[Rezension] Agnes Hammer - Ich blogg dich weg!

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R. Bote
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[Rezension] Agnes Hammer - Ich blogg dich weg!

Beitrag von R. Bote »

Klappentext:
Julie ist schön, beliebt und kann wundervoll singen. Zusammen mit ihrer Band will sie am Schulfest auftreten. Doch wie aus dem Nichts erhält Julie gemeine E-Mails, Beschimpfungen, Drohungen. Dann taucht im Internet ein gefaktes Facebook-Profil auf, das Julie als arrogante Zicke darstellt. Im Nu lästern Klassenkameraden und wildfremde User online über sie.
Julie verzweifelt. Wer tut ihr das an? Als sie auch noch die Band verlassen soll und die Drohungen in Gewalt umschlagen, eskaliert die Situation.

Über die Autorin (Quellen: Portrait im Buch und Wikipedia):
Agnes Hammer, Jahrgang 1970, ist mit fünf Geschwistern im Westerwald aufgewachsen. Sie studierte Germansistik und Philosophie in Köln und arbeitet seit 20 Jahren in Düsseldorf mit sozial benachteiligten Jugendlichen. Seit 2005 ist sie Antiaggressionstrainerin. Seit 2008 erschienen von ihr sieben Bücher.

Persönlicher Eindruck:
Ich blogg dich weg! beschreibt eine Situation, in die jeder geraten kann, aus vielen Perspektiven. In kurzen Kapiteln tritt jeweils einer von rund einem halben Dutzend so oder so Beteiligten als Ich-Erzähler auf und schildert seine Erlebnisse, Gefühle und Gedanken. Den größten Einzelanteil hat Julie als Opfer, die anderen bekommen unterschiedlich viel Platz. Als Leser schlüpft man so in die Rollen von Tätern, Opfern, Trittbrettfahrern, Hilfsbereiten und Hilflosen, sogar in den eigentlich Unbeteiligten, der mit reingezogen wird und mit den Folgen zurechtkommen muss. Dabei schafft es Agnes Hammer, den Leser sehr lange darüber im Unklaren zu lassen, wer welche Rolle spielt; sie setzt dazu geschickt die kurzen Kapitel ein, in denen die jeweiligen Erzähler kaum Gelegenheit haben, mehr als einen kleinen Ausschnitt dessen offenzulegen, was sie wissen, denken und fühlen.
Die Figuren wirken auf den ersten Blick klischeehaft, die beneidete Klassenschönheit, die Modetussis, die geheimnisvolle Außenseiterin, doch je länger man diese Figuren begleitet, desto deutlicher wird, dass sich nicht alles auf so einfache Bausteine herunterbrechen lässt. Das Geschehen ist nicht aus der Luft gegriffen, es könnte so oder ähnlich an jeder Schule passiert sein (und ist es schon viel zu oft), und am Ende merkt man die Spuren, die das Vorgefallene dauerhaft bei allen hinterlässt, die in die Sache verwickelt waren. Auf diese Weise kann es auch kein echtes happy End geben, auch wenn irgendwann die Konsequenzen gezogen werden.
Der Schreibstil ist flüssig, die Sprache modern, ohne bewusst jugendlich sein zu wollen. Die kurzen Kapitel laden dazu ein, immer wieder zum Buch zu greifen, wenn gerade ein paar Minuten Zeit da sind; die meisten Kapitel sind schneller gelesen als der Bus die Strecke zwischen zwei Haltestellen schafft.

Fazit:
Intensiver Blick hinter die Fassade einer nur scheinbar heilen Welt, der nachdenklich macht und dabei gut zu lesen ist.
:!: Warnung: Ich schreibe. Meine Akte: https://rene-bote.jimdofree.com und bei Facebook
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