Der rote Satz

Viele verschiedene Spiele rund um Worte, Silben, Sätze und mehr.
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Vidya Venn
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Vidya Venn »

Fragt doch mal lieber, wie naiv wohl vidya ist? Ohne den aufklärenden Zusatz zum Preis hätte sie Bucheckers Geschichte mal wieder nicht verstanden. So sorry :mrgreen:
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Buchecker
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Buchecker »

Da hat gildenhaus ja ein ganzes Füllhorn von Auszeichnungen ausgeschüttet – sehr diplomatisch und Ausdruck bester mentaler Gesundheit!
Das neue Thema lautet: Ein quälender Traum begann.

Deadline für die Beiträge ist Dienstag Abend – bis dahin sollte gildenhaus ihr einhändiges Einfingersystem so weit perfektioniert haben, dass ein weiteres Highlight literarischer Kleinkunst entstehen kann. Vielleicht hat sich bis dahin ja auch Tschemmo wieder eingefunden und kann seine Urlaubserlebnisse gleich literarisch verarbeiten. Und wer weiß, vielleicht fühlen sich ja auch die anderen ewig zögerlichen Kandidaten angesprochen…
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gildenhaus
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Re: Der rote Satz

Beitrag von gildenhaus »

Kimhilde von Bandburg sass auf der sonnigen Terrasse und dachte nach. Sie hatte sich so sehr auf den alljährlichen Besuch bei Kiselheer gefreut, doch diesesmal hatte sie wenig Spass daran. Alle Bewohner des Dorfes waren so verändert, sie wirkten alle so zufrieden und glücklich, keiner stritt mit dem anderen, nicht einmal mehr bei der abendlichen Skatrunde fiel ein unfreundliches Wort. Es war unheimlich. Und auch der sonst oft so brummige Kiselheer war wie umgewandelt, sogar den Koch, an dem er vorher kein gutes Haar gelassen hatte, lobte er neuerdings in höchsten Tönen. Dabei waren dessen Gerichte noch ungeniessbarer als sonst. Wie sie den Gesprächen der Dorfbewohner entnommen hatte, war die Stimmung im Dorf so, seit Theodor Schemmelmann von seiner letzten Südamerika-Reise eine merkwürdige Pflanze namens Jeblottl mitgebracht hatte, die inzwischen für alles verwendet wurde, von Umschlägen für Verstauchungen bis hin zum Brauen eines Bieres. Kimhilde seufzte, sie hatte Hunger. Seit Tagen hatte sie kaum etwas von dem ekelhaften Zeug, das der Koch ihr vorgesetzt hatte, hinunter bekommen.

Plötzlich fiel ihr das Paket ein, dass ihr ihre Pensionatsfreundin Bozena aus Prag geschickt hatte. Bozena hatte etwas von Keksen geschrieben, das wäre wenigstens etwas Essbares! Sie griff nach der Schachtel, und ja: sie enthielt ein Dutzend goldbrauner runder Kekse! Ein Zettel lag obenauf, den sie jedoch in ihrer Gier an die Seite schob und dann die Kekse in ihren Mund stopfte. Waren die lecker! Plötzlich schien ihr die Sonne noch strahlender, die Blumen noch leuchtender - das Leben war doch schön! -

Der Gong rief zum Mittagessen, aber nicht mal die Aussicht auf die miserablen Speisen konnte ihr heute die gute Laune rauben. Sie betrat des Esszimmer und glaubte ihren Augen nicht zu trauen: statt der erwarteten Essenkatastrophe stand auf dem Tisch eine riesige Schüssel weisser Trüffel und dazu eine wunderbar duftende grüne Sosse, im Glas perlte der Champagner... Kimhilde liess sich nicht lange bitten, setzte sich an den Tisch und langte zu. Als wirklich kein Krümelchen mehr hineinging und sie sich fühlte wie XXXXX (mit Rücksicht auf einige zartbesaitete Leser wurde diese Stelle geschwärzt), lehnte sie sich zurück und eine tiefe Müdigkeit überfiel sie. Sie nickte ein und ein quälender Traum begann. Sie sass in einer Kantine, als der Kantinenwirt auf sie zukam, vor ihr auf die Knie fiel und "o sole mio" für sie sang, und der nebenan tagende Zwockel-Fanclub dazu im Takt klatschte. Plötzlich sprang die Tür auf, ihre Lieblingskatze rannte auf sie zu und schlug ihr eine Blindschleiche um die Beine - nein es war gar nicht ihre Katze, sondern ein riesiger Tiger mit einer Königsnatter im Maul! Sie schrie auf und versuchte, das Untier abzuwehren...

Ein klirrendes Geräusch liess sie aus ihrem Traum aufschrecken. Im Eifer des Gefechts hatte sie die Schüssel mit den restlichen Trüffeln vom Tisch gefegt. Doch das waren ja gar keine Trüffel, das waren ja diese grässlichen Halušky mit Brimsbrums, und die Sosse entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Gummibaumsuppe..... Kimhilde wurde übel.

Spät am Abend, als sie sich etwas erholt hatte, fand sie den Zettel von Bozena: Die Jeblottl-Kekse sind wirklich Klasse, aber iss nie mehr als einen Viertel Keks, sonst verlierst du die Kontrolle. Kimhilde erbleichte, 6 Stück hatte sie gegessen! Sie würde die restlichen Kekse sofort wegwerfen, doch dann kam ihr eine Idee: Sie würde sie aufheben, beim nächsten Besuch von Bernadette würden sie ihr sicherlich noch gute Dienste leisten.


P.S. Text wurde nicht geändert, nur ein übler Tippfehler beseitigt :oops:
Zuletzt geändert von gildenhaus am Mo 12. Apr 2010, 17:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Vidya Venn
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Vidya Venn »

Hihihi :D
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biznbux
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Re: Der rote Satz

Beitrag von biznbux »

Palunda Shiran war lange schon nicht mehr in diesem Teil des Hafenviertels gewesen.
Während der letzten Jahre hatten auf der Mainstreet die zwielichtigen Nachtbars und die schäbigen kleinen Clubs schicken Nepplokalen und hell erleuchteten, sehr sauberen Restaurants weichen müssen.
In dieser schmuddeligen Seitengasse aber war es immer noch so wie er es von früher her kannte. Es roch nach billigem Schnaps und fettigem Schweinefleisch, das in ranzigen Fett gebraten wurde. In den dunklen Ecken neben den baufälligen Häusern huschten die Ratten zwischen den überquellenden Mülltonnen und den meist offen stehenden Küchentüren hin und her.
Er bog zielstrebig um eine weitere Ecke und stand nach einigen Schritten vor einem halb verfallenen Backsteinbau. Über der offen stehenden, zweiflügeligen Eingangstür flackerte eine Leuchtreklame, bei der fast alle Buchstaben ausgefallen waren, trotzig den Namen "Grand Hotel" in den qualgeschwängerten Abendhimmel. Shrian zögerte nur einen winzigen Augenblick und trat ein.

Hinter dem schmutzigen braunen Tresen döste ein alter Mann auf einem wackeligen Hocker. Den Kopf hatte er an einen mächtigen Fächerschrank gelehnt, der die Zimmerschlüssel und etlichen Unrat beherbergte. Dem Tresen gegenüber standen einige abgeschabte Polstermöbel und ein kleiner Tisch, auf dem ein Stabel vergilbter Zeitungen lag. Als Lichtquelle diente eine einzige nackte Glühbirne, die von dem laut quietschenden Deckenventilator in sanfte Schwingung versetzt wurde. Shiran weckte den alten Mann und hielt ihm eine Fünfdollarnote unter die Nase. Wortlos griff der Alte die Banknote, gab Shiran einen Zimmerschlüssel und deutete mit einem mürrischen Kopfnicken in Richtung der nach oben führenden Treppe.

Vorsichtig stieg er die Treppe bis in das Obergeschoss hinauf und suchte nach seinem Zimmer.
Es lag am Ende eines verwinkelten Flurs. Er schloss die Tür hinter sich ab und stellte einen der beiden Stühle unter den Türknauf. Aus seiner Jacktasche nahm er eine kleine Flasche vietnamesischen Whiskey und trank diese in einigen gierigen Schlücken aus. Dann legte er sich auf das leicht modrig riechende Bett und schlief sofort ein. Ein quälender Traum begann.
Zuletzt geändert von biznbux am So 11. Apr 2010, 21:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Vidya Venn
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Vidya Venn »

Hey biznbux! Willkommen beim roten Satz.
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Buchecker
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Buchecker »

Stimmungsvoller Einstieg, biznbux!
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gildenhaus
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Re: Der rote Satz

Beitrag von gildenhaus »

Wie schön, dass noch jemand sich eingefunden hat! Herzlich Willkommen beim Roten Satz, biznbux!
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biznbux
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Re: Der rote Satz

Beitrag von biznbux »

Merci to @ll ! :D
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Kibabu
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Kibabu »

So, nachdem ich dem singenden Koch das Maul gestopft und die Königsnatter geköpft und gehäutet habe, kommt jetzt mein quälender Traumbeitrag:

Isi klappte die fettigen Pizzakartons zusammen und räumte sie weg. Dann ging sie zum Fenster, um kurz durchzulüften. Nebenan bei Eros war schon alles dunkel, aber im Gartenhäuschen war noch Licht. Dieser ausländische Untermieter schien eine rechte Nachteule zu sein. Isi kippte das Fenster und zog gleichzeitig die Rolläden ein Stück herunter, damit man nicht mehr hereinschauen konnte. Dann ging sie zur Balkontür und rief nach dem Kater. Der ließ sich allerdings nicht blicken, war wohl noch auf Jagd. Isi ging schwerfällig ins Bad und machte sich bettfein. Uff, war sie satt. Wie gern würde sie jetzt eine Verdauungszigarette rauchen! Vielleicht hätte sie doch keine extra große Calzone bestellen sollen so kurz vorm Schlafengehen. Die Pizza würde ihr jetzt die ganze Nacht bleischwer im Magen liegen. Sie ging ins Schlafzimmer, aus dem ihr schon die leisen Schnarchgeräusche ihres Angetrauten entgegentönten. Ach, oft beneidete sie ihn um seinen festen Schlaf. Isi seufte, kroch unter die Decke und versuchte, die Position zu finden, in der ihr voller Magen sie am wenigsten störte.

Etwa eine Stunde lang wälzte sie sich schlaflos herum, ihr gingen 1000 Sachen durch den Kopf. In letzter Zeit fühlte sie sich oft so unwohl, so beobachtet. Manchmal kam sie sich regelrecht verfolgt vor. Richtig paranoid. Sie lenkte sich ab, dachte an etwas Schönes, und endlich schlief sie ein. Aber dann begann ein Alptraum. Augen, überall waren Augen. Augen an der Fensterscheibe, Augen im Briefkastenschlitz, Augen anstelle eines Duschkopfes, Augen in der Kaffeetasse. Augen unterm Bett, Augen im Kleiderschrank, Augen in der Toilette.

Schweißgebadet fuhr Isi hoch. Erleichtert keuchte sie auf, zum Glück alles nur ein Traum. Schreckliche Vorstellung, überall und ständig beobachtet zu werden.
Sie stand auf und ging zur Balkontür. Der Kater war immer noch nicht da, aber vor der Tür lag ein halber Maulwurf. Isi schaute auf, als sie meinte, im Augenwinkel eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Bei Eros war nach wie vor alles dunkel, sie hatte sich wohl getäuscht. Kein Wunder, nach solchen Alpträumen konnte man sich schnell mal irgendwelchen Blödsinn einbilden. Sie schloss die Tür und ging wieder zu Bett.
Vor uns: 5 Monate Dunkelzeit
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gildenhaus
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Re: Der rote Satz

Beitrag von gildenhaus »

Kibabu hat geschrieben:So, nachdem ich dem singenden Koch das Maul gestopft und die Königsnatter geköpft und gehäutet habe, kommt jetzt mein quälender Traumbeitrag:

Und was hast du mit dem armen Tiger angestellt? :lol:
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biznbux
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Re: Der rote Satz

Beitrag von biznbux »

Achso, man muss den roten Satz gar nicht zitieren, das hatte ich nicht gecheckt ! :oops:
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Kibabu
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Kibabu »

Biznbux, bisher wurde das nicht bemängelt. Ich könnte ja noch schnell umformulieren. 8)

Gildenhaus, der Tiger liegt schnurrend zu meinen Füßen und lässt sich das Ohr kraulen.
Vor uns: 5 Monate Dunkelzeit
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Buchecker
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Buchecker »

Kann man machen, muss aber nicht. Wie's passt...
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Buchecker
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Buchecker »

Zwei unserer regelmäßigen Mitstreiter haben es sich in dieser Runde zur Aufgabe gemacht, die bisher nur durch einzelne Motive lose verknüpften Erzählstränge um Isi Hungerleider und Theodor Schemmelmann weiter auszubauen. Auffallend ist dabei, dass das aus der Isi-Saga sattsam bekannte Hunger-Motiv nun auch erstmals in den thematischen Mittelpunkt des Schemmelmann-Epos rückt.

Daneben steht ein hoffnungsvolles Debut: Die nur unter dem Pseudonym ‚biznbux‘ bekannte junge Autorin lässt schon in ihrem Erstlingswerk eine erstaunliche Stilsicherheit erkennen, gepaart mit einem scharfen Blick für das anschauliche Detail. Auch in ihrem literarischen Coming-Out, das verbindet die neue Stimme mit den etablierten Schriftstellerinnen, spielt die Nahrungs- und Getränkeaufnahme eine wichtige Rolle.

Der heutige Preis, ein Gutschein für eine einmonatige All-You-Can-Eat-Fat-Rate bei McBurger, geht an Kibabu.
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