Der Abend mit Hermann Wiedenroth im gut gefüllten Antiquariat Buch & Kunst war ein wunderbar entspannender und anregender Ausklang unserer antiquarischen Veranstaltungsbeiträge innerhalb des Literaturfestivals "BS//LIEST - Braunschweiger Buchwochen" (
http://www.bs-liest.de).
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"Nach meiner Heimkunft hielte ich mich gar eingezogen; meine größte Freud und Ergetzung war, hinter den Büchern zu sitzen, deren ich mir dann viel beischaffte, die von allerhand Sachen tractirten, sonderlich solche, die ein großes Nachsinnens bedurften."
Diese Zeilen aus Grimmelshausens "Simplicissimus", zu denen Gastgeber Michael Kröger die passende Szene in einer gerahmten Lithographie von A. Paul Weber präsentierte, wählte Hermann Wiedenroth als Einstieg in seinen Vortrag über die beglückende Welt des Büchersammelns und der antiquarischen Leidenschaft und Tätigkeit. Er fesselte das Publikum lebhaft und frei sprechend und zeigte dazu ausgewählte Beispiele der Buchkunst vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Jahrtausendwende: Bodenstedts "Sakuntala" in einem wilhelminischen Prachtband, "Aus dem Leben eines Taugenichts" von Eichendorff in reiner Jugendstil-Gestaltung, einen sogenannten Mumien-Druck mit künstlichen Alterungsspuren sowie "Liebe alte Reime" von Caspari als auf Leinen gedruckes Rag Book.
Der Einfluss englischer Privatpressen (u.a. die Kelmscott Press von William Morris) auf die Erneuerung der deutschen Buchkunst, die Bedeutung jüdischer Antiquare und Sammler für die Buchkunst des 20. Jahrhunders und der große, bis heute nicht zu behebende Verlust, den die Zerschlagung dieser Kultur durch den Nationalsozialismus bewirkte, die Gründung des Insel-Verlags und der Gesellschaft der Bibliophilen waren nur einige der Themen, die dabei gestreift und mit eindrucksvollen Werksbeispielen veranschaulicht wurden.
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Herr Wiedenroth verstand es auch, herausragende Sammler-, Antiquars- und Bibliothekarspersönlichkeiten wie Gotthilf Weisstein, Abraham Horodisch und Jürgen Eyssen in Erinnerungen und Anekdoten lebendig darzustellen und den Blick auf besondere Publikationsleistungen zu lenken, wie z.B. das Werk von Ernst Fischer "Verleger, Buchhändler und Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933", Dieter Gätjens' kommentierten Katalog der Bibliothek Arno Schmidts sowie in jüngster Zeit Fachveröffentlichungen von Dr. Lothar Hennighaus. Auch Herrn Wiedenroths eigener beruflicher Werdegang und der Verweis auf die umfangreiche Handbibliothek, wie sie wohl heutzutage nur noch wenige Antiquare aufbauen, erweitern und zur Grundlage sorgfältigen Bibliographierens heranziehen, hinterließen Eindruck. Ausstattungsvarianten, allein die große Zahl der verwendeten Ledersorten, Ephemera (kleine Prospekte, Exlibris, Probedrucke etc.), die man meist durch Zufall findet und kaum je durch gezielte Suche erwerben kann, Minibücher und auch inhaltlich kuriose und sehr spezielle Sammelgebiete stellte Herr Wiedenroth anschaulich vor - selbst hat er u.a. inzwischen etwa 1000 Werke zur Wirkungsgeschichte der Mormonen in der deutschsprachigen Literatur zusammengetragen, vom Groschenheft über Abenteuerliteratur bis zu modernen Klassikern - eine anfangs unvorstellbare Anzahl. Das Fazit: Es gibt eigentlich nichts, das nicht zum Grundstein einer interessanten Sammlung werden kann...
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Ein rundum gelungener Abend, gleichermaßen unterhaltsam und lehrreich: Vielen Dank an Hermann Wiedenroth und Michael Kröger (und an Günter Wolters,
http://www.wolters-design.de, dafür, dass er uns die guten Fotos zur Verfügung gestellt hat).
