Der feine Baron zu Guttenberg

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Marcus T. Cicero
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Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Marcus T. Cicero »

Über zu Guttenbergs vergessene "Fußnoten" in "seiner" Dissertation wurde und wird ja derzeit in den Medien intensiv berichtet.
Weniger bekannt dürfte hingegen die nähere Betrachtung seines Lebenslaufes sein. Der Baron gilt schließlich durch internationale Tätigkeiten in Führungsfunktionen sowohl juristisch als auch wirtschaftlich als erfahren und kompetent. Oder sollte man nach diesem Artikel:

http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1 ... ntent.html

den bisherigen Eindruck cum grano salis betrachten?

:D

P.S. Aus dem Artikel noch ein schönes Zitat, vielleicht sogar ein Motto:

"„Ich habe es immer geschafft, mit relativ geringem Aufwand relativ weit zu kommen“, sagt er."
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Buchecker
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Buchecker »

Eine, wie ich finde, sehr treffende Analyse seiner schon jetzt legendären "Pressekonferenz" findet sich hier:

http://www.tagesspiegel.de/meinung/ande ... 62992.html
Ein Ort aus Wahn und Schall
Genannt Schloss Schattenhall
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PaulPic
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von PaulPic »

Das Netz spießt Gutti auf:
Stephanie zu Guttenberg zieht mit den Töchtern vors Gefängnistor, um dem Ehemann/Vater über die Mauern hinweg ein Geburtstagsständchen zu singen. [...]
Den besten Gag dieser Tage produzierte Guttenberg aber selbst, natürlich unwissentlich und lange vor den Enthüllungen dieser Woche. In einem Imagefilm der juristischen Fakultät der Uni Bayreuth wendet sich Guttenberg bei Minute 0:46 mit väterlich-vertrauenswürdiger Schmunzelmimik persönlich an Studieninteressierte: "Sie stehen vor zwei Entscheidungen. Die erste: Was soll ich studieren? Jura. Es lohnt sich. Die zweite: Wo? Fraglos nur ein Ort: Bayreuth." Es lohnt sich also, ob mit oder ohne Doktor.
Paul
el

Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von el »

so mir langst jetzt. Ich bin hier in einem BÜCHER-Forum und nicht in einem, PLOTIK-Forum. aber genu das nimmt hier dermaßen überhand dass ich kein Bock mehr hab.

Unterhaltunge über dies und das : Gerne, über was einen so bewegt, auch, aber wenn hier zu jedem politischen Thema ein neuer Thread aufgemacht wird.. ne ohne mich.
Marcus T. Cicero
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Marcus T. Cicero »

el hat geschrieben:Ich bin hier in einem BÜCHER-Forum und nicht in einem, PLOTIK-Forum.
Schließlich ist der Auslöser der Diskussion ein Buch, dessen Erstauflage komplett ausverkauft wurde. Das Buch von Guttenbergs Großvater KARL THEODOR "Fußnoten" ist allerdings noch überall erhältlich.
In einem Imagefilm der juristischen Fakultät der Uni Bayreuth wendet sich Guttenberg bei Minute 0:46 mit väterlich-vertrauenswürdiger Schmunzelmimik persönlich an Studieninteressierte: "Sie stehen vor zwei Entscheidungen. Die erste: Was soll ich studieren? Jura. Es lohnt sich. Die zweite: Wo? Fraglos nur ein Ort: Bayreuth."
Den Imagefilm findet man hier: http://www.jura.uni-bayreuth.de/de/index.html
Man muss den Bayreuther Juristen zugute halten, dass KARL THEODOR MARIA COPY AND PASTE Freiherr zu Guttenberg bei einem schon reiferen Professor (Jahrgang 1934) Peter Häberle promoviert hat. Nachdem das Image etwas angekratzt ist, dürfte die Scientific Community mit Argusausgen darauf schauen, wie die jetzt zuständigen Professoren damit umgehen.

Bemerkenswert ist, dass ein mit "summa cum laude" promovierter Jurist im Falle Guttenberg noch nicht einmal Volljurist ist. Das dürfte auch erklären, warum er in die Politik ging.

Wieder Buchbezogen: Wenn man sich vor Augen hält wegen welcher Kleinigkeiten in Widerrufsbelehrungen oder Verwendung nicht autorisierter Buchbeschreibungen Verkäufer abgemahnt werden, dann ist es geradezu grotesk, was sich zu Guttenberg in seiner juristischen "wissenschaftlichen" Arbeit juristisch (bislang) folgenlos leisten durfte.
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terracotta
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von terracotta »

Marcus T. Cicero hat geschrieben:Bemerkenswert ist, dass ein mit "summa cum laude" promovierter Jurist im Falle Guttenberg noch nicht einmal Volljurist ist. Das dürfte auch erklären, warum er in die Politik ging.
Stimmt; andererseits habe ich mal gelesen, dass bei Juristen die Promotion vom berufsständischen Ansehen her das Manko eines nicht vorhandenen zweiten Staatsexamens "heilen" soll.
Wieder Buchbezogen: Wenn man sich vor Augen hält wegen welcher Kleinigkeiten in Widerrufsbelehrungen oder Verwendung nicht autorisierter Buchbeschreibungen Verkäufer abgemahnt werden, dann ist es geradezu grotesk, was sich zu Guttenberg in seiner juristischen "wissenschaftlichen" Arbeit juristisch (bislang) folgenlos leisten durfte.
Interessanterweise hat er ja lediglich eine "ehrenwörtliche Erklärung" – und keine Versicherung an Eides Statt – abgeben müssen, dass er die Arbeit selbstständig angefertigt habe. Aber der Doktorgrad wird ihm entzogen werden müssen – die Beweislage ist eindeutig, und jede andere Reaktion würde einen Präzedenzfall schaffen.

Außerdem können ja auch noch Klagen wegen Verletzung des Urheberrechts auf ihn zukommen.
Gruß, terracotta
Marcus T. Cicero
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Marcus T. Cicero »

terracotta hat geschrieben:andererseits habe ich mal gelesen, dass bei Juristen die Promotion vom berufsständischen Ansehen her das Manko eines nicht vorhandenen zweiten Staatsexamens "heilen" soll.
Wer in Deutschland als Rechtsanwalt, Staatsanwalt oder Richter arbeiten möchte, muss Volljurist sein, d.h. die 2. Staatsprüfung abgelegt haben. Durch eine Promotion wird dies nicht obsolet. Denn dann könnten sich die meisten das zeitaufwändige Referendariat und das Büffeln für das 2. Staatsexamen sparen und wären sogar Dr. jur..
Auch ich ging bei einem Dr. jur. - summa cum laude (d.h. die Note ist besser als 1,5 !!!) zunächst davon aus, dass er ein Volljurist sei. Zwar ist es nicht unüblich, dass Juristen schon nach dem ersten Staatsexamen zu promovieren beginnen, doch was nützt es, Jura studiert und in Jura promoviert zu haben, wenn man kein Anwalt werden kann?
terracotta hat geschrieben:Interessanterweise hat er ja lediglich eine "ehrenwörtliche Erklärung" – und keine Versicherung an Eides Statt – abgeben müssen, dass er die Arbeit selbstständig angefertigt habe.

Die Promotionsordnung für die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth ( http://www.uni-bayreuth.de/universitaet ... 30--01.pdf ) spricht in § 8 Nr. 6 von einer "ehrenwörtlichen Erklärung".
Ehrenwort klingt semantisch schwächer als Eid, aber warum manche Unis eine ehrenwörtliche, andere aber eine eidesstattliche Versicherungen fordern, ist interessant; denn grundsätzlich geht es ja um dasselbe.
terracotta hat geschrieben:Aber der Doktorgrad wird ihm entzogen werden müssen
In o.a. Promotionsordnung heißt es weiterhin in § 16 Abs 2:
"Wird die Täuschung erst nach Aushändigung der Urkunde bekannt, so kann nachträglich
die Doktorprüfung für nicht bestanden erklärt werden. Die Entscheidung trifft die
Promotionskommission unter Beachtung der Art. 48 ff. des Bayerischen
Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 23. Dezember 1976 (GVBl S. 544)."

Art. 48 (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts) Abs 2 Satz 3 BayVwVfG- (BayRS 2010-1-I http://by.juris.de/by/VwVfG_BY_Art48.htm ):
"Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
1. den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
3. die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
4. In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. 5-8 (aufgehoben)"
terracotta hat geschrieben:die Beweislage ist eindeutig, und jede andere Reaktion würde einen Präzedenzfall schaffen.
Zu Guttenbergs Verteidigungsstrategie sah wohl wie folgt aus:
I. Bagatellisieren der Verstöße (vergessene "Fußnoten")
II. Unterbindung kritischer Nachfragen durch die Presse (keine Nachfragen gestatten bzw. durch zeitgleiche, unangekündigte Pressekonferenz unmöglich machen)
III. Kokolores: Suspendierung seines Doktors (wie den Kommandanten der Gorch Fock) :D :D
IV. Darauf hoffen, dass die Kommission in Bayreuth nicht genügend findet und ihren Entscheidungsspielraum zu seinen Gunsten ausübt.

Insbesondere die Übernahme ganzer Abschnitte aus Artikeln (sogar in der Einleitung), die dutzendfache leicht veränderte Übernahme von Zitaten und last but not least die offenbar weitgehende Übernahme der Abhandlung von Ministerialrat Dr. Dr. Ulrich Tammler, dürften jedem Normalstudent ohne Promifaktor, ohne politischen Einfluss, ohne Unterstützung von BILD und ohne erhebliches Geldvermögen das akademische Genick brechen.

Sollte ihm die Bayreuther Kommission dies alles durchgehen lassen, dann dürfte das "Jurastudium in Bayreuth" als geflügeltes Wort für dubioses wissenschaftliches Arbeiten aufgefasst werden; d.h. wenn irgendeinem Juristen irgendein Fehler unterläuft, kommt dann die rhetorische Nachfrage "Sie haben wohl Jura in Bayreuth studiert?". :D
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Tschemmo
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Tschemmo »

Frei nach und von Goethe abgeschrieben:

Heiße Magister, heiße Doktor gar
und ziehe schon an die zehn Jahr
herauf, herab und quer und krumm
meine Wähler an der Nas' herum.

Hab jetzt viel gelesen und gelacht über einen tollen Polit-Hecht :D Danke für den Thread, es ist doch nur Smalltalk el.
Alt werden ist schön, das Problem ist nur, dass der Körper dabei in die Binsen geht!

(Siri Hustvedt)
Marcus T. Cicero
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Marcus T. Cicero »

Tschemmo hat geschrieben:Frei nach und von Goethe abgeschrieben:
Heiße Magister, heiße Doktor gar
:D

Es sollte vielleicht noch einmal geklärt werden, wann man in der Wissenschaft von einem Plagiat spricht. An der Uni. Klagenfurt wurde unter Vorsitz von O. Univ.-Prof.in MMag.a Dr.in Jutta Menschik-Bendele - Vizerektorin für Forschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt - eine Kommission eingesetzt, die auch die Begriffsklärung umfasste:

"Die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt definiert für die an ihr vertretenen Wissenschaften den Begriff Plagiat wie folgt:

Plagiat ist die unrechtmäßige Aneignung von geistigem Eigentum oder Erkenntnissen anderer und ihre Verwendung zum eigenen Vorteil.

Die häufigsten Formen des Plagiats in wissenschaftlichen Arbeiten sind:
1) Die wörtliche Übernahme einer oder mehrerer Textpassagen ohne entsprechende Quellenangabe (Textplagiat).
2) Die Wiedergabe bzw. Paraphrasierung eines Gedankengangs, wobei Wörter und der Satzbau des Originals so verändert werden, dass der Ursprung des Gedankens verwischt wird (Ideenplagiat).
3) Die Übersetzung von Ideen und Textpassagen aus einem fremdsprachigen Werk, wiederum ohne Quellenangabe.
4) Die Übernahme von Metaphern, Idiomen oder eleganten sprachlichen Schöpfungen ohne Quellenangabe.
5) Die Verwendung von Zitaten, die man in einem Werk der Sekundärliteratur angetroffen hat, zur Stützung eines eigenen Arguments, wobei zwar die Zitate selbst dokumentiert werden, nicht aber die verwendete Sekundärliteratur (Zitatsplagiat)."
Quelle: http://www.uni-klu.ac.at/main/inhalt/843.htm

Die Kommission in Bayreuth kann bei der Arbeit des Baron zu Münchhausen jetzt einfach eine Strichliste hinter die entsprechenden Nummern machen. :D

Für die Lateinfreunde:

Statt lediglich die Einleitung "seiner" Diss. mit den Worten

"E Pluribus Unum - aus Vielen Eines"

(durch Übernahme der Einleitung des Artikels "Das Experiment einer großräumigen Republik", in: FAZ Nr. 276/S. 11, 27. November 1997 von Prof.in Zehnpfennig)
zu beginnen, in der vermutlich durch extraterrestrische Einflüsse, die der Verfasser naturgemäß nicht zu vertreten hat, nicht nur Anführungszeichen und die zugehörige Fußnote verschwunden sind, sondern auch die im Artikel stehende Zeitangabe angepasst wurde, wäre es stilistisch schön und gleichsam inhaltlich zutreffend gewesen, wenn er die Arbeit mit den Worten

"E Pluribus Suum - aus Vielen Seines"

beendet hätte.

Die Arbeit wurde bei dem renommierten Berliner Verlag Dunker & Humblot (http://www.duncker-humblot.de/?ses=d648 ... ab&mnu=100 ) verlegt
Dessen Motto, das auf jedem Buch des Verlages (und damit kurioserweise auch auf dieser Diss.) kleingedruckt im Adlerlogo steht, lautet:

VINCIT VERITAS.

Das lässt hoffen :!:
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terracotta
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von terracotta »

Marcus T. Cicero hat geschrieben:
terracotta hat geschrieben:andererseits habe ich mal gelesen, dass bei Juristen die Promotion vom berufsständischen Ansehen her das Manko eines nicht vorhandenen zweiten Staatsexamens "heilen" soll.
Wer in Deutschland als Rechtsanwalt, Staatsanwalt oder Richter arbeiten möchte, muss Volljurist sein, d.h. die 2. Staatsprüfung abgelegt haben. Durch eine Promotion wird dies nicht obsolet.
Ja, das ist klar – ich meinte, dass ich irgendwo mal gelesen habe, dass "Halbjuristen" (wenn sie nicht gerade noch in der Ausbildung sind) von Volljuristen normalerweise etwas schief angesehen werden, das aber nicht mehr der Fall wäre, wenn sie promoviert haben.
Zwar ist es nicht unüblich, dass Juristen schon nach dem ersten Staatsexamen zu promovieren beginnen, doch was nützt es, Jura studiert und in Jura promoviert zu haben, wenn man kein Anwalt werden kann?
Ich weiß nicht, wie es in der Praxis aussieht, aber kann man dann nicht immer noch relativ gut bezahlt in der Wirtschaft arbeiten?
Gruß, terracotta
Marcus T. Cicero
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Marcus T. Cicero »

terracotta hat geschrieben:Ich weiß nicht, wie es in der Praxis aussieht, aber kann man dann nicht immer noch relativ gut bezahlt in der Wirtschaft arbeiten?
Man kann mit dem ersten Staatsexamen Diplom-Jurist werden. Das Stellenangebot ist jedoch sehr begrenzt. Die Verdienste für Diplom-Wirtschaftsjuristen in guten Kanzleien nicht schlecht: http://www.azur-online.de/azhtml/mag_ak ... isten.html

Ich meine vor Jahren gelesen zu haben, dass 50 % aller (Voll-)Juristen in Deutschland weniger als 2000 Euro pro Monat verdienen. In einem Artikel aus dem SPIEGEL (http://www.spiegel.de/unispiegel/jobund ... 04,00.html ) von 2004 steht "das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Einzelanwalts liegt bei 37.000 Euro."

Ich könnte mir Guttenberg eher als Nachfolger von Thomas Gottschalk für Wetten, dass (100 Tsd. Euro pro Sendung) vorstellen. :D
Marcus T. Cicero
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Marcus T. Cicero »

Neues von Baron Münchhausen:

"Dabei kam ich zu dem Ergebnis, dass mir bei der Erarbeitung gravierende handwerkliche Fehler unterlaufen sind, die ordnungsgemäßem wissenschaftlichen Arbeiten widersprechen. Die Arbeit besitzt nach meiner Überzeugung dennoch einen wissenschaftlichen Wert. [...]
Eine Ursache für mein Fehlverhalten ist darin zu sehen, dass ich über einen zu langen Zeitraum, über sieben Jahre hinweg mitzahlreichen Unterbrechungen an der Arbeit geschrieben und offensichtlich den Überblick über die Verwendung von Quellenteilweise verloren habe. Eine abschließende Stellungnahme kann ich im Moment leider noch nicht abgeben.

Aber festhalten will ich doch, dass ich zu keinem Zeitpunkt vorsätzlich oder absichtlich getäuscht habe." :lol:
Quelle: http://www.bild.de/BILD/politik/2011/02 ... reuth.html

Die Selbstverteidigungsstrategie besteht also weiterhin darin, nicht als Plagiateur dazustehen, sondern als Handwerker, dem gravierende Fehler unterlaufen sind.

Es waren offenbar die Nachtgespenster auf Schloss Guttenberg, die für die Täuschungsversuche durch Abändern der Originalzitate und für das seitenlange Abkupfern von Arbeiten - was in wissenschaftlichen Arbeiten ohnehin nicht geht - verantwortlich sind.

Nach http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Plagiate finden sich schon auf gut 70 % Prozent der Arbeit Plagiate, aber der Öffentlichkeit soll dies als "nicht vorsätzliche oder absichtliche" Täuschung, sondern als bloße Schludrigkeit verkauft werden.

Da kann man nur hoffen, dass die Bayreuther Juristen nicht auf dieses erneute Täuschungsmanöver hereinfallen und den Titel wegen der zahlreichen Plagiate und damit des Verstoßes gegen die ehrenwörtliche Erklärung, in der der Verfasser mit Unterschrift erklärte, dass er die Arbeit selbst und nur mit den angegebenen Quellen verfasst hat, aberkennen.
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Mary
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Mary »

Marcus T. Cicero hat entdeckt, daß Guttenberg findet:
Die Arbeit besitzt nach meiner Überzeugung dennoch einen wissenschaftlichen Wert.
Wie fundiert kann eine wissenschaftliche Arbeit sein, wenn man mit den Quellen durcheinander kommt und dann nicht mehr weiß, was man selbst geschrieben hat? Wäre das jetzt eine Forschungsarbeit in der Medizin, hätte ich Angst...

Frage mich nur ernsthaft, wie konnte er Summa cum laude kriegen? War die Uni so froh, daß ein Prominenter bei ihnen promoviert hat, daß man gar nicht mehr richtig kontrolliert hat?

Bin echt sauer auf Guttenberg.

Danke für den Beitrag, Marcus.

Grüße
Mary
Genügt es nicht zu sehen, dass ein Garten schön ist, ohne dass man auch noch glauben müsste, dass Feen darin wohnen?- Douglas Adams
Marcus T. Cicero
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Marcus T. Cicero »

Mary hat geschrieben:Wie fundiert kann eine wissenschaftliche Arbeit sein, wenn man mit den Quellen durcheinander kommt und dann nicht mehr weiß, was man selbst geschrieben hat?
Für wissenschaftliche Arbeiten ist das korrekte Zitieren in der Tat fundamental. Denn wenn man einmal annimmt, dass ein Studiosos, der sich mit der gleichen Thematik wie Guttenberg befasst, Passagen aus "Guttenbergs" Arbeit inhaltlich für gut befindet und dann Guttenberg als Urheber "korrekt" zitiert, besteht aufgrund der großen Zahl der gefundenen Plagiate dementsprechend die große Gefahr, dass in Wahrheit nicht Guttenberg, sondern ein von Guttenberg nicht zitierter Verfasser der eigentliche Urheber war.

Von wegen VINCIT VERITAS - wie es auf dem Buchdeckel der Arbeit im Logo des Verlages steht. Duncker & Humblot hat allerdings sowohl den Vertrieb als E-Book eingestellt als auch noch keine Neuauflage gedruckt. Eigentlich dürfte man das Werk nur noch mit Warnhinweisen für akademische Leser vertreiben.

Insofern kann eine wissenschaftliche Arbeit, die vor Plagiaten nur so strotzt, nicht wissenschaftlich fundiert sein.

Der wissenschaftliche Gehalt bzw. Wert der Arbeit könnte man erst dann adäquat beurteilen, wenn die Arbeit wissenschaftlich korrekt verfasst worden wäre. Dazu müssten allerdings nicht nur alle Autoren korrekt zitiert, sondern auch viele Passagen umgeschrieben und andere komplett weggelassen werden.

Man legt sich sicherlich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn man der Auffassung ist, dass Guttenberg für diese Arbeit kein Summa cum Laude verdient hat.
Erfahrungsgemäß sind gerade die Summa Cum Laude Kandidaten extrem gute Akademiker, welche originelle Ideen haben und zudem über wissenschaftliche Ehre verfügen. Solche Leute kämen wohl kaum auf die Idee ihre Arbeit dadurch zu gefährden, dass sie tolldreist googlebare Erstsemesterwerke oder Zeitungsartikel (aus FAZ oder DIE ZEIT) einbauten. :D

Der wissenschaftliche Wert der Arbeit an sich steht allerdings auch gar nicht zur Debatte, sondern der massive unrechtmäßige Ausweis fremder Erkenntnisse als die eigenen und der dadurch bedingte Verstoß gegen die ehrenwörtliche Erklärung.

Ich freue micht schon darauf, Guttenberg über konservative Werte wie "Ehre, Anstand, Mut und Fleiß" referieren zu hören. :D
yellowtower

Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von yellowtower »

Marcus T. Cicero hat geschrieben:
Ich könnte mir Guttenberg eher als Nachfolger von Thomas Gottschalk für Wetten, dass (100 Tsd. Euro pro Sendung) vorstellen. :D
Nun ja ... die Übernahme bereits erfolgreicher Konzepte scheinen ihm ja zu liegen :wink:

Gruß, yellow
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