Amazon Preisparität

Diskussionen für Händler rund um rechtliche Fragen.
Marcus T. Cicero
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Re: Amazon Preisparität

Beitrag von Marcus T. Cicero »

I.
blokk hat geschrieben:Anfangs galt die Preisparität auch für Bücher. Und glaub nicht, dass ama kurze Zeit später die Bücher aus Händlerfreundlichkeit wieder rausgenommen hat.
Weniger Händlerfreundlichkeit als die vom ZVAB gegen Amazon am LG München erwirkte einstweilige Verfügung wirkte motivierend. Siehe die entsprechenden Postings von Ende April 2010 in diesem Thread sowie die Pressemitteilung des ZVAB vom 22.10.2010 http://www.zvab.com/press/Preisparitaet.pdf .

Amazon hatte nach der einstweiligen Verfügung klar und deutlich geschrieben:

"Die Bedingungen zur Preisparität gelten grundsätzlich für alle Artikel, die Sie auf einer der Amazon EU-Verkaufsplattformen anbieten. Die Preisparität gilt nicht für das Angebot von Büchern auf Amazon.de."

Das Fettgedruckte ist irgendwann zwischen 2010 und 2013 nach dem Kauf von ZVAB wieder verschwunden. :D
Siehe jetzt Punkt 2 und 3 auf http://www.amazon.de/gp/help/customer/d ... 458420#all

II.
Amazon-Deutschland-Chef Ralf Kleber im Interview mit Spiegel Online bzgl. Preisparität:

„Kleber: Ich glaube, da wird Amazon und dem Online-Handel ein bisschen zu viel Bedeutung beigemessen. Die Mehrzahl aller Produkte in Deutschland wird immer noch Offline verkauft. Außerdem kenne ich genügend Wettbewerber von Amazon im Online-Umfeld, die auch relevant sind. Die meisten Händler sind ja auf verschiedenen Plattformen präsent.“

http://www.spiegel.de/wirtschaft/untern ... 84793.html

Die Verteidigungsstrategie von Amazon ist klar:
die eigene Bedeutung und die von Online-Handelsplattformen generell - trotz der seit Jahren rasant wachsenden Marktanteile - herunterspielen.

Im Buchhandel mit Amazon selbst, seinem Marketplace und mit verbundenen Unternehmen wie Abebooks und ZVAB vertreten dürfte Herr Kleber beim Sich-Verstecken Probleme haben. :D

Das ganze Konzept der Preisparität schränkt den Wettbewerb ein, weil natürlich kein Anreiz mehr besteht, auf an sich kostengünstigeren Plattformen wie Booklooker zu kaufen, eigene für den Kunden günstigere Shopwebsites zu erstellen, oder neue Marktplätze zu entwickeln - sogenannte Markteintrittsbarrieren.

Gerade kleine gewerbliche Anbieter docken an große Plattformen wie eBay oder Amazon an, um im WWW wahrgenommen zu werden. Daraus entsteht die Abhängigkeit deren Konditionen zu schlucken.

Private Verkäufer sind von Haus aus auf Plattformen mit gewissem Bekanntheitsgrad angewiesen.

Für die Entscheidung des Landgerichts München war der Marktanteil vom Amazon im (Gebraucht-)Buchhandel von Relevanz.

Umso erfreulicher, dass der Präsident des Bundeskartellamts Mundt die Sache von ihrer grundsätzlichen Bedeutung her erkannt hat:

„Die Amazon-Preisparitätsklausel, die den Händlern die Freiheit nimmt, ein über Amazon angebotenes Produkt an anderer Stelle im Internet preiswerter anzubieten, kann gegen das allgemeine Kartellverbot verstoßen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn durch die Beschränkung der Preissetzungsfreiheit der Händler auch der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Internet-Marktplätzen beschränkt wird. Hierfür spricht einiges, da die Händler unter normalen Umständen ja ein Interesse haben, ihre Waren auf mehreren Marktplätzen im Internet anzubieten.“

Quelle: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch ... _02_20.php

Die wettbewerbsrechtliche Entwicklung sollte dahin gehen, Preisparitätsklauseln im Onlinehandel grundsätzlich zu verbieten bzw. höchstens in begründeten Fällen Ausnahmen zuzulassen, anstatt Preisparitätsklauseln grundsätzlich zuzulassen und diese erst ab einem bestimmten Anteil eines Marktakteurs einzuschränken. :!:
Marcus T. Cicero
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Re: Amazon Preisparität

Beitrag von Marcus T. Cicero »

Ende Februar 2013 sah die Lage noch so aus:
Marcus T. Cicero hat geschrieben:Umso erfreulicher, dass der Präsident des Bundeskartellamts Mundt die Sache von ihrer grundsätzlichen Bedeutung her erkannt hat:

„Die Amazon-Preisparitätsklausel, die den Händlern die Freiheit nimmt, ein über Amazon angebotenes Produkt an anderer Stelle im Internet preiswerter anzubieten, kann gegen das allgemeine Kartellverbot verstoßen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn durch die Beschränkung der Preissetzungsfreiheit der Händler auch der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Internet-Marktplätzen beschränkt wird. Hierfür spricht einiges, da die Händler unter normalen Umständen ja ein Interesse haben, ihre Waren auf mehreren Marktplätzen im Internet anzubieten.“

http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch ... _02_20.php

Die wettbewerbsrechtliche Entwicklung sollte dahin gehen, Preisparitätsklauseln im Onlinehandel grundsätzlich zu verbieten bzw. höchstens in begründeten Fällen Ausnahmen zuzulassen, anstatt Preisparitätsklauseln grundsätzlich zuzulassen und diese erst ab einem bestimmten Anteil eines Marktakteurs einzuschränken. :!:
Ende August 2013:

"Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 27.08.2013

Amazon kündigt an, Preisparität nicht mehr durchzusetzen

Bonn, 27. August 2013: Amazon hat dem Bundeskartellamt mitgeteilt, dass das Unternehmen beabsichtigt, die Preisparität auf dem Amazon Marketplace nicht mehr durchzusetzen. Danach müssen Händler jedenfalls auch bei Amazon den jeweils günstigsten Preis anbieten. Nach der Mitteilung sind die entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen Teil der Händler bereits geändert worden.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Das Bundeskartellamt bewertet derzeit, ob die Maßnahmen nach Form, Inhalt und Umfang ausreichen, das Verfahren gegen Amazon insoweit zu erledigen. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass das Unternehmen von der Preisparität endgültig Abstand nimmt und auch nach den Umständen keine Wiederholungsgefahr mehr besteht. All dies ist derzeit noch Gegenstand unserer Prüfung.“"


Quelle: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch ... _08_27.php

Herr Mundt ging dem Geschwätz von Amazon-Geschäftsführer Kleber nicht auf den Leim
(siehe den gesamten Thread vom 22.02.2013 viewtopic.php?f=8&t=8440&start=112 )
und das ist gut so. :D

Wenn man sich vor Augen hält, an welch' langer Leine die Kartellbehörden weltweit einen Online-Giganten wie Amazon bislang laufen ließen, mag einem Merkels Spruch vom Juni diesen Jahres in den Sinn kommen:
"Das Internet ist für uns alle Neuland."

Jetzt dürften die Richter am Kölner Landgericht wissen, wie es bzgl. der Klage von HOOD gegen Amazon (http://www.versandhausberater.de/blog/a ... rerst.html) bzgl. der Preisparität weitergehen sollte. :D
Marcus T. Cicero
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Re: Amazon Preisparität

Beitrag von Marcus T. Cicero »

"Am 10. Oktober 2013 fand in Bonn auf Einladung des Bundeskartellamtes die Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht s(t)att. Über 100 Kartellrechtsexperten aus der Richterschaft, Ministerien, Universitäten und Wettbewerbsbehörden diskutierten in diesem Jahr über „Vertikale Beschränkungen in der Internetökonomie“.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes:

„Mit der stetig wachsenden Bedeutung des Internets für eine zunehmende Zahl von Wirtschaftszweigen, stellen sich auch eine Vielzahl schwieriger kartellrechtlicher Fragen.

Oft sind es altbekannte Themen, wie die Preisbindung durch Hersteller oder auch Beschränkungen in selektiven Vertriebssystemen, die sich in neuem Gewand präsentieren.

Beispiele sind die aktuellen Verfahren des Bundeskartellamtes gegen Markenproduzenten, wie Asics und Adidas, um zu überprüfen, ob die Beschränkung des Internetvertriebs über Drittplattformen, wie Amazon oder Ebay rechtens ist.

In anderen Verfahren prüfen wir Wettbewerbsbeschränkungen durch Plattformen. Sogenannte Bestpreisklauseln, wie sie etwa vom Hotelbuchungsportal HRS mit Hotels oder von Amazon mit Händlern des Amazon-Marktplatzes vereinbart wurden, können den Wettbewerb erheblich beeinträchtigen.“


Quelle: Pressemitteilung des Bundeskartellamtes http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch ... _10_14.php (Eigene Hervorhebung)

Aus der SZ dazu:

"Amazon ist mit Abstand der größte Onlinehändler der Welt. Allein in Deutschland lag der Umsatz im vergangenen Jahr bei 6,5 Milliarden Euro, etwa bei Unterhaltungselektronik und Büchern wird der Marktanteil auf bis zu 25 Prozent geschätzt.
Deutschland ist für die Amerikaner der wichtigste Auslandsmarkt, vor Japan und Großbritannien.

"Die Bedingungen, zu denen Amazon den sogenannten Marketplace betreibt, haben wettbewerbsbehindernde Wirkung. Außerdem werden dadurch Marktzutrittsbarrieren errichtet", betont Mundt.
...

"Es läuft ein Verfahren, und wir sind mit Amazon im Gespräch, um diese Wettbewerbsbehinderung zu beseitigen. Falls nötig werden wir gegen Amazon auch eine glasklare Verfügung erlassen", kündigte Mundt an."

Quelle: (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/e ... -1.1799051) (Eigene Hervorhebung)

Im zitierten SZ-Artikel kommt auch der bereits erwähnte Fall von HRS zur Sprache.
Sieht also danach aus, als ob das Kartellamt Amazon nicht mehr lange nach Gutdünken schalten und walten lässt. :D
Marcus T. Cicero
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Re: Amazon Preisparität

Beitrag von Marcus T. Cicero »

Neues von AMAZON

Wichtige Information zu den Richtlinien für Preisparität
11.11.2013

Wir hatten Ihnen Ende August 2013 mitgeteilt, dass Amazon die Preisparität für Marketplace beendet hat und wir die entsprechende Regelung aus unserem EU Business Solutions Vertrag und den Teilnahmebedingungen für Marketplace entfernt haben, sowie auf die Durchsetzung der Regelung in den übrigen Verträgen vollständig und endgültig verzichten. Wir möchten noch einmal klarstellen, dass die Preisparitätsklausel in Ihrem Vertrag vollständig entfernt oder darauf verzichtet worden ist und in keinem Fall durchgesetzt werden wird. Sie sind selbstverständlich frei darin, Ihre Preise bei Amazon Marketplace zu bestimmen.

Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit und darauf, unseren Kunden einen erstklassigen Service zu bieten.


Quelle: Amazon

:lol: SELBSTVERSTÄNDLICH :lol: - OHNE Druck durch das Kartellamt hätte sich nichts bewegt. :D
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