fliegender Gerichtsstand
Verfasst: Fr 29. Feb 2008, 14:55
gestern bekam ich folgendes:
LG Krefeld - fliegender Gerichtstand ahoi!
Das LG Krefeld (Urteil vom 14.09.2007 - Az.: 1 S 32/07) hatte ueber die gerichtliche Zustaendigkeit bei Internetverletzungen zu entscheiden. Grundsaetzlich gilt bei Internetstreitigkeiten der so genannte fliegende Gerichtsstand nach § 32 ZPO. Das sah das Amtsgericht Krefeld anders, so dass das Landgericht in Krefeld diese Ansicht zu ueberpruefen hatte.
Hintergrund fuer diese Fragestellung war der Streit um die dem Klaeger entstandenen Abmahnkosten im Hinblick auf zwei Meldungen, die ueber die von der Beklagten betriebene Internetadesse abrufbar waren. Der Klaeger behauptet, die entsprechenden Meldungen seien unwahr, haetten massiv in sein Recht am eingerichteten und ausgeuebten Gewerbebetrieb eingegriffen und seien geeignet gewesen, den Wert aller seiner Unternehmungen erheblich zu beeintraechtigen. Er mahnte die Beklagte ab, die daraufhin die begehrte Unterlassungserklaerung abgab, freilich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Zudem zahlte sie die Kosten der Abmahnung, berechnete diese aber aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- statt aus EUR 100.000,- wie sie der Klaeger vorgerechnet hatte. Der Klaeger forderte den Differenzbetrag der Abmahnkosten gerichtlich ein.
Das Amtsgericht Krefeld (Urteil vom 14.02.2007, Az.: 4 C 305/06) wies die Klage mit der Begruendung ab, man sei oertlich unzustaendig. Die
Zustaendigkeit ergebe sich nicht aus § 32 ZPO, der bei Rechtsverletzungen durch Internetinhalte die Moeglichkeit eroeffnet, an jedem Ort, an dem man die Inhalte abrufen kann, zu klagen. Das geht dem Amtsgericht Krefeld zu weit, und meint, es muesse ein Bezug zum Ort der Klage bestehen: "Der Geschaedigte selbst muesse am Ort des von ihm gewaehlten Gerichtsstandes von der Veroeffentlichung entweder unmittelbar oder zumindest dergestalt mittelbar getroffen werden, dass ein Dritter die Veroeffentlichung zur Kenntnis genommen und hierdurch veranlasst in einer sich auf den Geschaedigten auswirkenden Weise reagiert hat."
Die Annahme, dass Internetadressen weltweit abgerufen werden koennen und man deshalb an jedem beliebigen Ort Klage erheben koenne, verstosse gegen das Willkuerverbot und das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG).
Darueber hinaus sei die Klage aber auch unbegruendet, da der Klaeger nicht vorgetragen habe, es sei ihm ein Schaden in der geltend gemachten Hoehe entstanden.
Der Klaeger ging in Berufung vor das Landgericht Krefeld. Doch auch das wies die Klage ab. Allerdings geht es von der oertlichen Zustaendigkeit des AG Krefeld aus,
bekraeftigt jedoch, dass eine uferlose Ausdehnung des "fliegenden Gerichtsstandes" (§ 32 ZPO) entgegengewirkt werden muesse.
Freilich sei der vom AG Krefeld gesetzte Massstab, wonach es im Hinblick auf das Willkuerverbot darauf ankomme, wo sich die behauptete unerlaubte Handlung in dem konkreten Verhaeltnis der Prozessparteien
ausgewirkt hat, zu eng.
Einer Benennung eines Dritten, der die streitbefangene Veroeffentlichung auch tatsaechlich zur Kenntnis nimmt und hierdurch in einer den Klaeger schaedigenden Weise reagiert, bedarf es nicht. Der Geschaedigte kann in der Regel den Dritten gar nicht benennen, weil er es gar nicht mitbekommt, wenn und wo der Dritte von den falschen Aeusserungen Kenntnis nimmt. Massgebend ist nach Auffassung des Landgerichts, ob sich die schaedigenden Inhalte im Bezirk des angerufenen Gerichts und im konkreten Fall bestimmungsgemaess auswirken sollte. Es haette also der Wirkungskreis der Aeusserungen ueberprueft werden muessen. Das gilt im Streitfall fuer ganz Deutschland und damit auch fuer Krefeld, weshalb das AG Krefeld tatsaechlich zustaendig ist.
Gleichwohl scheiterte die Klage, weil, nach Ansicht des LG Krefeld, der Klaeger auch weiterhin keinen konkretisierenden Vortrag zur Hoehe des Streitwerts von EUR 100.000,-, aus dem sich die Gebuehren der Abmahnung errechnen, vorbrachte.
Der Gegenstandswert liess sich immer noch nicht nachvollziehen.
Der vom Beklagten angenommene Wert von EUR 10.000,- sei deshalb in Ordnung. Die daraus ergebende Schuld sei beglichen und die Klage abzuweisen.
Die Diskussion um den fliegenden Gerichtsstand in Internetrechtsstreiten ist in vollem Gange. Was sich die Gerichte dazu weiter einfallen lassen, werden wir beobachten und davon berichten.
Urteil des LG Krefeld: http://snipurl.com/1rzy9
Quelle: domain-recht.de - IWGA Newsletter vom 28.02.08
LG Krefeld - fliegender Gerichtstand ahoi!
Das LG Krefeld (Urteil vom 14.09.2007 - Az.: 1 S 32/07) hatte ueber die gerichtliche Zustaendigkeit bei Internetverletzungen zu entscheiden. Grundsaetzlich gilt bei Internetstreitigkeiten der so genannte fliegende Gerichtsstand nach § 32 ZPO. Das sah das Amtsgericht Krefeld anders, so dass das Landgericht in Krefeld diese Ansicht zu ueberpruefen hatte.
Hintergrund fuer diese Fragestellung war der Streit um die dem Klaeger entstandenen Abmahnkosten im Hinblick auf zwei Meldungen, die ueber die von der Beklagten betriebene Internetadesse abrufbar waren. Der Klaeger behauptet, die entsprechenden Meldungen seien unwahr, haetten massiv in sein Recht am eingerichteten und ausgeuebten Gewerbebetrieb eingegriffen und seien geeignet gewesen, den Wert aller seiner Unternehmungen erheblich zu beeintraechtigen. Er mahnte die Beklagte ab, die daraufhin die begehrte Unterlassungserklaerung abgab, freilich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Zudem zahlte sie die Kosten der Abmahnung, berechnete diese aber aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- statt aus EUR 100.000,- wie sie der Klaeger vorgerechnet hatte. Der Klaeger forderte den Differenzbetrag der Abmahnkosten gerichtlich ein.
Das Amtsgericht Krefeld (Urteil vom 14.02.2007, Az.: 4 C 305/06) wies die Klage mit der Begruendung ab, man sei oertlich unzustaendig. Die
Zustaendigkeit ergebe sich nicht aus § 32 ZPO, der bei Rechtsverletzungen durch Internetinhalte die Moeglichkeit eroeffnet, an jedem Ort, an dem man die Inhalte abrufen kann, zu klagen. Das geht dem Amtsgericht Krefeld zu weit, und meint, es muesse ein Bezug zum Ort der Klage bestehen: "Der Geschaedigte selbst muesse am Ort des von ihm gewaehlten Gerichtsstandes von der Veroeffentlichung entweder unmittelbar oder zumindest dergestalt mittelbar getroffen werden, dass ein Dritter die Veroeffentlichung zur Kenntnis genommen und hierdurch veranlasst in einer sich auf den Geschaedigten auswirkenden Weise reagiert hat."
Die Annahme, dass Internetadressen weltweit abgerufen werden koennen und man deshalb an jedem beliebigen Ort Klage erheben koenne, verstosse gegen das Willkuerverbot und das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG).
Darueber hinaus sei die Klage aber auch unbegruendet, da der Klaeger nicht vorgetragen habe, es sei ihm ein Schaden in der geltend gemachten Hoehe entstanden.
Der Klaeger ging in Berufung vor das Landgericht Krefeld. Doch auch das wies die Klage ab. Allerdings geht es von der oertlichen Zustaendigkeit des AG Krefeld aus,
bekraeftigt jedoch, dass eine uferlose Ausdehnung des "fliegenden Gerichtsstandes" (§ 32 ZPO) entgegengewirkt werden muesse.
Freilich sei der vom AG Krefeld gesetzte Massstab, wonach es im Hinblick auf das Willkuerverbot darauf ankomme, wo sich die behauptete unerlaubte Handlung in dem konkreten Verhaeltnis der Prozessparteien
ausgewirkt hat, zu eng.
Einer Benennung eines Dritten, der die streitbefangene Veroeffentlichung auch tatsaechlich zur Kenntnis nimmt und hierdurch in einer den Klaeger schaedigenden Weise reagiert, bedarf es nicht. Der Geschaedigte kann in der Regel den Dritten gar nicht benennen, weil er es gar nicht mitbekommt, wenn und wo der Dritte von den falschen Aeusserungen Kenntnis nimmt. Massgebend ist nach Auffassung des Landgerichts, ob sich die schaedigenden Inhalte im Bezirk des angerufenen Gerichts und im konkreten Fall bestimmungsgemaess auswirken sollte. Es haette also der Wirkungskreis der Aeusserungen ueberprueft werden muessen. Das gilt im Streitfall fuer ganz Deutschland und damit auch fuer Krefeld, weshalb das AG Krefeld tatsaechlich zustaendig ist.
Gleichwohl scheiterte die Klage, weil, nach Ansicht des LG Krefeld, der Klaeger auch weiterhin keinen konkretisierenden Vortrag zur Hoehe des Streitwerts von EUR 100.000,-, aus dem sich die Gebuehren der Abmahnung errechnen, vorbrachte.
Der Gegenstandswert liess sich immer noch nicht nachvollziehen.
Der vom Beklagten angenommene Wert von EUR 10.000,- sei deshalb in Ordnung. Die daraus ergebende Schuld sei beglichen und die Klage abzuweisen.
Die Diskussion um den fliegenden Gerichtsstand in Internetrechtsstreiten ist in vollem Gange. Was sich die Gerichte dazu weiter einfallen lassen, werden wir beobachten und davon berichten.
Urteil des LG Krefeld: http://snipurl.com/1rzy9
Quelle: domain-recht.de - IWGA Newsletter vom 28.02.08