Mischa Bach: Stimmengewirr

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Vandam
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Mischa Bach: Stimmengewirr

Beitrag von Vandam »

Mischa Bach: Stimmengewirr. Kriminalroman

Mischa Bach: Stimmengewirr. Kriminalroman, Leer 2007, Leda-Verlag, ISBN: 978-3-934927-79-7, 351 Seiten, Taschenbuch, Format 12 x 19 x 2,2 cm, EUR 9,90.

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Kein Loch ist tief genug, die Vergangenheit zu begraben. Aber jeder Spiegel reicht aus, um Erinnerungen an die Gegenwart zu wecken.?

Cäcilia-Josephine Greschke, 28, Jura-Studentin, ist auf der Flucht. Sie hat ihren Professor niedergeschlagen und sich mit 30.000,- Euro in bar davongemacht. Wie kam es dazu? Oberflächlich betrachtet, weil der Professor nach einer Veranstaltung zudringlich geworden ist. Doch die wahren Gründe liegen tiefer: in Cäcilia-Josephines Vergangenheit. Bei Ereignissen, an die sie nur bruchstückhafte Erinnerungen hat.

Zeit für sie, sich mit ihrer offenkundig traumatisierenden Vergangenheit auseinanderzusetzen. Doch das ist nicht so leicht, denn Cäcilia-Josephine ist nicht einfach nur Cäcilia-Josephine, sondern ?Jo & Co.? ? eine multiple Persönlichkeit.

Rund ein halbes Dutzend Charaktere teilen sich ihren Körper und ihr Leben: die vernünftige Anna ... Jo, eine Frau mit Stil und Geschmack ... Tom, ein rotziger Teenager mit Drogenerfahrung ... die Kinder Jolanda und Schneewittchen ... Cäcilia, die brave Tochter ? und Josephine, die den chaotischen Haufen zusammenhält und die Gruppe der Identitäten meist nach außen hin vertritt. Als ?Fassade?, wie sie sagt.

So verschieden wie der Entwicklungsstand der verschiedenen Persönlichkeiten ist, so verschieden ist auch deren Wissensstand über die Vergangenheit. Zwar können die verschiedenen Identitäten miteinander kommunizieren, doch gelingt es ihnen nicht, die Mosaiksteinchen ihrer Erinnerung zu einem vollständigen Bild zusammenzusetzen. Zu groß sind die Lücken. Irgend etwas Traumatisches muss sich in ihrer Kindheit ereignet haben. Und vermutlich hängt es mit dem saftigen Wirtschaftsskandal zu zusammen, in den die elterliche Druckerei vor Jahren verwickelt war. Nur wie? Das wissen sie nicht.

Direkt fragen können Jo &. Co. niemanden. Ihr Vater lebt nicht mehr und von Mutter Heidrun ist keine Hilfe zu erwarten. Sie macht sich ihre Welt wie sie ihr gefällt und hat schon immer gern die Augen vor unangenehmen Wahrheiten verschlossen. Die ?Geschwister?? wie sich die Gruppe der Persönlichkeiten nennt ?, beschließen, die Angelegenheit ein für allemal zu klären und in ihre Heimatstadt Oldenburg zurückzukehren. Unterstützung erhalten sie von ihrem Halbbruder Mike, einem Kleinkriminellen, und von dem Journalisten Rudolf A. Meerbach, der seinerzeit mehrfach über den Skandal und den Prozess rund um die Druckerei Berling berichtet hat.

Schicht um Schicht kommen nun die Schweinereien von damals ans Licht. Und immer, wenn Jo & Co. ? und die Leser ? denken, jetzt sei der Bodensatz der menschlichen Schlechtigkeit erreicht, jetzt kann es nicht mehr schlimmer kommen, wird eine weitere Lage an Lügen und Geheimnissen abgetragen und noch Übleres zu Tage gefördert ...

Es ist schon spannend zu beobachten, wie eine Einzelperson düsteren Familiengeheimnissen auf die Spur kommt. Im Fall von Jo &. Co. multipliziert sich die Spannung noch. Abwechselnd erzählen die einzelnen Persönlichkeiten in der Ich-Form von ihrer Suche nach der Wahrheit und puzzeln sich das Drama ihrer Kindheit nach und nach zusammen. Stets erkennt man auf Anhieb, wer gerade in den Vordergrund getreten ist und zum Leser spricht, so unterschiedlich sind Sprachstil, Verhalten und Gedankenwelt. Auch für eine ?Außenperspektive? ist gesorgt: Mitunter schildert auch Halbbruder Mike den Fortgang des Geschehens.

Wird es den traumatisierten Halbgeschwistern gelingen, auch die letzte Lügenschicht freizulegen und die volle Wahrheit zu erfahren ...?

Erstaunlicherweise sehnt man als Leser nicht unbedingt eine Heilung von Cäcilia-Josephine herbei. Jo & Co., wie sie miteinander leben, umgehen, streiten und verhandeln, kommen einem mit der Zeit fast so ?normal? vor wie eine ganz gewöhnliche Geschwisterschar. Man würde es geradezu bedauern, wenn die verschiedenen Charaktere miteinander verschmelzen und damit als Individuen ausgelöscht würden.

Eine faszinierende Heldin, eine außergewöhnliche Perspektive und ein perfider Fall machen diesen Kriminalroman zu einem besonderen Erlebnis.
krimtango
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Beitrag von krimtango »

Das hört sich ja ungemein spannend an. Bietest Du das Buch nach Beendigung der Lektüre an? Dann wäre ich nämlich trotz meines SUB sehr interessiert.
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Vandam
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Beitrag von Vandam »

Sorry - das Exemplar gehört in meine Standsammlung rezensierter Exemplare, und ich hab nur eins bekommen. Das rück ich nicht raus. :)

Man sollte eigentlich so schlau sein und die Rezensionsrubrik zur Verkaufsförderung nutzen um den Besuchern hier die eigenen BL-Angebote schmackhaft zu machen. In dem Fall isses aber nicht so.
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