Oliver Bantle: Wolfs letzter Tag

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bienwald
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Oliver Bantle: Wolfs letzter Tag

Beitrag von bienwald »

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Was spricht mich sofort an bei diesem Buch?

Ganz klar, auf dem Cover ist ein sehr schönes Foto von einem Wolf zu sehen. Das ist mal schon hochinteressant.
Und auch der Titel impliziert, dass es um etwas geht, das mich neugierig macht. Ich habe zwar schon gelesen, wie Tiere in der Wildnis das Sterben vorbereiten, wie sie sich absondern.... und gelassen ihrem Tod entgegensehen.
Und im Gegensatz zu sehr vielen Menschen habe ich keine Angst vor Wölfen, noch nie gehabt.
Ein Wolf wird NIEMALS einen Menschen von sich aus angreifen !!
Ganz im Gegenteil, er weicht den Menschen aus, er hat keine guten Erfahrungen mit dem Lebewesen Mensch gemacht....

Wölfe sind sehr schlaue, wertvolle Tiere, die leider durch die Schuld der Menschen und zunehmende Umwelteinflüsse fast ausgestorben sind.

Dann natürlich die kurze Inhaltsangabe, wo es um das Leben an sich, den Umgang damit, aber auch dessen Ende geht.
Das verspricht sehr interessante Gedanken, wenn das in einen Wolf impliziert wird.

zunächst:

Das Büchlein ist sehr schön gestaltet, kleines Format, aber fest gebunden, fester Umschlag, das Grün ist nochmal verwendet für die Vorseite und die Nachseite.

Vorangestellt ist ein Vers von Wilhelm Müller, aus 'Winterreise':

„Fremd bin ich eingezogen,
fremd zieh ich wieder aus.“
Um was geht es?

Wie bereits vorangegangenen Hinweisen zu entnehmen ist, geht es um einen alten Wolf, der seinem letzten Tag entgegensieht, bzw. es ist sein letzter Tag...
.
Zunächst ruft er sein Rudel zusammen, und teilt ihnen seinen Entschluss mit. Es ist üblich bei Wölfen, dass sie zum Sterben ins Moor ziehen. Jeder kann sich jetzt verabschieden, und auch er soll eine Abschiedsrede halten. Die er sehr kurz gestaltet.
Und so macht er sich auf den Weg.
Sein Name ist einfach nur 'Wolf' – sein Sohn und Nachfolger als Rudelführer ist Welf, sein Vater, der alte Rudelführer ist Wulf.
Auf seinem Weg kommt er zunächst an 'seine Lichtung' – hier hatte ihm einst sein Vater, Wulf, alles beigebracht was ein kleiner Wolf wissen muss.
U.a. fragt der kleine Wolf auch seinen Vater, was denn ein 'Chef' alles können muss. 'Alles' antwortet Wulf. - Und er zählt ihm alles auf, was für einen Wolf wichtig ist. Und fügt hinzu, dass der Leitwolf immer einen Tick besser sein muss als die anderen. Aber auch, dass er zu allem was er tut, das Einverständnis der Rudelmitglieder benötigt. Weil ohne ihre Unterstützung nichts möglich ist, und er erklärt dann auch, was ihm sein Vater, 'Skoll' dazu erklärt hat. - also der Rudelchef ist immer auf die anderen angewiesen.....

U.a. fragt der kleine Wolf auch, wie das ist, wenn der Chef einen Streit schlichten muss und erfährt dann, dass sich Wulf in solchen Fällen immer hierher, auf die Lichtung zurückgezogen hat, und sich ausmalte, wie die 'Große Wölfin' wohl reagieren würde. Er bittet sie um Rat. - Und merkwürdigerweise, so Wulf, weiß er danach immer was er tun muss.

Wolf fragt ihn nun, ob er glaubt, dass es die große Wölfin gibt. Weil Oma Hilde gesagt hatte, wer nicht an die Große Wölfin glaubt, muss sterben. Wulf weicht etwas aus und Wolf bleibt hartnäckig, erinnert daran, was die 'Oma Hilde' gemeint hat, dass man nach dem Tod in den Himmel zur Großen Wölfin kommt und dort mit ihr und allen anderen dort weiterlebt. Aber nur wenn man an sie geglaubt hat. 'Wir werden sehen' antwortet Wulf. - Wolf ist aber beunruhigt und will wissen, ob er seinen Vater im Himmel dann wieder trifft. - Wulf schmunzelt und meint, wenn die Große Wölfing wirklich existiert, ist sie sicher großzügig und lässt alle in ihren Himmel, auch mich.
Auf seinem Weg zum Moor begegnet der Wolf dann einigen Tieren, mit denen er sich unterhält. Da ist z.b. ein Schafbock. - Normalerweise reißen Wölfe ja Schafe. Aber der alte Schafbock weiß, dass Wolf auf seinem letzten Weg ist und hat keine Angst. - Dann meint der Schafbock, Wolf braucht aber vor ihm keine Angst zu haben, schließlich würde er ja Wilfi, den Enkel von Wolf, kennen....
Und sie erinnern sich, dass Wolfs Großvater als Welpe damals auch mit dem kleinen Lämmchen gespielt hat, wie es jetzt auch Wilfi mit dem kleinen Enkel vom Schafbock macht.
Es geht letztendlich um Jagen und Gejagdwerden... - Es geht um die Gefühle, die ein Jäger nach erfolgreicher Jagd hat...
und so unterhalten sie sich weiter, erinnern sich auch an die Henne, die der Schafbock damals nicht töten konnte, obwohl sie schwerverletzt dalag, von einem Spaniel (so wird der Hund des Jägers genannt) gerissen. Und er macht sich heute noch Vorwürfe, weil er ihr nicht geholfen hat, ihr den Gnadenbiss gegeben zu haben und sie dann elendig unter Schmerzen gestorben ist....


Und die Geschichte hat dann auch ein Ende. Welches ?
Das müsst ihr selbst lesen!

Inhaltsangabe des Autors:
„Ein gutes Leben und sein Ende

Wolf verabschiedet sich von seinem Rudel. Er zieht ins Moor, um dort zu sterben. Auf seiner letzten Wanderung erinnert er sich an das, was sein Leben reich und satt gemacht hat:
Freundschaft und Liebe.

Trauer und Hoffnung.
Macht und Sehnsucht.

Freude und Schmerz.
Am Abend erreicht er das Moor und erlebt eine Überraschung ...“

Und abschließende Gedanken von mir:

Zunächst hinterlässt das Buch nach dem Lesen ein positives Gefühl. Und merkwürdigerweise verleitet es mich, es nochmal zu lesen.
Weil so unglaublich viele Inhalte sind, die zum Nachdenken anregen.
Da werden alle Sachen, die im Leben so vorkommen können und auch vorkommen, thematisiert.

Und eine besonders schöne Stelle möchte ich noch erwähnen, wo sich Wolf mit seiner Mutter, Ronja, unterhält.
„.........weißt du, was ich gemacht habe, als du auf die Welt kamst? - Was wohl, du hast mich gesäugt, damit ich satt werde. Geleckt, damit ich sauber bleibe. Geknuddelt, damit ich mich willkommen fühle. - - Stimmt. Aber ich meine was anderes, etwas Unsichtbares.... Nämlich? - - - Ich habe an Wölfinnen gedacht, die zur selben Zeit wie ich Junge bekommen haben. Überall auf der Welt. - - Worauf willst du hinaus? - - - …....mein Mutterglück wuchs, je mehr Mamawölfe mit Babys ich mir vorstellte. So habe ich meine Lebensfreude gemästet. …....“

Vorangegangen war eine Unterhaltung wo genau dasselbe mit Schmerzen und schlimmen Erfahrungen Thema war. Auch das hatte die Mutter geteilt. - also als sie gebar, dachte sie daran wie alle, die gebären, die gleichen Schmerzen erleiden – und das wollte sie als Weg zeigen.-

Ein ernsteres Thema wird auch beachtet, als es darum geht, ob ein Tier einem anderen Tier den Gnadenbiss geben muss/soll.... - - aber es nicht konnte, weil es nicht töten konnte/wollte - - und sich dann sein Leben lang Vorwürfe macht.

Das sind nur eine ganz kleine Stellen, es gibt derer noch zahlreiche.
Und alle sind auch für Menschen gültig, alle Gedanken, Begebenheiten, Erlebnisse, Weisheiten und Erfahrungen.

Dieser lange Weg am letzten Tag seines Lebens hat viele Stationen, der Wolf trifft sehr viele, auch solche, die nicht mehr leben trifft er in seinen Halbträumen.
Und er redet mit ihnen, Über Probleme, die zeitlebens nicht geklärt werden konnten und versöhnt sich so mit allen, mit denen es Auseinandersetzungen gegeben hatte.
Und es stellt sich auch heraus, dass alle auch ihm längst verziehen hatten, auch sie waren vor ihm diesen Weg gegangen.
Ich stelle mir vor, dieses Buch mit einem Kind (Alter würde ich empfehlen, so ab 8 Jahren) zusammen zu lesen. Weil es ganz sicher viele Rückfragen hat, die dann eine fruchtbare Diskussion ergeben.


Aber auch für Erwachsene ein wunderschön zu lesendes Büchlein, mit vielsagenden Einzelheiten, die viel Grund zum Nachdenken bieten, ohne belastbar zu werden, oder gar anstrengend.
Ich meine, wenn wir sehr vieles von diesem Wolf (den Wölfen allgemein) annehmen würden, ich meine aus seinem Verhalten lernen würden, und mal versuchen würden zu übernehmen, wäre das ein riesiger Gewinn für uns.

Und nicht zuletzt: Vieles ist mit einem Augenzwinkern gemeint, ich meine damit durchaus humorvoll, trotz tiefsinnigen Inhalts !

Eine Leseprobe:
„Wolf öffnet die Augen. Er reckt sich. Steht auf.
Gähnt. Schüttelt sich den Schlaf aus dem Fell.

Er weiß, welcher Tag gekommen ist.
Jetzt ist es also soweit, denkt er. Ab Morgen muss der

Wald ohne mich klarkommen.
Im Gebüsch nebenan balgen die Enkel.

Er beneidet sie.
Um ihren Lebensbiss.

Um ihre Lust am Fressen.
Um ihre Zukunft.

»Wisst ihr, wo euer Daddy ist?«
»Klaro«, bellen die Kleinen im Chor.

»Bringt ihn zu mir. Rasch!«
»Ay, ay«, grölen sie und.......“


und ein ausführlicher Blick ins Buch:
http://www.tigerbaum-verlag.de/wolfs-le ... tzter-tag/

Der Autor:
„Oliver Bantle wurde 1962 in Baden geboren.
Mit 23 Jahren veröffentlichte er das Kinderbuch
Der Kleine Halbmond.
Er studierte Sozialpädagogik, erlernte den Journalismus
und siedelte ins Sachsen der Nachwendezeit über.
Dort wurde er Ressortleiter Landespolitik der
Dresdner Neuesten Nachrichten.
Danach arbeitete er zehn Jahre lang in München bei der
Süddeutschen Zeitung und konzipierte deren
Online-Ausgabe Süddeutsche.de.
Er baute die Politikredaktion auf und leitete sie.
Inzwischen lebt er als Autor in Freiburg im Breisgau.“


Und hier seine Webseite:
http://www.tigerbaum-verlag.de/
Buchdaten:
ISBN-10:3-9815172-8-8
EAN: 9783981517286
Erscheinungstermin: 01.08.2014
Verlag: Tigerbaum Verlag
Einband:gebunden
Sprache:Deutsch
Seiten:116

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mehr von mir in meiner homepage:
http://giselasletterbox.rosslauer.de/
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Ps.
ich habe dieses Buch nach Erstellen meines Berichts schön als Weihnachtsgeschenk für ein liebes Familienmitglied eingepackt. :-)
Herzlichen Gruß
Bienwald
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