Silvija Hinzmann: Die dunkle Seite der Bucht. Prohaskas dritter Fall in Istrien

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Vandam
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Silvija Hinzmann: Die dunkle Seite der Bucht. Prohaskas dritter Fall in Istrien

Beitrag von Vandam »

Silvija Hinzmann: Die dunkle Seite der Bucht: Prohaskas dritter Fall in Istrien, Klagenfurt/Celovec 2018, Wieser Verlag, ISBN 978-3-99029-317-1, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 223 Seiten, Format: 13,6 x 2,5 x 21,3 cm, Buch: EUR 21,00, Kindle: EUR 17,99.

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Abb. © Wieser-Verlag

Josef „Joe“ Prohaska, 49, Sohn einer Schwäbin und eines Kroaten, war früher Kriminalkommissar in Stuttgart. Seit einem Dienstunfall frühpensioniert, lebt der Witwer nun in Rovinj/Istrien. Er ist Teilhaber eines Fotoladens und arbeitet auch als Veranstaltungsfotograf. Als solchen engagiert ihn recht kurzfristig die attraktive Branka. Bei der Hochzeit von Rudi und Marina sei der ursprünglich beauftragte Fotograf ausgefallen, sagt sie. Ob Joe einspringen könne? Klar kann er!

Ex-Polizist Joe wird bedroht
Als Ex-Polizist kann er allerdings nicht umhin zu bemerken, dass ziemlich viele Hochzeitsgäste aus der Halb- und Unterwelt stammen. Auch die Blondine ist da, die sich Sabina nennt und ihm vor ein paar Tagen eine Warnung hat zukommen lassen: Mirko Ribar sei in der Stadt, ein Kerl, den Joe vor 15 Jahren in Stuttgart hinter Gitter gebracht und der ihm dafür Rache geschworen hat. Ja, ist er denn hier auf einer Mafiosi-Hochzeit gelandet? Ist sein Einsatz hier gar eine abgekartete Sache?

Joes Kumpel bei der Polizei, Kommissar Rossi, hat leider gerade keine Zeit für derlei Fragen. Am Strand von Punta Corrente ist ein unbekannter Mann erschossen aufgefunden worden. Gefunden hat ihn der Schüler Mario Galizan – Sabinas Sohn. Er hat einen Halbbruder, der der Polizei nur allzu gut bekannt ist. Hat dieser mit dem Mord zu tun? War Mario gar nicht zufällig am Strand? Und was weiß seine Mitschülerin/Freundin Belinda, die ebenfalls am Tatort war?

Zwei Morde und ein Vermisstenfall
Als noch ein Toter gefunden wird, der mit derselben Waffe erschossen worden ist wie der Mann am Strand, bindet Kommissar Rossi den Ex-Polizisten Joe in die Ermittlungen ein. Er kann jede Hilfe gebrauchen, die er kriegen kann.

Und noch jemand möchte Joes Dienste als privater Ermittler in Anspruch nehmen: Die Frau mit dem Foto-Eilauftrag, Branka. Rudi, der Bräutigam, sei verschwunden, sagt sie. Und aus bestimmten Gründen könne die Familie in dieser Angelegenheit nicht zur Polizei gehen. Das glaubt ihr Joe aufs Wort. Aber er hat nicht geringste Lust, sich in die Angelegenheiten lokaler Ganoven einzumischen. Nach langem hin und her lässt er sich doch zu einem Treffen mit Branka breitschlagen – und läuft in eine Falle … Ist diese hirnrissige Aktion etwa auf Mirko Ribars Mist gewachsen?

Joe konfrontiert den Verdächtigen
Der Ex-Polizist ist mächtig geladen und konfrontiert bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Mirko Ribar mit seinem Verdacht. Der weiß angeblich von nichts. Er sei jetzt ein ganz neuer Mensch, sagt er, und nur wegen seiner Tochter in der Stadt. Und genau die wird nun vermisst …

Ich mag den etwas grüblerischen „Jugoschwaben“ Prohaska. Er will eigentlich nur in Ruhe seinen Kram machen und lässt sich doch immer wieder in Kriminalfälle hineinziehen. Die laufen ihm zu wie die Haustiere. Ganz ohne sein Zutun ist Joe nämlich auch zu Hund und Katz‘ gekommen, um die er sich fürsorglich kümmert. Wenn sie nun schon mal da sind.

Für so einen brummigen Einsiedler hat er ein beachtliches Netzwerk an hilfsbereiten Mitmenschen. Er konsumiert beunruhigende Mengen Kaffee, lässt sich von einer ständig stänkernden inneren Stimme herumkommandieren und flucht auch in der neuen Heimat weiterhin auf Schwäbisch.

Nicht ganz schlau werde ich aus seiner Beziehung zur österreichischen Schriftstellerin Martha Schön. Die Frau ist recht undurchschaubar und (mir) nicht besonders sympathisch. Offenbar hatte er mal was mit ihr und weiß jetzt nicht so recht, wie das weitergehen soll.

Wer gegen wen – und warum?

Mit dem Fall hatte ich gewisse Schwierigkeiten. Bei den Joe-Prohaska-Krimis scheint es immer sehr wichtig zu sein zu wissen, wer mit wem familiär, freundschaftlich oder geschäftlich verbandelt ist. Und das ist für den Leser nicht leicht zu durchschauen. Dass in Familien jedes Mitglied einen anderen Nachnamen zu haben scheint und Namensänderungen gang und gäbe sind, macht es nicht gerade leicht, den Überblick zu behalten.

So mancher ist nicht der oder das, was er vorgibt zu sein. Das ist einerseits spannend, andererseits aber auch verwirrend: Die leiblichen Eltern von A sind B und C, wobei B aber eigentlich ganz anders heißt, während Adoptivmutter D angeblich eine Cousine von E ist, aber in Wirklichkeit … Dass die Herren Galizan und Toncic Brüder sind und der ihr Vater mit Nachnamen Zelenbor heißt, muss man sich halt merken. Das geht aber schon.

Man hat jedoch als Leser keine Chance, herauszufinden, wer welche Ziele verfolgt und wo die Loyalitäten liegen. Wie die Fälle zusammenhängen, erfahren wir erst am Schluss, als die Polizei auf fünf Seiten ihre Ermittlungsergebnisse präsentiert. Und dann sind das so viele Namen und Fakten auf einmal, dass ich aufgegeben habe, die Motive und Vorgänge nachvollziehen zu wollen.

Mich hätte interessiert, wie es nun mit Belinda weitergeht, aber das erfahren wir nicht.

Tolle Figuren, schwacher Kriminalfall
Was soll ich sagen? Ich mag den Helden und seinen Freundeskreis. Joes bodenständiger Geschäftspartner Ivo ist toll, und natürlich Enzo und Josefina, das ältere Ehepaar, das den Witwer ein bisschen bemuttert und nur zu gern verkuppeln würde. Die Personen wirken so real und authentisch, dass es eine wahre Freude ist. Auch ist der Schauplatz mal was anderes. Romane, die in Kroatien spielen, hat man hierzulande ja nicht oft. Nur der Kriminalfall hat mich dieses Mal nicht so überzeugt.

Die Autorin
Silvija Hinzmann, in Kroatien geboren, arbeitet als Übersetzerin und Dolmetscherin in Stuttgart, wo sie seit 1970 lebt. Bisher veröffentlichte sie mehrere Romane, zahlreiche Kurzkrimis und war Herausgeberin von Kurzkrimi-Anthologien bei verschiedenen Verlagen.
Mehr unter: www.silvija.hinzmann.de
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