Peter Natter: Die Tote im Cellokasten

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bienwald
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Peter Natter: Die Tote im Cellokasten

Beitrag von bienwald »

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Autor:
Peter Natter, geboren 1958 in Alberschwende, Vorarlberg, studierte Romanistik und Philosophie. Er arbeitete bereits als Hilfsbuchhalter, Lehrer, Garçon d'hôtel, Lektor, Philosoph, Autor.

Peter Natter lebt in Dornbirn und träumt vom Burgund und von der Loire.

Verlagsbeschreibung:
Auf der Schubertiade im Bregenzerwald kommt es zu einem bösen Zwischenfall - eine Gesellschaftsdame wird ermordet, ein wertvolles Cello verschwindet spurlos. Inspektor Ibele ermittelt in den prächtigen Gasthöfen von Schwarzenberg. Er trifft auf betuchte Konzertbesucher und polternde Bauernbuben und ist trotz jahrelanger Erfahrung mehr als gefordert: Die Neigungen eines Trachtenfetischisten bringen selbst den bodenständigen Vorarlberger Inspektor gehörig ins Schwitzen.


Meine Zusammenfassung.
Wie bereits in der Verlagsbeschreibung zu lesen, geht es um einen neuen Fall für den Vorarlberger Inspektor. Eigentlich ein Regionalkrimi, wobei ich ihn nicht so ganz diesem Genre zuordnen würde. Verworrene, vielseitige Geschehnisse ziehen sich über das ganze Buch, dazwischen aber immer wieder zu lesen: die Erlebnisse, Gedanken des Inspektor Ibele. Der Ort des Geschehens ist durchaus interessant, es geht ja um ein Kulturzentrum, wo dieser leere Cellokasten gefunden wird, sein Inhalt, ein sehr teures, altes Cello, ist verschwunden. Alles was es sich damit auf sich hat.. einmal mit diesem Cello, dann mit der ermordeten jungen Frau, das bildet den Inhalt. - - Sehr, sehr vielfältig, es werden zahlreiche Problematiken bedient, alle sehr interessant. - Nicht zuletzt die geistig verwirrten Personen, die mitwirken. - Und letztlich dann die Lösung anbieten.

Aber komme ich doch ein bisschen auf den Inhalt zu sprechen.
Ein Konzert ist angesagt, wo der Cello-Virtuose auf diesem verschwunden Cello spielen sollte. Natürlich wird das Konzert abgesagt, das Cello ist ja verschwunden.
Vorher war schon der Tatort beschrieben worden; - - und wie es gewesen sein muss:
"Eine Stehlampe mit dunkelgrünem Schirm erhellt die Noten und taucht die kleine Kammer in sanftes Licht. Die Kerze flackert im kaum merklichen Luftzug, der einzelne Haare ins Gesicht der Spielerin weht, als sich Millimeter für Millimeter die schwere Tür hinter ihr öffnet. …… - sie nimmt ihr Spiel so ernst, …..dass sie den Schatten nicht wahrnimmt, der sich langsam über sie legt. Noch einmal hält er inne, um all die sphärische, himmlische Energie der Musik in sich aufzunehmen und sie umzuwandeln in ihr satanisches Gegenstück. ……Der Druck zweiter Hände um den Hals schnürt ihr die Luft ab; mehr instinktiv als entschlossen greifen ihre Finger danach und krallen sich in das schwielige Fleisch. Es ist aus. - Die Tote sackt schwer in sich zusammen, kommt quer über dem Cellokasten zu liegen. Der Mörder fängt das zu Boden gleitende Instrument auf, nimmt den Bogen an sich und verschwindet lautlos. Für sein schönes Opfer hat er keinen Blick übrig."

In den zahlreichen Nebengeschichten, es geht immer um Personen, die mit dem ‚Fall' was zu tun haben, ist u.a. auch ein verschuldeter Möchtegern-Reicher, der mit seinem Porsche einen Unfall erleidet… Sabotage? - Und was hat er denn mit dieser ganzen Sache zu tun? Das klärt sich alles gegen Ende der Geschichte. Aber das ist ja nicht alles, z.b. wer hatte den Porsche manipuliert, wem war der Porschefahrer im Weg? Und warum?

Dann ist noch die Rede - hier passt das zu einem Regionalkrimi - von einem Pfarrer, der auf einer Wiese die Sägen segnet…. - ja klar, es werden ja auch Motorräder, Traktoren, Fabriken, Oldtimer und alles mögliche gesegnet.
Ibele stellt sich hier nur wieder die Frage, ob zu der damaligen Zeit auch Haubitzern, Hakenkreuzfahnen und Sturmgewehre gesegnet wurden?

Der Rückblick dann in das Jahr 1647, wo die Schweden Bregenz eingenommen und geplündert hatten. - Und genau hier ist das Rätsel… Aber das verrate ich natürlich nicht im einzenen, warum, wieso und wer das noch so genau wissen könnte, die Erinnerung daran ist auf jeden Fall noch bei vielen Bewohner der Region sehr wach. Besonders bei einem… !!!
Weil: die Tote ist Schwedin, ein weiterer Toter ebenfalls Schwede. Und Ibele ist zu Gast bei der grade im Ort weilenden schwedischen Familie, bei der die ermordete junge Frau gelebt hatte… - Der Graf war ermordet worden.

Wo ist jetzt der Zusammenhang zu finden. Für Ibele wird das so langsam jetzt klar, aber es gibt noch lange keine Lösung. Es sind viel zu viele Fragen noch offen.

Das Ende überrascht dann schon, waren doch sehr viele Spuren, einige Motive bei vielen Leuten gefunden worden. Und jetzt auch noch der Tote im Porsche. Alles immer wieder unterbrochen von privaten Agitationen von Ibele, in der ihm eigenen, hochanspruchsvollen Sprache.


Abschließende Meinung:
Das Auffallendste für mich war in diesem Krimi die recht anspruchsvolle Sprache. - Sehr ungewöhnlich und in diesem Genre eher selten anzutreffen. -

Und die philosophischen Betrachtungen - immer wieder vom Autor eingeflochten.
Besonders am Epilog geht er noch mal auf die Ethik, die Moral usw. von dem behandelten Thema ein. -
Ist schon sehr interessant, aber auch hier wieder ungewöhnlich bei einem Krimi. Obwohl es scheinen könnte, es ginge hier um einen Regionalkrimi, würde ich ihn nicht so betrachten. - Gut die Geschichte spielt in Vorarlberg, und es sind zahlreiche Charaktere, durchaus landestypisch vorhanden.
Durch die vielen philosophischen Einflechtungen gerät der Krimi an sich - in meinen Augen - häufig ins Stocken.

Er überschreibt den Epilog dann mit:
"Epilog am Stausee - Was ich zutiefst verabscheue, sind Zuschauer. - (Antoine de Saint-Exupéry)"

Hier lässt sich schon in etwa die verwendete Sprache des Autors zu erkennen. Und auch hier wieder, wo er als Überschrift für das XI. Kapitel das schreibt:
"Landeinwärts sind die Hügeltäler schlafgefüllt. (Hermann Melville)" Und genau in dieser poetischen Sprache schreibt er dann auch in diesem Kapitel weiter, wie z.b. "…..ist leider nicht drin und eine bibliophile Kompensation für allerhand dienstliche und anderweitige Unbill rasch gefunden……"

Gut, für mich als Wenig-Krimi-Leserin war das Buch ganz gut. Wenn ich aber an Leute denke, die bei einem Krimi was ganz bestimmtes erwarten, aber keine ausgefeilte Sprache wie sie der Autor hier verwendet, werden nicht sehr begeistert sein. Wer allerdings gerne eine solche Sprache liest und geduldig auf den Fortgang des ‚Falles' warten kann, der wird voll zufrieden sein!




Buchdaten:
2014
2. Aufl.
Seitenzahl: 192
Haymon-Taschenbuch Bd.152
Deutsch
ISBN-13: 9783852189529
ISBN-10: 3852189527
Herzlichen Gruß
Bienwald
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