Corpus Delicti - Ein Prozess von Juli Zeh

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Vanitas1188
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Corpus Delicti - Ein Prozess von Juli Zeh

Beitrag von Vanitas1188 »

Jung, attraktiv, begabt und unabhängig: Das ist Mia Holl, eine Frau von dreißig Jahren, die sich vor einem Schwurgericht verantworten muss. Zur Last gelegt wird ihr ein Zuviel an Liebe (zu ihrem Bruder), ein Zuviel an Verstand (sie denkt naturwissenschaftlich) und ein Übermaß an geistiger Unabhängigkeit. In einer Gesellschaft, in der die Sorge um den Körper alle geistigen Werte verdrängt hat, reicht dies aus, um als gefährliches Subjekt eingestuft zu werden. Juli Zeh entwirft in Corpus Delicti das spannende Science-Fiction-Szenario einer Gesundheitsdiktatur irgendwann im 21. Jahrhundert, in der Gesundheit zur höchsten Bürgerpflicht geworden ist.

Wenn man über das Werk Corpus Delicti redet oder liest, wird meist die Dystopie erwähnt, dass die Methode eine Diktatur Form ist und man genötigt wird, dem Gesundheitsziel zu folgen. In dem Werk wird viel philosophiert, was mich recht erstaunte, weil es sehr traurig und negativ besprochen wird. Doch warum ist es traurig?

Mia Holl, eine 34 Jahre junge studierte Frau, zeigt uns wie einsam und traurig die Gesellschaft in der heutigen Zeit lebt. Aber kommen wir zuerst zu Ihrem Bruder. Moritz Holl, ein 27 Jahre junger Mann, der Philosophie Student war und sich das Leben nahm, mit der Beihilfe von seiner älteren Schwester. Moritz wird im Werk als Freigeist dargestellt, leider ist er ein undankbarer Mensch, der nur seine Mitmenschen zu seinem Zweck missbrauchte und seine Schwester ins Elend stürzte. Doch warum interpretiere ich das so? Durch die Methode wurde er in jungen Jahren von Leukämie geheilt und fing an über das Leben nachzudenken. Doch wird im Werk nie erwähnt, ob seine Eltern das Studium finanzieren oder überhaupt noch existieren und im Allgemeinen, wie er sich das Leben überhaupt leisten kann. Es wird nur gesagt, die Methode passt auf die Gesellschaft auf. Das bedeutet, er beißt in die Hand, die ihn füttert. Wenn er frei sein will, warum kämpft er nicht dafür oder zieht nicht um? Nein er nutzt Lücken im System aus, bereichert so sein eigenes Leben und übernimmt keine Verantwortung. Moritzs aphoristischer Zitat, „Das Leben ist auch ein Angebot, das man auch ablehnen kann“, zeigt nur seine Verantwortungslosigkeit, Undankbarkeit, Feigheit und nicht vorhanden Liebe. Er erzählt seiner Schwester von seinem Ausnutzen der Partnervermittlung, indem er Frauen als Spielzeug betrachtet. Nicht nur sieht er auf andere Frauen herab, auch schätzt er seine Schwester nicht, die er Sie alleine lässt. Ein Bruder, der seine Schwester liebt, würde niemals dafür sorgen, dass Sie Probleme bekommt oder in Gefahr bringen und respektiert, was die Schwester von einem möchte. Er wiederum versucht seine Schwester zu indoktrinieren, da er versucht seine Ideale Ihr einzureden, obwohl Sie ein anständiges und angesehenes Leben führt. Als er leider falsch verurteilt wurde, hat er nicht um seine Freiheit gekämpft. Nein, er hat seine Schwester mit einer schweren Bürde allein gelassen und hat Suizid begangen, um für sein Leben nicht mehr Kämpfen zu müssen, weil es die einfachste und feigste Art ist. Zurück ließ er die Idee einer idealen Geliebten, also eine imaginäre Freundin, die bei seiner Schwester bleiben soll. Leider zeigt dies in Mias Leben, dass nicht einmal Ihr eigener Bruder sich wirklich um sie gesorgt hat.

Durch den Selbstmord von Moritz wurde Mia psychisch geschädigt. Ein Mensch, der einsam ist, bildet sich meist eine imaginäre Figur vor, die auch in diesem Fall vorhanden ist, die ideale Geliebte. Auch ihre Lustlosigkeit, Vernachlässigung von Pflichten, deuten auf einen depressiven Zustand hin. Doch wer streckt Ihr die Hand aus? Niemand, sie hat niemanden. Keine Eltern, keine wahren Freunde und vom Bruder allein gelassen, lebt Sie zurückgezogen alleine in Ihrer Wohnung ganz alleine. Jetzt könnte man mit Sophie argumentieren, doch rede ich hier vom Privatleben und nicht vom Staat verordnete Gespräche. Doch wird alles schlimmer, Ihr Verteidiger Luz Rosentreter und der Journalist Heinrich Kramer, nutzen sie regelrecht für Ihr eigenes Wohl und Prestige aus. Durch Ihre Depression und Einsamkeit, gerät Mia Holl in ein falsches Spiel, was sie leiden lässt. Dies erkennt man auch, an Mias Hassliebe gegenüber Kramer. Zwar verachtet Sie Ihn, doch einerseits entsteht eine Bindung, da er für seine eigene Zwecke Ihr menschliche Nähe vortäuscht. Dies ließ mich traurig werden, da Sie alleine gelassen wurde von jedem und Schmerzen, Erniedrigung sowie starke psychische Schäden erleiden musste, wegen schlechten Menschen in Ihrem Umfeld.

In dem Werk wird unter anderem über Existenzialismus, Absurdismus, Rationalismus, Nihilismus, Liebe, Sozialismus, Dankbarkeit, Utilitarismus oder auch Kategorisches und Hypothetisches Imperativ philosophiert. Meiner Meinung nach muss jeder Mensch den Sinn des Lebens selber entdecken und Freiheit bedeutet nicht, tun und lassen, was man will, sondern, frei sein, seine Freizeit selber zu gestalten, sein Leben so zu führen wie man will, ohne ungerecht eingeschränkt zu werden. Aber auch die Vernunft wurde im Werk oft erwähnt. „Sapere aude!“, sich seinem eigenen Verstand bedienen. Natürlich muss jeder für sich selber kritisch entscheiden, was ist richtig und was ist falsch. Doch wird für Vernunft auch eine gewisse Erfahrung und Erkenntnis vorausgesetzt, die man sich aneignen muss. Vernunft bedeutet ja nicht, der Herr XY, Dr. in XY, hat „Das“ gesagt, also ist es richtig. Nein, sondern es kritisch sich noch mal durch den Kopf gehen zu lassen was er meinte/wollte und es selbstständig oder mit Hilfe auf die Richtigkeit prüfen. Ein gutes Beispiel ist das Gespräch zwischen Sophie und Mia, wo Mia behauptet, „Ich bitte Sie aufrichtig, meine Verfassung nicht mit Querulantentum zu verwechseln. Ich bin nicht ganz bei mir.“. Wenn Mia rational gehandelt hätte, hätte Sie das Angebot zur Kur angenommen, damit Sie einen klaren Kopf bekommt. Doch lässt Ihre psychische Lage, ein rationales Handeln nicht mehr zu. Doch wenn wir auch existenzialistisch schauen, kann das Leben zwar absurd sein, doch sollte man neben eigenen Werten und Regeln, die man sich aufstellt, vielleicht die Gesellschaft nicht vergessen. Obwohl in der heutigen Zeit viele eine agnostische Haltung aufweisen, achten Sie immer noch die Gesellschaft. Ein Theologe meinte zu mir mal, auch wenn es keinen Gott geben sollte und Jesus vielleicht eine frei erfundene Geschichte ist, sind seine Gebote für das Zusammenleben der Menschen essenziell. „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass dir's wohlgehe und du lange lebest auf Erden.“, „Du sollst nicht töten.“, „Du sollst nicht ehebrechen.“, „Du sollst nicht stehlen.“, „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.“, „Du sollst nicht begehren deines nächsten Haus.“, „Du sollst nicht begehren deines nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was sein ist.“, sind wichtig zum Zusammenleben, weil der Respekt und die Liebe zu deinem gegenüber einen belohnen wird und man nicht vereinsamt. Oder ist man nicht lieber nihilistisch betrachtet ein „loser by his integrity“ und hat Menschen um sich herum die einen wirklich Schätzen, als Pharisäer, die einen nur für seinen Zweck ausnutzen und schlecht behandeln?

Das Werk ist für mich traurig, weil es keine Liebe und Dankbarkeit existiert, wie in unserer heutigen Gesellschaft. Fangen wir mit der Dankbarkeit an, wir leben nicht nur in Überfluss, nein „Wir“ sind unzufrieden und wollen immer mehr. „Wir“ lehnen uns auf und akzeptieren Umstände nicht, weil es dem Selbstzweck nicht dient. Doch wer sind „Wir“? „Wir“, sind die Menschen, die ohne lebenskritische Sorgen leben. Ich würde behaupten, für viele klingt die Methode im Werk, eigentlich nicht negativ. Natürlich hat man Pflichten und Gesetze, doch ermöglicht es auch ein gesundes Leben ohne Leid. Die Realität sieht leider nicht so schön aus. Man arbeitet meist nur noch um zu überleben, denn man braucht meist ein Auto um auf die Arbeit zu kommen, man muss versichert sein, man muss Kosten im Leben bezahlen. Es gibt Menschen, die im Alter von 10 Jahren Schuhe klauen gehen, weil die Eltern kein Geld haben. Kinder sterben an Leukämie, weil in manchen Ländern die Kosten zur Heilung zu hoch sind. 70-jährige Omas mit zittrigen Händen müssen noch arbeiten, um für Ihr allein gelassenen Enkel Brot auf den Tisch zu bringen. Menschen nehmen sich das Leben, weil die Wirtschaft Ihnen alles Erreichte wegnimmt. Haushälter müssen ohne warmes Wasser oder Heizung überstehen, weil das Geld nicht ausreicht. Menschen werden gemobbt und erleiden dadurch Depressionen sowie Selbsthass. Kinder gehen in jungen Jahren Arbeiten und verzichten auf Bildung sowie auf einen guten Beruf, damit sie die Familie unterstützen können. Ehepartner werden missbraucht und misshandelt, weil Menschen keine Hilfe bekommen. Menschen nehmen Drogen, Alkohol um aus den Sorgen zu verschwinden, damit der Geist kurz vergisst, dass man daheim geschlagen wird, vergewaltigt wird… um einfach den Sorgen zu entfliehen. Was machen „Wir“? „Wir“ wollen immer mehr Konsumgüter, sagen wir haben Probleme, obwohl wir alle Möglichkeiten besitzen, um ein anständiges Leben zu führen. „Wir“ nehmen Drogen, weil „Wir“ uns selber Probleme machen und die Glückshormone brauchen, nur, weil „Wir“ noch mehr wollen und noch ein besseres Leben anstreben, obwohl „Wir“ glücklich über unser Wohl sein sollten. Leider sind „Wir“, die Minderheit. Ist es wirklich so schwer, dankbar zu sein für ein warmes Dach über dem Kopf, Gesundheit, über einen anständigen Beruf und genug Konsumgüter? Nein, das reicht für „Wir“ nicht, denn „Wir“ lässt den Rest leiden.

Doch schlimmer ist die verlorene Liebe. Es gibt Liebe für die Familie, für Freunde, für Tiere, für die Natur, für sich selber und so weiter. Unsere Gesellschaft ist in einem Individualisierung Wahn. Die meisten Menschen sitzen in Ihrer „Ich-Krise“ fest und ziehen andere Menschen nur noch runter. Natürlich beeinflussen Medien den Menschen, da jeder in seiner Unvernunft Fehler begehen kann, wenn kein Mensch ihm Ideale und Werte zeigt, die nicht dem eigenen Wohl schaden. Der Mensch lernt nicht nur sein Leben lang, sondern er imitiert vieles nach, was er für richtig empfindet, da ein rationales Denken, in jungen Jahren schwer zu erreichen ist. Werte werden aus Medien gegriffen, da die Familie keine Zeit mehr für ihre Kinder besitzen, da Sie Arbeiten und Pflichten zu erfüllen haben und somit die eigene Familie vernachlässigen. Doch steigt so der Wahn. Man möchte Konsumgüter, die online gepostet werden. Man behandelt seine Mitmenschen schlecht, da im Internet immer wieder neue Leute gefunden werden können, die Zuneigung vorheucheln und man dadurch keine Loyalität jemanden gegenüber zeigen muss. Menschlichkeit und Respekt gehen verloren, da nur das eigene Wohl zählt. Man lügt für das eigene Wohl, respektiert nicht den gegenüber und versucht anderen zu schaden. In dem Wahn, merken Menschen nicht, dass Sie sich körperlich als auch psychisch Schaden. Alkohol und Drogen sind das beste Beispiel. In dem Wahn vergisst man, sich selber zu lieben und zu respektieren. Es stimmt, durch Alkohol und Drogen bekommt man einen Rausch, der dem Körper Glückshormone schenkt und man für eine kurze Zeit gut drauf ist. Doch vergessen die Menschen die negativen Aspekte. Man schadet sich psychisch und körperlich. Vor allem wenn man älter wird, merkt man die Schäden. Der Körper ist nicht fit genug, Menschen sehen älter aus und weisen gestörte Verhaltens Muster auf. In diesem Wahn verlieren Sie im hohen Alter alles und Isolieren sich ab und leben einsam. Eine Midlife-Crisis, ist keine Seltenheit in unserer Gesellschaft. Auch wenn manche trotzdem einen Partner haben, dann nur, damit Sie nicht alleine ist. Also zum Gegenseitigen ausnutzen, ohne Liebe und Gefühle, was den Menschen nur noch mehr schädigt. In der traurigen Einsamkeit, binden sich viele an Tiere, da diese zu seinen Besitzern stets loyal sind und fehlende liebe geben. Man braucht keine 100 Menschen um sich herum, die einen nach unten ziehen. Doch was bedeutet Freundschaft heute noch? Sagen Freunde nicht, „Was willst du mit Drogen und Alkohol? Willst du dich so dumm benehmen wie die anderen Idioten? Wenn ich dich mit was Falschem sehe, bekommen wir Probleme.“ Man lacht mit Freunden über alles und über sich selber. Sie helfen sich gegenseitig und Weinen auch gemeinsam. Sie sind für einen da, wenn man Sie braucht, nicht nur zum Feiern. Immerhin liebt man sich unter Freunden. Doch auch die Familie die einen liebt, passt auf einen auf, egal wie alt man ist. Sie unterstützen einen, helfen bei jedem Problem und wollen von einem nur das Beste. Die Familie gibt jemanden alles, was Sie haben. Denn es macht doch einen glücklich, wenn man einen Menschen glücklich sieht, den man liebt, oder nicht? Meiner Meinung nach bedeutet Liebe, dass ich die Menschen glücklich machen will die ich Liebe. Ich möchte mit Ihnen lachen, Weinen, meine Zeit mit Ihnen verbringen und schöne Erinnerungen schaffen. Natürlich streitet man und verletzt in seiner Unvernunft Menschen, doch versucht man, von diesen Menschen wieder das Herz zu gewinnen, da man nicht zerstritten mit geliebten Menschen sein will. Menschen die einen Lieben, zeigen wie verrückt das Leben ist und welche schönen Farben das Leben hat. Sie zeigen, wie bedeutungsvoll und kostbar jedes einzelne Leben und jeder Moment ist. Sie passen aufeinander auf und wünschen dem Menschen alles Beste, damit sie glücklich und zufrieden sind.

Mia Holls Entscheidung, ihrem Bruder beim Suizid Beihilfe zu leisten, zeigt die nicht vorhandene Liebe. Anstatt Ihren Bruder jeden Tag aufzumuntern, dass alles gut wird und er positiv bleiben soll, ist sie für seinen Tod mitbeteiligt und schiebt die ganze Schuld der Methode zu. Wenn ein Mensch sagt, dass das Leben keinen Sinn mehr ergibt oder man das Leben ablehnen kann, dann versucht man doch, dass es dem Menschen wieder gut geht, oder nicht? Opfert man nicht, seine ganze Zeit für diesen Menschen auf? Versucht man nicht, diesen Menschen vom Leben wieder zu überzeugen? Will man nicht, dass dieser Mensch ein glückliches Leben führt? Setzt man sich nicht für den Menschen ein, egal wie schlecht die Lage ist? Sollte man nicht, in so einer Situation dem Menschen mit voller Liebe zur Seite stehen und nicht was Simulieren? Wenn ein Mensch sagt, er will sterben, dann versucht man doch alles, damit diese Person wieder glücklich ist. Man versucht doch, die Meinung umzuändern. Denn, wenn man diesen Menschen liebt, ist man glücklich, wenn diese Person glücklich ist. Leider nehmen sich viele in jungen Jahren sich das Leben, weil Sie einsam/alleine sind und keinen Ausweg aus Ihrer Situation sehen. Und in dieser Situation können nur die Menschen helfen, die einen Lieben. Egal wie Schwarz-Weiß die Welt für den Menschen erscheinen mag, werden die Menschen die diese Person Lieben, Farben in das Leben bringen, die der Mensch nicht beschreiben kann. Leider können aus ungerechten Umständen, sich die Wege von liebenden Menschen trennen und Menschen sinken in eine Selbstverzweiflung und Depression. Dies führt leider oft zum Suizid, da Ihnen niemand zur Hand geht.

Das Werk „Corpus Delicti – Ein Prozess“, hat mir leider die einsame und traurige Seite der Gesellschaft gezeigt, die Ich keinem Menschen wünsche. Ich danke Frau Zeh, für dieses Werk zum Nachdenken und allen, die bis hierhin gelesen haben.
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