der Verbraucher

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coma
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der Verbraucher

Beitrag von coma »

Ich mach mal zusätzlich einen Thread, mit dem Thema "der Verbraucher" auf. Offenbar gibt es da Gesprächsbedarf.

Der Verbraucher ist ja mittlerweile an allem schuld. Aber stimmt das auch? Angeblich was mal der mündige Staatsbürger war, soll heute der mündige Verbraucher sein.
Bücherwurm14167
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Bücherwurm14167 »

Na, dann fange ich mal an.

Der Verbraucher (wir sollten uns bewußt sein, daß wir hier sehr verallgemeinern, Ausnahmen gibt es zweifellos) ist verwöhnt:

Er will nach Möglichkeit kostenlos alles haben, was er sieht. Um dieses Ziel zu erreichen, istes ihm auch egal, woher Ware kommt und unter welchen Umständen sie produziert wird (s. Posting von Spiralnebel111).


Der Verbraucher ist habgierig:

Wenn etwas besonders billig ist, wird berechtigterweise strafrechtlich schon einmal unterstellt, daß Hehlerei vorliegt (Schmuck weit unter Wert etc.).
Es wird - nicht allein aus rechtlichen Gründen - vor billigem Hähnchenfleisch, Dönern unter 2,50 €, Stromverträgen mit dubiosen Klauseln und Zahlungsmodalitäten gewarnt, der Verbraucher greift dennoch zu und ist dann empört, weil ihm gesundheitliche oder wirtschaftliche Schäden entstanden.


Der Verbraucher ist träge:

Es werden keine AGBs mehr gelesen, weil sie als zu kompliziert erscheinen. Aber wenn es billig ist, schaut er auch nicht nach Alternativen. Dann werden die AGBs halt ungelesen hingenommen.


Der Verbraucher ist dumm.

Wie anders ist es möglich, daß Worthülsen wie "Sie sparen 10%, wenn sie jetzt abschließen", dazu führen, daß das Gehirn ausgeschaltet wird, um schnell den Vertrag einzugehen?

Für alles gibt es Beispiele.
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Schrölk
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Schrölk »

Und genau deswegen trägt jeder einzelne Verbraucher eine Eigenverantwortung an dem Scheiß der passiert. Würde die Mehrheit zum Beispiel lesen was auf der Verpackung eines Produktes steht, könnte er die Macht auspüben die er eigentlich hat. Er tut es aber nicht, beschwert sich dann aber über sinen Skandal nach dem anderen, den er durch sein Kaufverhalten selbst mitverursacht hat...
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spiralnebel111
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Re: der Verbraucher

Beitrag von spiralnebel111 »

Schrölk hat geschrieben: Würde die Mehrheit zum Beispiel lesen was auf der Verpackung eines Produktes steht, könnte er die Macht auspüben die er eigentlich hat.
Ich musste neulich -mal wieder- wieder eine Familie* aufklären (darf ich eigentlich auch nicht im Dienst... :roll: ), dass in der hessischen Rindswurst durchaus Schweinefleisch drin ist.
*perfekt Deutsche sprechende, schreibende, lesende Familie...

Schrölk hat recht, der Verbraucher hat die Macht: wir könn(t)en jedes Produkt vom Markt kicken oder verändern. Sowas ist auch schon vorgekommen. Allerdings nicht unbedingt in Deutschland.
Kaffeetantchen
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Kaffeetantchen »

spiralnebel111 hat geschrieben:Schrölk hat geschrieben:
Würde die Mehrheit zum Beispiel lesen was auf der Verpackung eines Produktes steht, könnte er die Macht auspüben die er eigentlich hat.

Ich musste neulich -mal wieder- wieder eine Familie* aufklären (darf ich eigentlich auch nicht im Dienst... :roll: ), dass in der hessischen Rindswurst durchaus Schweinefleisch drin ist.
*perfekt Deutsche sprechende, schreibende, lesende Familie...
Ich lese jedes Wort auf einer Verpackung fast, aber: LESEN setzt nicht das gedachte, sondern das geschriebene Wort voraus. Anteil einer Zutat unter 5 % - der Verbraucher muss es nicht erfahren. Gelatinereste im Saft? Wer schreibt das drauf, dabei gibt es auch hiergegen Allergien. Bis 2006 konnten preiswerte Instantsuppen, Gewürze... mit Laktose gestreckt werden ohne Angabe, mittlerweile Informationspflich da ca. 15 % Intoleranzanteil der Bevölekerung. Bei Joghurt und Eiskrem kommt es aber noch massig rein als billiger Füllstoff, wer Milchprodukte kauft da ists nun mal drin...
spiralnebel111 hat geschrieben:Schrölk hat recht, der Verbraucher hat die Macht: wir könn(t)en jedes Produkt vom Markt kicken oder verändern. Sowas ist auch schon vorgekommen. Allerdings nicht unbedingt in Deutschland.
Also im Januar bekamen wir von Eckes-Granini endlich die Info dass alle Säfte Gelatine-frei sind. Ich hoffe dass Produktanfragen vieler mündiger intelligenter und der deutschen Sprache mächtigen Veganern & potentiellen Konsumenten dazu beigetragen hat. Geld hin oder her, ich kaufe darum hohesC, vorzugsweise im Angebot. :wink: Auch sind gerade viele Firmen dabei die Eier aus den Tofuprodukten zu nehmen und sie den Veganern zugänglich zu machen, so dass der Einkauf günstiger wird und die Konkurrenz größer und man nicht nur von ausgewählten Firmen kaufen kann. Auch hier waren wir sehr aktiv zusammen mit der Albert-Schweitzer-Stiftung.
overdrive
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Re: der Verbraucher

Beitrag von overdrive »

Der Verbraucher ....


..... in Deutschland ....


.... weiß natürlich ALLES über seine (vermeindlichen) Rechte, nur das Wenigste über seine Pflichten :wink:
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coma
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Re: der Verbraucher

Beitrag von coma »

Es heißt ja auch: Der Verbraucher ist König.

Zum Unterscheid zum Politischen, also der Staatsbürger, wo er Souverän ist, im Sinne der Demokratie, Volksherrschaft, also Herrschaft der Bürger, d.h. Teilnahme des einzelnen Bürgers an der politischen Willensbildung usw., wie steht es da nun genauer mit der Souveränität, das Königtums des Verbrauchers.

Wenn der Verbraucher als der eigentlich verantwortliche herausgestellt wird, dann ist das meist auch in einem Bereich, wo die Wirtschaft, das Ökonomische quasi die Herrschaft übernommen hat, und politische Regulierung auf dem Rückzug ist.

Zudem ist der Verbraucher dem Produzenten gegenüber gestellt. Nicht die Produzenten, die ja fremdgesteuert sind, durch die kapitalistischen Zwänge, sondern die Verbraucher, die nicht fremdgesteuert sind, sondern sich selbst steuern, und denen damit auch Gestaltungsmacht für gesellschaftliche Entwicklung überantwortet ist, sollen wenn nicht die Welt verbessern, so doch für all die angeprangerten Mißstände verantwortlich sein.

Allerdings hat der einzelne Verbraucher, wie gut er auch seine Funktion wahr nimmt, keinerlei allgemeine Auswirkung. Macht und Möglichkeiten der Einflußnahme für den Verbraucher gibt es nur, wenn sie in der Mehrzahl sich geltend machen, wobei da eine Gemeinsamkeit der Willensbekundung erforderlich ist.

Die gibt es wohl häufiger, und ist auch von den Produzenten gefürchtet, aber ist hauptsächlich vermittelt durch die Medien. Das Erfordernis ist da, die Möglichkeit, einen Skandal draus zu machen. Aber das tägliche Kleinklein läuft ohne Skandal ab, und da ist der Verbracher im Gesamtgefüge nur eine statistische Nummer, die wählt zwischen verschiedenen Waren usw.

Was ich mich nun frage, wie sieht es denn aus mit den Zusammenschlüssen der Verbraucher, die ja an sich tatsächlich über ihren Hebel der Kaufentscheidungen zu Recht gefürchtet sind, als diejenigen, die herrschen. Aber sie herrschen ja nicht wirklich. Der Verbraucher ist einmal manipuliert, und andererseits handelt er isoliert (abgesehen, wenn was über die Medien vermittelt wird). Damit der Verbraucher sein potenzielle Macht auch geltend machen kann, im Interesse der Gestaltung der gesellschaftlichen Realität zum Besseren hin, bedarf es doch besonderer Zusammenschlüsse.

Es gibt solche Zusammenschlüsse, z.B. Einkaufsgenossenschaften. Verbraucher können sich zusammen tun, und gemeinsam als Käufergemeinschaft auftreten, was die Position für die Kaufverhandlung verbessert. Es geht da aber ausschließlich um den ökonomischen Aspekt.

Letztlich geht es aber doch zusätzlich darum, mit ökonomischen Mittel Ziele verfolgen, die über das ökonomische hinausgehen, politisch, kulturelle, soziale, Weltverbesserung usw.

Z.B. die Kombination von Naturschutz und Tourismus. Um einen Naturschutzpark zu finanzieren, werden die Einnahmen aus dem Touristikrummel verwendet, statt den Park aus Steuergeldern finanzieren. Es gibt zwei höhere Interessen, den Naturschutz, und die Tourismuskultur, und das wird ökonomisch organisiert, der Staat bleibt außenvor.

Soweit die theoretische Macht des Verbrauchers. Aber wie sieht die Praxis aus.

Gerade weil der Verbraucher so eine potenzielle riesige Macht hat, ist er von Seiten, ich sag mal pauschal "Produzenten", dem Versuch der Manipulation ausgesetzt. Fraglich ist auch, ob die Medien diesbezüglich neutral sind, oder ob sie nicht Instrumente sind, die Verbraucher zu steuern.
coma
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Re: der Verbraucher

Beitrag von coma »

Kaffeetantchen hat geschrieben:Auch hier waren wir sehr aktiv zusammen mit der Albert-Schweitzer-Stiftung.
Albert-Schweitzer-Stiftung? Kannst du das etwas näher erläurtern, Kaffeetantchen?
Kaffeetantchen
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Kaffeetantchen »

coma hat geschrieben:
Kaffeetantchen hat geschrieben:Auch hier waren wir sehr aktiv zusammen mit der Albert-Schweitzer-Stiftung.
Albert-Schweitzer-Stiftung? Kannst du das etwas näher erläurtern, Kaffeetantchen?
Die Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt - ganz offiziell, Link bekomme ich irgendwie nicht hin - setzt sich für Tierschutz und Veganismus ein und versucht durch Anschreiben/Unterschriftenaktionen vegetarische Produzenten dazu zu bewegen ihre Produkte vegan zu machen, oder eigentlich vegane Dinge vegan zu lassen (Bsp. Gelatine im Saft...) oder Ketten zu größerem veganen Angebot zu bewegen unter anderem. Wovon Subway nix wissen will hat bei Crobag Erfolg. Sie unterstützen auch vegane Kinderkochkurse in Berlin bei Björn Moschinski, gibt da ne Aktion wenn man über die Seit zu naturstrom wechselt und solche Dinge. Man erreicht schon ein bissel was wenn man dran bleibt. Und natürlich die Hersteller können sich vor Mails von Vegangruppen nicht retten wenn sie die Infos nicht freiwillig rausrücken, was keinen Gefallen findet wird nicht gekauft, schon gar nicht ungeprüft.

Aber es braucht Zeit, Dreist finde ich die Nummer zwar fair draufzuschreiben dass Cystein (aus Schweineborsten, muss nicht angegeben werden) im Wrapteig ist, aber das ganze (aus Unwissenheit?) als vegetarisch zu beschreiben, nein ist es nicht egal wie wenig es ist, aber vor 2 Jahren als nur Vegetarierin kannte ich die kleinsten Fallstricke auch nicht. Gleiches gilt dass fast in jeder Margarine Vitamin D ist aus Lebertran oder Wollfett von Schlachttieren. Vielleich informieren sich die Produzenten einfach nicht, wer weiß...
Bücherwurm14167
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Bücherwurm14167 »

@ Coma:

Der Verbraucher schließt sich nicht mit anderen zusammen, das wäre ein Zeitaufwand, den er scheut und er will es ja auch nicht.

Zum einen gibt es da ja die Delegation: "Mein Rechtsanwalt, Handwerker etc. wird es schon richten, dafür wird er ja bezahlt." Delegiert wird an den Staat (Gesetzgebung) und freie Organisationen (Stiftung Warentest). Dies ist sicherlich teilweise verständlich, weil Kenntnis um die Gefahren bestimmter Stoffe oder Materialien sicher nicht jedermann geläufig sein kann.

Das von Dir genannte - ich nenne es einmal - "moralische" Kaufverhalten setzt da aus, wo etwas zum Schnäppchenpreis zu haben ist (s. der Hinweis auf das von Spiralnebel in meinem ersten Posting genannte Filmchen). Wenn man bedenkt, unter welchen Umständen Ipads, IPods etc. u.a. von Foxconn hergestellt wurden, Kleidung hergestellt wird, usw, dürfte aus diesen moralischen Gedanken heraus nichts gekauft werden.

Der Verbraucher mag manipuliert sein, aber er läßt sich auch leicht und gerne manipulieren - über den Preis und seine scheinbaren Bedürfnisse. Daß die Produzenten und Händler bestimmte Mechanismen nutzen, ist nachvollziehbar. Aber der Verbraucher sollte sie kennen, sie werden weitgehend veröffentlicht, wenn auch wahrscheinlich nicht da, wo der Verbraucher sich aufhält: Facebook, "Bild" etc. Und wenn sie dort auftauchen, genügt ja ein kurzer Klick auf "Gefällt mir nicht" und der Zorn ist verraucht und alles vergessen. Morgen wird wieder gekauft.

In den Medien wird ausreichend publiziert. Aber wen kümmert es? Welche Konsequenzen werden z.B. aus dem jährlichen Bericht des Bundes der Steuerzahler gezogen?
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Kibabu
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Kibabu »

Das mag ja alles sein. Aber wieviel Zeit hat der Verbraucher, wenn er nach Feierabend einen Einkaufswagen mit Lebensmitteln vollpackt? Wer kann all das Kleingedruckte lesen? Und wer weiß, was sich hinter den Begriffen tatsächlich verbirgt?
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spiralnebel111
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Re: der Verbraucher

Beitrag von spiralnebel111 »

Wenn er sich mal interessieren würde und hie und da eins lesen... :roll: Wär schon was.
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Kibabu »

Ich finde es wirklich nicht leicht. Auch über einen teuren Preis ist nicht klar, ob du ein T-Shirt kaufst, das dein Gewissen vertretbar findet.

Bei uns im Penny gibt es jetzt wieder 3er Eier. Die waren eigentlich vor Jahr und Tag verboten worden, 2 als Minimum. Hab ich was verpasst? (Ich kaufe keine 3er KZ-Eier, da esse ich lieber wochenlang keine Eier. Allerdings werden sie natürlich überall mit verarbeitet...
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Schrölk »

Kibabu hat geschrieben:Das mag ja alles sein. Aber wieviel Zeit hat der Verbraucher, wenn er nach Feierabend einen Einkaufswagen mit Lebensmitteln vollpackt? Wer kann all das Kleingedruckte lesen? Und wer weiß, was sich hinter den Begriffen tatsächlich verbirgt?
Also Sorry, da muss ich schon großspurig sagen: Wer sich die Zeit nicht nimmt das zu lasen, mal bei eineim oder zwei Einkäufen im Jahr um dann ggf sein Einkaufsortiment anzupassen, der ist durchaus mitverantwortlich wenn er was kauft was nicht richtig ist.

Und Laienverständliche Büche, die über die Inhaltsstoffe aufklärt, gibt es zuhauf. Man muss es einfach nur WOLLEN!
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Re: der Verbraucher

Beitrag von Kibabu »

Warum soll der Verbraucher all die verschiedenen schwierigen, irreführenden Bezeichnunge lernen?
Warum kann der Hersteller/Vertreiber nicht gezwungen werden, die Ware allgemeinverständlich zu deklarieren?

Wieso muss ich z. B. wissen, dass Saft Saft ist und Nektar Zuckerwasserbrühe?

Ja, man muss nur wollen. Man muss den Verbraucher nur bescheißen wollen. Klappt bestimmt.
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