Heike Abidi: 14 – Kicker, Küsse, Katastrophen (12 – 15 Jahre)

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Vandam
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Heike Abidi: 14 – Kicker, Küsse, Katastrophen (12 – 15 Jahre)

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Heike Abidi: 14 – Kicker, Küsse, Katastrophen (12 – 15 Jahre), Hamburg 2017, Oetinger Taschenbuch, ISBN 978-3-86430-064-6, Klappenbroschur, 190 Seiten, Format: 13,6 x 2,2 x 20,3 cm, Buch: EUR 9,99 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: EUR 6,99.

„Auch wenn mich hier alle Franz nennen und ich seit Jahren zur Mannschaft gehöre, bin ich kein Junge, sondern das einzige Mädchen im Team. Genauer gesagt spiele ich, Franziska Kutscher, im offensiven Mittelfeld, bin beidfüßig, habe eine ziemlich gute Kondition und außerdem den Ruf, für ein Mädchen ziemlich tough zu sein.“ (Seite 9)

Die burschikose Franziska Kutscher, gerade noch 13, passt gar nicht in ihre Familie. Ihre kulturbeflissenen Eltern – ein Lehrer-Ehepaar – und den hochbegabt-nerdigen Bruder Konstantin irritiert vor allem Franzis Hobby: Sie spielt leidenschaftlich gerne Fußball in einer gemischten Mannschaft des FC Phönix Köpenick. Und sie träumt davon, einmal Profi-Fußballerin zu werden.

Fußball? Wie unweiblich!
Mit einem Superdurchschnitt im Zeugnis kann Franzi nicht dienen. Sie hat, wie die meisten SchülerInnen, auch ein paar Fächer, die ihr weniger liegen. Damit macht sie sich für ihre Eltern erpressbar. Der Deal lautet: Sowie sie einem Fach unter die Note 3 rutscht, muss sie das Fußballspielen aufgeben. Ein Gutes hat diese Erziehungsmethode: Franzi muss sich sehr früh auf sich selbst verlassen. Sowie sie in einem Fach Verständnisprobleme hat, verschweigt sie das zuhause, sucht sich einen kompetenten Schüler als Nachhilfelehrer und bezahlt ihn von ihrem Taschengeld. So hält sie immer schön den Kopf über Wasser.

Mit dem Argument „Schule“ können ihre Eltern sie also nicht zur Aufgabe ihres angeblich unweiblichen Hobbys zwingen. Da Mädchen aber nur bis zur D-Jugend in gemischten Teams spielen dürfen und Franzi nach den Sommerferien demnach in einen Frauenfußballverein wechseln müsste, hoffen sie natürlich, dass sie sich stattdessen eine femininere Sportart suchen wird. Doch Franzi ist bereits mit dem FFC Spreepark im Gespräch. Also hat ihre Mutter eine andere Idee: Franzi darf nur weiter trainieren, wenn sie einen Tanzkurs besucht.

Nur, wenn sie einen Tanzkurs macht ...
Tanzkurs! Mit so einem Tussikram hat die junge Sportlerin nun gar nichts am Hut. Da muss sie ja ein Kleid anziehen, hochhackige Schuhe tragen und zum Abschlussball gehen. Vielleicht sogar noch schminken und die Haare aufstecken? Örks! Eine Zumutung! Zumal Franzis beste Freundin, Selma, nicht zur Unterstützung mitgeht. Sie hat den Kurs bereits gemacht. Aber was tut man nicht alles, um seine Lieblingssportart weiter betreiben zu dürfen? Zähneknirschend geht Franzi auf den Handel ein.

Wie himmelweit Franzi von der „typischen“ Mädchenwelt entfernt ist, zeigt sich, als sie mit den Mädels von der Tanzstunde noch eine Cola trinken geht. Sie kapiert gar nicht, was die für Probleme haben. So fremd hat sie sich nie in ihrem Leben gefühlt, nicht einmal bei ihrer Familie. Zum Glück gibt es in dem Tanzkurs noch eine Clique, die ganz ähnlich tickt wie sie: die coole Bloggerin Henriette Vogelsang (aus der Reihe TATSÄCHLICH 13, PLÖTZLICH 14 und ENDLICH 15), und deren Freundeskreis. Die sind zwar zwei Jahre älter als Franzi, erkennen in ihr aber gleich einen verwandten Geist.

Lauter Tussis – aber Nick ist nett
Franzi ist sehr angetan. Vor allem von Nick, Henriettes Ex-Freund. Der ist nicht nur klug und witzig, sondern auch noch süß mit seinem Wuschelkopf und den Bernsteinaugen. Aber er hängt immer noch an seiner Ex. Oder? Ach, was ist das Leben auf einmal kompliziert! Sogar die ehemaligen Fußballkumpels, die sie im Tanzkurs trifft, verhalten sich auf einmal merkwürdig distanziert und nennen sie nicht mehr „Franz“ sondern ganz förmlich „Franziska“.

Erwachsenwerden ist ganz schön anstrengend. Wenigstens im Sport läuft es bestens: Rose McArthur, die Trainerin des FFC Spreepark, nimmt die talentierte Franzi mit Freude in ihr Team auf. Schon beim Schnuppertraining wird Franzi klar, dass sie hier goldrichtig sind. Das Training ist anspruchsvoll und die Teamkameradinnen unkompliziert, offen und sympathisch. Nur die Mittelfeldspielerin Nora wittert in ihr eine Konkurrentin und reagiert auf den Neuzugang ziemlich grantig. Wozu kein unmittelbarer Anlass besteht, denn bei den Spielen sitzt Franzi bis jetzt nur auf der Ersatzbank.

Ein Talentscout? Schön wär’s!
So ist das auch beim Spiel gegen den FFV Müggelsee, bei dem ein Talentscout eines großen Vereins anwesend ist, um möglicherweise künftige Profispielerinnen zu entdecken. Aber für Franzi ist das sowieso bedeutungslos. Selbst wenn der Scout auf sie aufmerksam würde: Ihre Eltern würden nie erlauben, dass sie Profi-Fußballerin wird. Dass sie wegen eines verletzungsbedingen Ausfalls eingewechselt wird und auch noch erfolgreich ist, macht sie trotzdem sehr glücklich. Wenn nur ihr Tanzpartner/Nachhilfelehrer Nick das miterlebt hätte! Das hätte ihren wunderbaren Fußballmoment erst perfekt gemacht!

Empfindet sie doch mehr für Nick, als sie sich eingestehen will? Als sie sich endlich darüber klar wird, ereilen sie gleich zwei Neuigkeiten, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen werden …

Während der Pubertät seine Rolle als Erwachsener zu finden, ist für niemanden leicht. Der sympathischen Franzi macht man es besonders schwer. Ihr Umfeld vermittelt ihr den Eindruck, sie müsse, um eine „richtige“ Frau zu werden, ihre komplette Persönlichkeit umkrempeln und etwas werden, was sie zutiefst verabscheut: eine Tussi. Und das verunsichert sie noch zusätzlich. Wieso hat sie beim Tanzen auf einmal zwei linke Füße, wo sie doch beim Fußball sogar zweifüßig ist? Ihre ganze Selbstsicherheit ist beim Teufel.

Erwartungsdruck aus dem Elternhaus
Jetzt wäre es schön, wenn ihre Familie sie auffangen und aufbauen könnte und ihr vermitteln würde, dass es für eine Frau vollkommen in Ordnung ist, andere Prioritäten zu haben als Mode und Kosmetik. Aber leider kommt dieser Erwartungsdruck ja in erster Linie aus dem Elternhaus, und so kann Franzi froh sein, dass sie ihre SportkameradInnen hat und vor allem die Clique um Henriette Vogelsang. Henriette hat Franzi zwei Jahre Lebenserfahrung voraus und schon vor geraumer Zeit beschlossen, dass alles, was Mädchen machen, mädchenhaft ist. Punkt. Und wenn das Fußballspielen oder die Beschäftigung mit Naturwissenschaften ist, fein.

Auch Henriette war nie ein „typisches“ Mädchen. Ihre Erfahrungen werden für Franzi zum Rettungsanker. Und ihre Freundschaft zu Nick, Henriettes Ex, der eine Vorliebe für eigenwillige junge Damen hat, baut ihr Selbstwertgefühl wieder auf.

Aufrichten, was die Eltern verbogen haben
Wie gut, dass es solche Freunde gibt! Und was für ein Armutszeugnis, dass sie wieder aufrichten müssen, was die Eltern mit aller Kraft verbiegen wollen! Natürlich möchten Eltern das Beste für ihre Kinder und können nicht zulassen, dass die schulische Ausbildung zugunsten eines Hobbys vernachlässigt wird. So gesehen ist der Deal mit den Schulnoten noch einzusehen. Aber ein Mädchen, das davon träumt, Profisportlerin zu werden, in Richtung Prinzessin trimmen zu wollen, dazu gehört schon eine gute Portion Egoismus und Rücksichtslosigkeit. Kann man die Kinder – die Menschen! – nicht einfach so lassen, wie sie sind, wenn daran absolut nichts verkehrt ist?

Wohl dem, der seine Erziehung halbwegs unbeschadet überlebt!

Heldinnen für Nicht-Tussis
Ich habe mich über die Eltern furchtbar geärgert und wurde erst gegen Schluss ein bisschen mit ihnen versöhnt. Nach Henriette, dem Naturwissenschafts-Fan, haben wir hier mit Franzi, der Sportlerin, die zweite Anti-Tussi-Heldin. Und ich würde das Buch mit Freuden jedem Mädchen in die Hand drücken, das ähnlich gestrickt ist wie Franzi und ständig wegen angeblich undamenhaften Verhaltens gerügt und gepiesackt wird. „Da, schau! Die Franzi in dem Buch ist vollkommen okay so, wie sie ist. Und du bist es auch!“

Sackzement, wir leben im 21. Jahrhundert! Mädels können alles werden, was sie sich vornehmen!

Die Autorin
Heike Abidi, Jahrgang 1965, ist studierte Sprachwissenschaftlerin. Sie lebt mit Mann, Sohn und Hund in der Pfalz bei Kaiserslautern, wo sie als freiberufliche Werbetexterin und Autorin arbeitet. Heike Abidi schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie Jugendliche und Kinder. Sie veröffentlicht auch unter dem Pseudonym Emma Conrad und - zusammen mit der Co-Autorin Tanja Janz - unter den gemeinsamen Pseudonymen Jana Fuchs sowie Maya Seidensticker.
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