Gedichte

[Summerhill1972]

Ich habe ein paar Gedichte gelesen, da meine Meinung nicht unvoreingenommen ist, würde ich gerne von euch wissen, was ihr dazu meint:


Ich denk an dich jeden Tag,
seh in den Spiegel,
seh was ich hab.
Denk an die Regel,
die es nicht gibt,
merke: ich bin verliebt!
Lauf durch den Regen,
an dir vorbei,
will einfach mal leben,
ich bin bereit.
Lauf durch die Stadt,
neben dir her,
jetzt dreh nicht am Rad,
ich bleib doch bei dir.
Sehe zum Himmel,
mit dir hinauf,
will auf den Rummel,
jetzt komm schon los lauf.
Laufen der Sonne entgegen,
mit dir Hand in Hand,
wollen was bewegen,
verlassen gemeinsam das Land.
Wir laufen durch den Regen,
an den Schatten vorbei,
wollen einfach nur schweben,
wir sind bereit.

[Schrölk]

Hm. sehr persönlich. Das ist die Art von Text die man für sich selbst schreibt um etwas zu verarbeiten. Schwierig für andere etwas dazu zu sagen...

[Summerhill1972]

Wie ist es hiermit:


Es wird langsam kühl,
die Blätter fallen,
morgens oft schwül,
hörst du die Schritte hallen,
Schritte auf den laubbedeckten Wegen,
der Himmel so blau,
Blätter die sich auf ihn legen,
auf dem Grashalm der Tau,
in den Kronen sieht man die Nester,
die Vögel ziehen nach Süd,
der Atem wird fester,
wenn es kalt wird, werd ich müd,
die Tage sind mittlerweile viel zu kurz,
die Wolken werden lila,
manchen ist die Kälte schnurz,
doch ich hab den Sommer lieber,
doch erstmal kommt der Winter,
der ist noch viel kälter,
aber es steckt auch Schnee dahinter,
wenn er sanft bedeckt die Kronen der Wälder,
die Bäume haben keine Blätter mehr,
nur wenige Vögel zieren noch den Himmel,
alles ist noch trostlos leer,
doch dann kam Anika auf einem weißen Schimmel,
sie ritt so vor uns her,
sah aus wie der Weihnachtsmann,
da lachten wir noch mehr,
der ist doch eigentlich ein Mann,
es war einfach eine gute Stimmung,
alle hatten sehr viel Spaß,
wir feierten bis zur Abenddämmerung,
beim Geschenkauspacken gaben alle Gas,
alle packten aus oh Wunder,
was hat der Weihnachtsmann denn da gebracht,
keiner hatte irgendwelchen Plunder,
wir haben viel zusammen gelacht,
hat alles sehr viel Spaß gemacht,
vielen schönen Dank an euch,
diese Weihnachtsfeier hat es echt gebracht,
ich wünsch, dass euch allen immer ein schönes Licht leucht.

[Sensenmann]

Schwubbidabbidu ... Dann kam noch was dazu ... ich und er und du ... kommen jetzt zur Ruh.

Das Autor soll diese Texte fein sammeln und für die Nachkommen verwahren.
Es ist wirklich keine Weltliteratur, doch in dreißig Jahren
kann es den Karton aufmachen
und mit den Enkeln fröhlich lachen.

Zum "ernsthaften" Schreiben (für den anonymen Leser) gehört entweder gaaaaanz viel "angeborenes" Sprachgefühl oder (besser: und) ein erlernter sicherer Umgang mit der Sprache in allen Facetten. Sinn und Form, Rhythmus, die Fähigkeit zum Entwickeln von Sprachbildern sind bis zu einem gewissen Grade erlernbare Bestandteile des Textens. Aber wenn nur eins fehlt, wird es schon schwierig. Klar, jeder kann heute ein paar Texte zusammenraffen, an einen Zuschussverlag senden, sich das Geld aus der Tasche ziehen lassen oder per BoD große Hoffnungen aufpusten, aber ich zweifle, ob es das wert ist.

Ganz für sich selbst oder für seine Nächsten zu schreiben, ist etwas Wertvolles an sich, man muss es nicht mit großen Erwartungen belasten.

Oder eben: Lernen, lernen, popernen.
Und: Immer lesen. Wahre Literatur.
Und: Gleichgesinnte suchen, vor allem Leute, die schon weiter sind.


Die beiden vorgestellten Texte kommen mir einfach dahingeschrieben vor. Wie es eben gerade durch den Kopf lief. Wurde daran gearbeitet?



Liebe Grüße - und ich hoffe, nicht verschreckt zu haben.

Der Sensenmann

[Summerhill1972]

Hallo Sensenmann,

nein, du hast mich nicht verschreckt und ich danke dir sehr für deine Kritik, die ich auch gerne weitergeben werde.

Ich habe von Gedichten keine Ahnung, mir gefielen sie einfach nur gut und da meine Tochter (14) sie geschrieben hat, dachte ich es wäre vielleicht mal eine gute Idee,erfahrenere Leute lesen zu lassen. Ich selber mag Gedichte nicht so gern.

An einen Verlag wollen wir sie nicht schicken, aber mein Gedanke war, eventuell kann man was daraus machen. Mal schaun, was sie dazu sagt und ob sie Lust hat, sich mehr damit zu befassen.

[williwu]

Oh ja, wie der große Dichter Heinz Erhard schon sagte: Bereits als Baby habe er im Hinblick auf seine Windeln einem Engel gesagt, er wolle gerne etwas dichter werden; der Engel habe das etwas missverstanden ...

Ich wundere mich immer wieder, was viele Erwachsene als Gedicht verkaufen wollen. Texte, bei denen dann nur jedes Wort klein geschrieben wird, auf Satzzeichen verzichtet, ein paar Zeilenumbrüche willkürlich eingesetzt, und schon nennt man das Ding "Gedicht".

Daher empfinde ich es als schön, wenn deine Tochter versucht (und man merkt, dass sie es versucht), einen Rhythmus zu finden und zu reimen. Das ist eine technische Voraussetzung für das Dichten. Ein Zeichner oder Maler muss auch erst mal die Grundtechniken erlernen, bevor er wirklich daran denken kann, frei Kunst zu produzieren. Es gibt immer einen Unterschied zwischen einem Maler, der handwerklich sauber malen kann, es aber vielleicht als Expressionist nicht will, oder jemanden, der denkt, man brauche das Handwerk gar nicht mehr zu beherrschen. Und so ist es auch beim Dichten.

Vielleicht hat deine Tochter schon in der Schule etwas von Jamben und Trochäen gehört und ein paar Gedichte als Beispiel behandelt. Es hilft schon ungemein, mal bei Theodor Storm und anderen Meistern "abzugucken".

Ich würde sagen: Weiter so. Und dann irgendwann kommt ja vielleicht das Genie durch und dann gelingen deiner Tochter womöglich auch so schöne einfache Zeilen wie Thomas Brasch:

Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber
wo ich bin will ich nicht bleiben, aber
die ich liebe will ich nicht verlassen, aber
die ich kenne will ich nicht mehr sehen, aber
wo ich lebe will ich nicht sterben, aber
wo ich sterbe, da will ich nicht hin
bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin.

[Summerhill1972]

Hallo williwu,

entschuldige bitte, daß ich mich erst jetzt melde, aber bei mir herrscht das absolute Chaos in jedweder Form.

Also, ich danke schon mal ganz herzlich für deine Worte, ich habe sie an meine Tochter weitergegeben, d.h. ich habe die Seiten ausgedruckt. Sie hat sich sehr gefreut über die Kritik und will versuchen, ihren Stil zu verbessern.

Mal sehen, was draus wird, ich gebe ihr auch die von dir genannten Bücher, vielleicht ist es ja eine Hilfe für sie.

Dir wünsche ich eine besinnliche Weihnachtszeit und noch mal herzlichen Dank.

[bücherwurm03]

eine kritikfähige jugendliche die gedichte schriebt. scheinst irgendwas richtig gemacht zu haben summerhill

ich wünsche deiner tochter viele erkenntnisse im dichten...