Frank Farian – Stupid dieser Bohlen

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Peter Waldbauer
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Frank Farian – Stupid dieser Bohlen

Beitrag von Peter Waldbauer »

Bravo Frank!

Der „Diidäär“ aus Oldenburg ist zweifellos eine der zwiespältigsten Personen der deutschen Unterhaltungsbranche. Einerseits hat er sich selbst zum größten Musikproduzenten-Genie seit Mozart stilisiert, (was ihm von Teilen der Öffentlichkeit sogar abgenommen wird), andererseits weist er gravierende menschliche Defizite auf.

Wer Bohlen mit Kritik begegnet, seien es aktuelle oder ehemalige Kollegen aus der Musikbranche, wird von ihm meist sehr schnell platt gebügelt, mit dem Hinweis auf deren
a) entweder überhaupt nicht vorhandenen oder
b) nicht mehr vorhandenen oder
c) viel geringeren Erfolg.
Bei einer Größenordnung von über 160 Millionen verkauften Tonträgern und mindestens den gleichen Betrag als Eurovermögen - ein Totschlagargument. Wer Dieter am Zeug flickt, so Bohlens Sicht der Dinge, kann nur von einem motiviert sein: Er ist neidisch. Punkt. Wäre dem nicht so, würden diese „Hanseln“ doch gar nicht erst versuchen, an Bohlens Renomée zu kratzen. Wer soviel Erfolg hat, muss sich ja wohl nichts von irgendwelchen „Losern“ sagen lassen. Bohlens „Personality“, wie er sie in seinem Buch "Nichts als die Wahrheit nennt", kann nur die richtige sein, denn der Erfolg gibt Bohlen recht. Die anderen wissen halt nicht wie`s geht, weshalb ihnen Bohlen auch jeglichen Respekt versagt.
Kurzum, für Bohlen steht der Erfolg, das Materielle, (Anzahl der verkauften Tonträger/der Nummer 1-Hits in den Charts/der Zuschauer bei DSDS) an erster Stelle und wer selbst so sehr materiell ist wie Bohlen, der setzt bei anderen, das ist nur konsequent, ebenso materielle Motive voraus.

Die Produzentenkollegen Ralph Siegel und Jack White – wielange ist es her, seit sie einen Künstler in den Charts hatten? Stars wie Chris Norman oder Bonnie Tyler sollen gefälligst erst mal wieder wieder einen Hit landen, bevor sie ungefragt mitreden dürfen. Das hinter Bohlens Erfolg nachrangige Abschneiden seiner Branchenkollegen ist also, nach Bohlens Meinung, ursächlich für deren Unzufriedenheit und Frustration, die sich nur darin entladen kann, dass sie ihm, dem Poptitan am Zeug flicken.

So ist es nicht verwunderlich, dass die einzigen Menschen, die Bohlen akzeptiert, ja eventuell sogar als seine Vorbilder ansieht, Personen sind, die noch erfolgreicher sind als er: Frank Farian, was dessen Erfolg als Musikproduzent betrifft und Franz Beckenbauer, was dessen Prestige und Gefragtsein in den Medien angeht. Seit Bohlen bei Deutschland sucht den Superstar mitwirkt, gehört auch Simon Fuller dazu, der Erfinder der gleichnamigen Casting-Show. Bohlen bewundert an Fuller, dass dieser mit seiner Idee Milliardär geworden ist. Und natürlich noch Paul McCartney, das Urgestein der Popindustrie.

Dass der so vehement angestrebte Erfolg auch Menschlichkeit zulässt, dass soziale Harmonie trotz harter Konkurrenz möglich ist, solche Gedanken erscheinen Bohlen offenbar abwegig. Ein exzellentes Beispiel dafür, dass es auch anders gehen kann, ist übrigens Frank Farian.
Bohlen brüstet sich ja, um seinen Wert als bedeutender Musikproduzent zu unterstreichen, bei jeder Gelegenheit damit, über 160 Millionen Tonträger verkauft zu haben.
Nun, was soll Frank Farian da erst sagen? Farian hat über 850 Millionen Tonträger verkauft. Eine Anzahl, die sich kaum noch genau ermitteln lässt. 850 Millionen, fast eine Milliarde(!) verkaufter Tonträger. Bei weltweit über sechs Milliarden Menschen, bedeutet dies: Im Durchschnitt besitzt fast jeder achte Mensch auf diesem Planeten einen Hit von Frank Farian! Bohlen mag der clevere Hitproduzent eines Hamburger Musikverlages sein, der in den Achtzigern einen Trend konsequent zu nutzen wusste, aber Farian ist ein Genie. Farian wandelt über dem Wasser.

Egal, wie sehr Dieter Bohlen sich in seinem künftigen Musikproduzenten-Leben noch abstrampeln wird, Frank Farian kann er nie mehr einholen. Auch wenn man berücksichtigt, dass Bohlen ein Jahrzehnt jünger ist als Farian, die Differenz von rund 700 Millionen verkauften Tonträgern ist für Bohlen unmöglich zu schaffen und das weiß er auch.
Frank Farian hat in den USA, dem größten und schwierigsten Musikmarkt der Welt, ebenso viel Prestige und Erfolg wie in Deutschland, wenn nicht noch mehr. Doch wer in den USA oder England kennt Dieter Bohlen?

Bohlen ließ sich, seiner „Personality“ gemäß, vom Boulevard als Pop-Protz mit Rolls Royce, Mercedes und Millionen-Villa feiern. Home-Stories, die Bohlen nach Kräften unterstützte mit detaillierten Preisangaben über den Wert seiner Luxusgüter. Frank Farian meldet solche Autos mit Rücksicht auf den Neidkomplex in Deutschland gar nicht erst an und vom Musikkonzern CBS-Records ist zu hören, dass man dort noch nie einem so bescheidenen Menschen begegnet sei wie Frank Farian, der sich zum Mittagessen mit einem Käsebrötchen begnüge.

Bohlen besitzt einen akademischen Abschluss der Universität Göttingen, ist Diplom-Kaufmann. Farian ist gelernter Koch. Wieviel mehr Anlass als Dieter Bohlen hätte Frank Farian, sich auf seine Karriere etwas einzubilden?
Peter Waldbauer, Jahrgang 1966, ist Betriebswirt und wohnt als freiberuflicher Dozent und Autor in der Nähe von Heidelberg. Er veröffentlichte bisher Essays und ein Dutzend Bücher.
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