründet hat, mit Füßen treten. Wie wollen wir in Zukunft miteinander umgehen, nachdem wir uns dieses unwürdige Schauspiel angeschaut haben? Wird jeder, der sich eines Vergehens schuldig gemacht hat, sagen können:
Oh, das habe ich aber nicht bewusst getan, ich entschuldige mich. Damit ist der Fall doch wohl erledigt, oder?
Jedermann wird überdeutlich, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Die Mächtigen dürfen alles, und die anderen trifft die volle Härte des Gesetzes.
Der Professor hat aber auch zum Ausdruck gebracht, dass die ganze Angelegenheit die Wissenschaft stärken wird, und das glaube ich auch. Wenn es Missstände gibt, muss man froh sein, wenn man drauf gestoßen wird, weil man dann endlich die Gelegenheit hat, sie zu beseitigen. Sollte dies also kein Einzelfall sein, wird man weiterbohren, bis alles aufgeklärt ist.
Dazu bedarf es der hinreichenden Energie; wenn die Angelegenheit gleich unter den Teppich gekehrt worden wäre, wäre der Schaden größer. Die Frage ist allerdings, ob die Energie groß genug ist, eine wirkliche Heilung herbeizuführen.
Viele Menschen mutmaßen nämlich, dass die wirklichen Machtverhältnisse ganz andere sind, dass diese gar nicht sichtbar werden und nicht greifbar sind, dass die Politiker selber nur Marionetten sind und es deshalb im Grunde egal ist, wer diese Posten bekleidet. In den USA haben beispielsweise viele Leute sehr große Hoffnungen in Obama gesetzt und sind jetzt schwer enttäuscht.
Das klingt natürlich nach Verschwörungstheorie, aber daran dürfte insoweit etwas dran sein, als die Großkonzerne ohnehin multinational tätig sind und sich nicht sehr um die einzelnen Regierungen kümmern. Bekanntlich wird die überwiegende Menge des gesamtgesellschaftlichen Reichtums von sehr wenigen Menschen gehalten. Die wollen sich sicherlich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Das wiederum lässt bei allen anderen leicht Ohnmachtsgefühle entstehen, die durch Witze kompensiert werden.
Und wenn Politiker von denen hofiert werden (das betrifft nicht nur unseren Verteidigungsminister, sondern die gesamte politische Elite aller Parteien), um sie in die Pflicht zu nehmen, ist die Versuchung nicht nur groß, dem nachzugeben, sondern vermutlich gibt es auch keine Alternative.
Jetzt können wir nur hoffen, dass diese wenigen Reichen die Welt nicht zugrunde richten. Das ist keine akademische Diskussion und nichts für den Stammtisch, das betrifft jeden von uns, insbesondere den Mittelstand, der vom Abstieg bedroht ist. Unter anderem ist Hartz IV der Preis. Die Armen sollen die Suppe auslöffeln, damit die Reichen noch reicher werden. In den USA, bei uns, und auf der ganzen Welt.
Die
Ghostwriter, die den Betrug in der Wissenschaft möglich machen, gehören zu den Absteigern, zu denen, die ihren Platz in der Gesellschaft nicht finden konnten und keine andere Möglichkeit der Existenzsicherung sehen, als sich zu kriminellen Handlungen zu verdingen. Diese Leute darf man auch nicht vergessen, die gehören zu diesem Schmierenstück ebenfalls dazu.