Anette Huesmann: Buchgenres kompakt. Handbuch der Genres von Actionthriller bis Zeitgeschehen

Stellen Sie ein Buch detailliert vor - mit Inhaltsangabe und Ihrem Urteil.
Antworten
Benutzeravatar
Vandam
Beiträge: 1603
Registriert: Do 22. Sep 2005, 15:40
Kontaktdaten:

Anette Huesmann: Buchgenres kompakt. Handbuch der Genres von Actionthriller bis Zeitgeschehen

Beitrag von Vandam »

Anette Huesmann: Buchgenres kompakt. Handbuch der Genres von Actionthriller bis Zeitgeschehen, Norderstedt 2019, BoD Books on Demand, ISBN 978-3-74814511-0, Softcover, 188 Seiten, Format: 14,8 x 1,1 x 21 cm, Buch: EUR 14,99, Kindle: EUR 9,99.

Bild

Fiktionale Literatur: Kriminalroman * Thriller * Liebesroman * Science Fiction * Fantasy * Horror * Historischer Roman * Gesellschaftsroman * Zeitroman * Entwicklungsroman * Reiseroman * Abenteuerroman * Weitere Genres

Seit mehr als 30 Jahren schreibe ich privat und beruflich über Bücher ohne einen nennenswerten theoretischen „Unterbau“ zu haben. Studiert habe ich ja etwas ganz anderes. Und wenn es gilt, ein Werk einem Genre zuzuordnen, komme ich manchmal ins Schwitzen. Liebesroman oder Chick-Lit? Historischer Roman oder Krimi, der eben in der Vergangenheit spielt? Oder doch ein Regionalkrimi, weil der Schauplatz von so zentraler Bedeutung ist? Noch mehr schwimme ich bei der nicht fiktionalen Literatur. Da werde ich bei der Arbeit mitunter mit Genrebezeichnungen konfrontiert, die ich noch nie zuvor gehört habe.

Was-ist-was für Nicht-Germanisten
Was ist was und woran erkennt man das? Das muss man sich doch irgendwie aneignen können, ohne gleich Germanistik studieren zu müssen! Die gute Nachricht: Mit dem Buch von Anette Huesmann kann man sich da recht gut schlau machen. Die nicht ganz so gute Nachricht: Die Zuordnung der Bücher zu einzelnen Genres ist nicht immer eindeutig. Also nicht A oder B, sondern sowohl als auch oder je nach Definition. Grenz- und Zweifelsfälle wird es immer geben.

Warum macht man sich den Stress mit der Zuordnung überhaupt? Nun, Genres sind eine wichtige Orientierungshilfe für die LeserInnen. Man kennt die Genre-Konventionen und weiß, was einen erwartet. In Buchläden, Webshops und Bibliotheken sind Bücher nach Genres sortiert. Und wenn jemand Bücher schreibt, die in kein Genre passen, werden diese nicht so leicht ihr Zielpublikum finden. Also ist es für LeserInnen und AutorInnen gleichermaßen sinnvoll, sich mit dem Thema ein bisschen auszukennen. In diesem Buch findet man alles über Charakteristik, Entstehung, und Besonderheiten der Genres und Subgenres, was man als interessierter Nicht-Germanist wissen können wollte.

Anschauliche Beispiele
Historische und aktuelle Beispiele machen die theoretischen Ausführungen konkreter: Invertierte Detektivgeschichte? Nie gehört! – Ach so, das ist wie bei den COLUMBO-Fernsehkrimis: Der Täter ist von Anfang an bekannt, und die Spannung ergibt sich daraus, ob und wie er überführt wird. Wieder was gelernt! – Oh, und Der verschlossene Raum ist ein eigenes Krimi-Subgenre? Das Thema findet man ja öfter bei Agatha Christie - und gefühlt in jeder zweiten Episode der TV-Serie DEATH IN PARADISE.

Doch wie ein Pflanzenbestimmungsbuch funktioniert das hier nicht. Wenn es heißt, dass literarische Liebesromane tendenziell kein Happy End haben, weil das dort als kitschig gilt, heißt das nicht automatisch, dass jede tragisch ausgehende Liebesgeschichte auch ein Fall fürs Feuilleton ist. Es kann auch ein Schmachtfetzen sein.

Die Feinheiten der Fantasy/Phantastik sind ein Kapitel für sich und gar nicht so leicht zu meistern. Es gibt wahnsinnig viele Subgenres, und bei den Definitionen streiten sich die Gelehrten. Auch bei den historischen Romanen tun sich Fragen auf, die ich mir nie zuvor gestellt habe. Dafür weiß ich jetzt, was alles zur Chick Lit gehört – und dass ich eine erkleckliche Menge an Gesellschaftsromanen gelesen und besprochen habe, ohne zu wissen, dass es dieses Genre überhaupt gibt.

Nichtfiktionale Literatur: Sachbuch * Fachbuch * Ratgeber * Reiseliteratur * Biographie

Auch bei Sachbüchern habe einiges dazugelernt. Zum Beispiel, dass Fachbücher und Ratgeber streng genommen gar nicht dazugehören. Der korrekte Oberbegriff wäre nichtfiktionale Literatur.

Mix: fiktional und nichtfiktional

Zu guter Letzt gibt’s auch noch Mischformen zwischen fiktionalen und nichtfiktionalen Geschichten: Tatsachenromane, zum Beispiel, oder autobiographische Romane: Da lässt der Autor autobiographische Elemente in seinen Roman einfließen oder erzählt seine eigene Lebensgeschichte, die er mit fiktionalen Elementen anreichert. Das wird dann lustig, wenn es zum Einsortieren eines Werks nur die Wahlmöglichkeit „Fiktion“ oder „Nonfiction“ gibt und kein „Sonstiges“.

Skurrile Subgenres
Bei den Subgenres gibt’s allerhand Skurriles: Unter Spy-Fi, Furry Sleuth Mystery oder Handicapped Mystery kann ich mir zur Not noch etwas vorstellen. Aber was Cli-Fi, Arcanepunk-Fantasy oder Wuxia sein soll, da war ich auf die Ausführungen der Autorin angewiesen.

Über die Genrebezeichnung Nackenbeißer wundere ich mich schon lange nicht mehr. Da weiß ich seit Jahrzehnten, was das ist und woher der Begriff kommt. Aber ist es wahr, dass diese dramatischen Schicksalsberichte Misery Memoirs heißen? Sehr schön! Und es gibt tatsächlich eine Kategorie namens Sick Lit? Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass sich manche Begriffe über das, was sie bezeichnen, ein wenig lustig machen. Und so gibt es hier nicht nur vieles zu entdecken und zu lernen, sondern auch ein bisschen was zum Schmunzeln.

Die Autorin
Dr. Anette Huesmann ist Autorin und Dozentin für Kreatives Schreiben. Sie studierte Germanistik und Allgemeine Sprachwissenschaft in Heidelberg, wo sie bis heute lebt und arbeitet. In Niedersachsen wurde sie geboren und im Ostalbkreis wuchs sie auf. Mehr über Anette Huesmann erfahren: www.die-schreibtrainerin.de.
Antworten