Mit Vollgas nach Jerez (Leseprobe aus meinem Buch)

Sie schreiben selbst? Stellen Sie es anderen vor und diskutieren Sie darüber.
Antworten
la nanita
Beiträge: 1
Registriert: Do 24. Mär 2011, 15:41

Mit Vollgas nach Jerez (Leseprobe aus meinem Buch)

Beitrag von la nanita »


Schnall Dich an!!!

Hier möchte ich die Abenteuer meines Berufes niederschreiben, damit nichts
verloren geht von dem Einmaligen dieser Erlebnisse. Weder das Wunderschöne,
noch die Angst und Qual, ohne die das Schöne nicht so wundervoll und einmalig wäre.
Das Leben kann gar nicht aufregender und intensiver sein, als auf diesen Fahrten,
wenn man auf sich gestellt allem trotzen muss, den Unwettern und manchen unbesonnenen
oder rücksichtslosen Fahrern auf der Straße, die eine ewige Gefahr sind und
schließlich auch sich selbst.

Meine Arbeit, ist recht ungewöhnlich und abenteuerlich und besteht darin, Autos
in einer Verfolgungsjagd so schnell wie möglich und ohne Schaden über eine Distanz
von 2650 km an ihr Ziel zu bringen. Ich bin durch Sonnenschein und Regen gefahren,
durch finstere Nächte, die einem das Gefühl gaben, von ihnen verschlungen zu werden
und durch helle Mondenscheinnächte, die dem Gemüt gut taten und mich heiter stimmten.
Meist war die Natur friedlich, aber ich war auch öfter schon mittendrin in gewaltigen
Gewittern, wo dann um mich herum die Blitze zuckten und krachten, als ob die himmlischen
Mächte gerade Krieg führten und ich in vorderster Front dabei sei.

Die Strecke ist jedes Mal die Gleiche, aber dennoch immer wieder neu, aufregend, mit
ihrem gewissem Reiz und die totale Herausforderung mit ihren Höhen und Tiefen.
Es gibt Momente, da wünsche ich mir, die Zeit würde stehen bleiben, um mir Gelegenheit
zu geben, diese Herrlichkeit länger und tiefer zu betrachten und ich möchte mit
niemandem tauschen.
Und es gibt auch jene andere Momente, wo ich mir nichts sehnlicheres wünsche, als
dass die Fahrt endlich zu Ende sei.
Nach fast 30 Stunden Fahrt, sind wir endlich am Ziel – ausgepowert und übermüdet,
aber dennoch glücklich, keinen einfachen und farblosen Job zu haben.
Das Auto, das in dieser relativ kurzen aber intensiv gelebten Zeit fast zum Kumpel
geworden ist, wird vor der Abgabe gesäubert. Es wird ausgeräumt, vom übrig gebliebenen
Proviant, den Hörspielen und Musik-CD´s, und vieles mehr, das ich während der Fahrt für
unverzichtbar halte. Und gleichzeitig werden die Erinnerungen an die stressige und doch
unvergessliche Fahrt rausgekehrt. Wenn ich die Autotür zum letzten Mal schließe bleiben
lediglich die Wünsche und Gedanken zurück, die ich dem Auto unterwegs anvertraut habe.

Mit dem Gedanken bereits im Flieger, stelle ich das Fahrzeug ab und stelle überraschend
eine leichte Wehmut darüber fest, dass die Fahrt zu Ende ist.
Zum Abschied drehe ich mich nochmals um und murmele ein „Tschüß“ und fast bilde ich mir ein,
dass mir das Auto sogar antwortet.
Antworten