Das Schiff von Stefán Máni

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Keksigirl
Beiträge: 25
Registriert: Do 6. Nov 2008, 14:47

Das Schiff von Stefán Máni

Beitrag von Keksigirl »

Teuflischer Tanz mit dem Tod

Inhalt:

Saeli, Runàr, Jòn Karl, Àsi, Isàk, Òli, Gummi und Jònas bilden die Crew des Frachtschiffes Per se. Doch über jedem Mitglied der Crew schwebt ein dunkler Schatten. Kurz vor der Abfahrt wird auch noch bekannt, das die Reederei die Veträge kündigen will, was die Besatzung sehr ärgerlich und ängstlich stimmt. Das Schiff gerät in einen Sturm, der Hass, die Angst und das misstrauen kochen in den einzelnen Männern und treiben einige von ihnen in den Wahnsinn. Funk, Radar... keiner kann sich mehr sicher fühlen. Doch nicht nur Männer sind gefährlich, auch das Meer bietet einige Gefahren und so beginnt bald ein Tanz mit dem Tod...

Meine Meinung:

Ein hoch verschuldeter Familienvater, ein skrupelloser Geldeintreiber, ein Mann der seine Frau erschlagen hat, ein von Schuldgefühlen geplagter Kapitän, ein von Satan faszinierter Seemann, ein Mann im Kampf gegen den Alkohol und weitere Crewmitglieder voller dunkler Gefühle - das sind die Protagonisten von Stefàn Màni's Romans "Das Schiff". Ihre Namen sind genauso gewöhnungsbedürftig wie ihr Charakter, sie alle sind knofus & verwirrt, alle haben Dreck am Stecken und manche von ihnen dazu noch ein paar Schrauben locker. Das alles wirkt arg konstruiert und wenig glaubwürdig, ein Zusammentreffen so vieler dunkler Persönlichkeiten ist doch eher unwahrscheinlich.
Überzeugend dagegen sind die Parallelen die der Autor zwischen den Protagonisten und ihrer Umwelt schafft. Während die Männer gegen ihre Probleme kämpfen, kämpft die Per se gegen die äußeren Bedingungen. Si entsteht trotz inhaltlicher Schwächen ein annehmbares Konzept.
Unterstützend wirkt hier auch die Covergestaltung, die diese Umstände übermitteln kann.

Die Handlung umfasst 412 Seiten und einen Zeitraum von mehr als 3 Monaten. Der Roman beginnt mit mehreren Handlungssträngen die erst nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, aber dann schnell zusammenfließen. Die Handlung im Roman wird meist parallell verlaufend geschildert, d.h. ein Zeitraum wird aus Sicht verschiedener Protagonisten geschildert. Teils läuft die Handlung aber auch chronologisch ab. Leider sind auch zum Teil sehr große Zeitsprünge enthalten. Dies alles macht es an manchen Stellen etwas anstrengend das Buch zu lesen.
Fast die komplette Handlung spielt sich auf dem Schiff, dadurch enthält der Mittelteil viele, recht langatmige Passagen. Doch ein paar unerwartete Vorkommnisse sorgen für Lichtblicke und erzeugen Spannung.

Die Sprache ist düster & teils nüchtern, bedrohlich & beunruhigend, offen & ungeschönt. Sie ist der Stimmung an Bord, aber auch dem wilden Treiben des Meeres angepasst. Der Autor spricht auch das Gehör des Lesers an, in dem er Geräusche wie "Bumm Bumm" oder "Klick Klick" umgangssprachlich übermittelt. Diese Geräusche haben auch erheblichen Einfluss auf die Handlungsweisen der Protagonisten.

Fazit:

Alles in allem ein lesenswertes Buch, in dem Handlung, Psyche und Witterung perfekt aufeinander abgestimmt sind. Ein Buch voller Höhen und Tiefen, wie auch die Wellen des Meeres, die das Schiff umspülen.
brasida
Beiträge: 32
Registriert: Mi 3. Dez 2008, 15:55

Fünf, fünf, fünf ... ein Schiff

Beitrag von brasida »

Inhalt:
Ein Schiff und seine Crew. Jedes Besatzungsmitglied der Per se hat sein dunkles Geheimnis, als das Schiff in den frühen Morgenstunden des 11.09.2001 von Grundartangi aus in See sticht.
Geplant ist eine zweiwöchige Überfahrt von Island nach Surinam.
Für den Kapitän Gudhmundur Berndson soll es die letzte große Fahrt sein.
Für den Matrosen Arsall Egilsson steht seine finanzielle Zukunft auf dem Spiel.
Der zweite Steuermann Jonas Jonasson flüchtet nach einem schrecklichen Verbrechen.
Karl sollte eigentlich gar nicht mit an Bord sein.
Jeder der Männer hat Gründe die Überfahrt auf die eine oder andere Weise zu sabotieren. Werden sie ihr Ziel erreichen?

Meine Meinung:
Ich bin absolut begeistert von diesem Buch.
Obwohl praktisch die komplette Handlung auf dem Frachtschiff Per se stattfindet, hat mich "Das Schiff" durch seinen Abwechslungsreichtum und die Komplexität des Handlungsstrangs gefesselt. Zu Beginn fällt es noch schwer, die vielen unterschiedlichen Protagonisten und ihre Episoden miteinander zu verbinden, doch mit fortschreitender Handlung werden auch die Verbindungen der Bruchstücke immer klarer.
Besonders die bildhafte Sprache von Stefan Mani, die jeden Charakter mit präzisen Beschreibungen wiedergibt, ist mir positiv aufgefallen. Vom gehetzten Familienvater, bis zum Alkoholiker oder einem offensichtlichem Verbrecher sind allen Personen eindrucksvolle Passagen gewidmet, die den eigentlich wichtigen Aspekt des Buchs - die Abgründe der menschlichen Psyche ? offenbaren.
Schon das Datum zum Beginn der Romanhandlung wird nicht zufällig gewählt sein. Der 11.September 2001 hat für Veränderungen in der Welt gesorgt und so ist es auch die heile Welt der Schiffsbesatzung, die an diesem unheilvollen Datum zu bröckeln beginnt. Abgeschnitten von der Außenwelt haben die Ereignisse in New York für die Crew der Per se keine Bedeutung, doch es sind nicht nur Anschläge auf Nationen oder Gebäude die zu fürchten sind. In "Das Schiff" ist es der Anschlag auf die Gemeinschaft, der Egoismus des Einzelnen, die mangelnde Kommunikation und das fehlende Vertrauen, die den Untergang herbei führen.
Für europäische Zungen sind die isländischen Namen sicherlich eine Herausforderung, aber das sollte nicht von dieser neuen Erfahrung abhalten einen Roman eines isländischen Autors zu lesen. Das Einzige was mich bei diesem Buch noch zufriedener hätte machen können, wären ein paar kleine Seekarten gewesen, um die Schiffspositionen in Längen- und Breitengraden besser nachverfolgen zu können. Bei diesem Buch sind jedoch die Aufmachung, das Cover und der Titel in sich stimmig und tragen positiv zur Gesamteindruck bei.
Letztendlich stellt sich mir nun die Frage, ob das Böse in jedem von uns steckt oder tatsächlich Satan unter uns wandelt.

Fazit:
Spannung pur und ein sprachlicher Hochgenuss!
villawiebke
Beiträge: 4
Registriert: Fr 9. Jan 2009, 19:09

düster, beklemmend und unheimlich spannend

Beitrag von villawiebke »

Wind und Regen
tiefbewölkter Himmel
berghohe grauschwarze Wellen
wogende Finsternis

Genau so wie Stefán Máni den Sturm beschreibt, der dem Schiff auf seiner langen Reise von Island nach Südamerika zu schaffen macht, genau so öffnet sich sein Buch dem Leser. Wolkenverhangen, grauschwarz, keine Aussicht auf einen hellen Streifen am Horizont.
Jeder der neun Besatzungsmitglieder des Schiffes besitzt seine eigene düstere Vergangenheit, die ihn plagt und die er mit allen Mitteln vor den anderen zu verbergen sucht. Mißtrauen und Feindseligkeiten finden ungehindert Nahrung in dieser Umgebung und fressen sich in die Gehirne der Männer ein. Kein Wunder, dass ein Saboteur leichtes Spiel hat und ungehindert erst den Kontakt zur Außenwelt kappt, es später auch noch schafft, den Motor des Schiffes lahmzulegen. Und als wären es nicht schon genug der unlösbaren Probleme für die Crew, wird die ?Per se? in dieser ausweglosen Situation auch noch von Piraten angegriffen. Der Kampf ums Überleben beginnt, ohne auch nur die Chance auf ein Ende zu finden.

In seinem Buch ?Das Schiff? schafft es Stefán Máni eine enorme Spannung aufzubauen und zu halten. Liegt es nun an der beklemmenden Atmosphäre, an der Hoffnung, dass es einfach besser werden muss oder liegt es einfach an dem Talent des Autors die Geschehnisse so wirklichkeitsnah zu beschreiben, dass man es nicht schafft, das Buch zur Seite zu legen. Ich weiß es nicht. Aber eine kleine Nachbemerkung kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen. ?Das Schiff? ist eher ein Buch für die Jungs unter uns, als für die Mädchen.
LilStar
Beiträge: 50
Registriert: Do 13. Nov 2008, 16:35

Beitrag von LilStar »

Das Frachtschiff Per se macht sich mit seiner knappen Besatzung auf den Weg nach Südamerika. Zu seiner Besatzung hat sich ein fremder Passagier eingeschlichen. Jòn Karl, der in der Unterwelt besser bekannt ist als Satan. Gefürchtet und skrupellos. Jeder der Männer auf dem Schiff hat seine eigenen Probleme und Geheimnisse. Wirklich zufrieden ist niemand und alle zusammen sind von der Angst gequält, dass dies ihre letzte Fahrt ist, da die Reederei viele Leute entlassen will. Das sorgt für weitere Spannung unter der Crew und es kommt fast zu einer Meuterei. Was bis dahin noch keiner weiß ist, dass dies tatsächlich die letzte Fahrt der Seeleute sein wird. Allerdings aus anderen Gründen als befürchtet ...

In diesem Buch wimmelt es nur so vor schlechter Stimmung, Geheimnissen und Wahnsinn. So viele Leute auf einem Schiff, die alle ihr eigenes Ziel verfolgen, teils krank sind, teils wahsinnig und von Psychopharmaka abhängig. Es kommt wie es kommen muss. Zunächst läuft nur ein wenig schief, aber die Ereignisse lassen sich nicht mehr stoppen, der eine mißtraut dem anderen, am Ende vertraut niemand mehr irgendwem, einige wahnsinnig geworden, vertrauen nicht einmal mehr ihrem eigenen Urteil.
Durch mehr oder weniger mysteriöse Ereignisse und einem Zusammentreffen mit Piraten, kommt das Schiff schließlich komplett von seinem Kurs ab und landet im ewigen Eis.

Sprachlich gesehen ist das Buch ein absoluter Hochgenuss. Es macht einfach Spaß zu lesen, sich mitreißen zu lassen und mit den Wellen zu schaukeln. Auch stimmungsmäßig ist das Buch total überschwappend und ansteckend und sehr, sehr düster und brutal, was sicherlich nicht jedermanns Sache ist.
Spannung ist auf jeden Fall vorhanden, denn man will dringend wissen, was es mit den ganzen Geschehnissen nun auf sich hat und wie die Geschichten der einzelnen Seeleute zu Ende gehen, ob sie überhaupt überleben.
Durch den oftmaligen Perspektivenwechsel ist ebenso eine Menge Abwechslung geboten.

Und da bin ich auch schon bei den Sachen, die mir nicht gefallen haben: Das Ende.
Ich habe nichts gegen Übernatürliches in Büchern, egal ob mehr davon oder doch weniger. Aber es soll schon irgendwie in sich schlüssig und nachvollziehbar sein. Das hat mir bei diesem Buch in jedem Fall gefehlt.
Ich finde es zwar gut zum Schluß noch selbst ein wenig Spielraum für Gedanken zu haben, aber eine gewisse Richtung hätte ich dann schon gehabt, die ich hätte einschlagen können.
Außerdem gefiel es mir auch nicht, dass einige Handlungsstränge vom Anfang nicht mehr aufgegriffen und einfach vergessen wurden.

Insgesamt allerdings ein ziemlich gutes Buch, wenn man mal vom Ende absieht.
urlaubsbille
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Registriert: Di 18. Nov 2008, 19:55
Wohnort: Rotenburg (Wümme)

Beitrag von urlaubsbille »

Am Anfang werden die einzelnen Mannschaftsmitglieder und deren soziales Umfeld vorgestellt. Danach dreht sich alles nur noch um die Per Se. Durch die recht detaillierten Beschreibungen einzelner Situationen, konnte ich mich gut in die Stimmung an Bord einfinden. Immer wieder gibt es ungeahnte Wendungen, die den Spannungsbogen aufrechterhalten. Das Ende war mir zu plötzlich und viele am Anfang aufgeworfene Fragen blieben unbeantwortet.

Das Buch war gut zu lesen und hat Spaß gemacht. Das Cover passt zum Buch.
sillesoeren
Beiträge: 22
Registriert: Sa 8. Nov 2008, 17:02

Höllenfahrt!

Beitrag von sillesoeren »

Neun Matrosen auf ihrer letzten Fahrt.
:shock:
Der Leser weiß, dass es die letzte Fahrt für diese Crew ist, weil die Reederei das Schiff verkauft hat. Er weiß auch, dass es die letzte Fahrt für den Kapitän ist, weil sich dieser zur Ruhe setzen will. Also ist es eine besondere Fahrt für alle. Wie besonders sie wird, ahnt der Leser spätestens nach der detaillierten Vorstellung der einzelnen Crewmitglieder, von denen einer sogar vollkommen ungeplant und zufällig auf das Schiff kommt.

Das Buch beginnt mit der vergleichsweise harmlosen Beschreibung des letzten Abends an Land bei der Familie eines Matrosen. Doch schon die letzten Stunden der anderen Männer an Land lassen Böses ahnen. Und in der Tat entwickelt sich der Plot schnell zu einer düsteren Beschreibung der üblen Schicksale, Machenschaften und Charaktere der Crewmitglieder. Gewalt, Hass, Wut und Verzweiflung habe ich lange nicht mehr in einer solchen Vollendung beim Lesen gespürt. Selbst Szenen, die bei Tag spielten, wirkten düster und niederschmetternd. Wenn aus dieser Ausgangskonstellation am Ende alle lebend, gesund und zufrieden heraus gekommen wären, hätte ich die Welt nicht mehr verstanden.
Faszinierend empfand ich die Erzählweise von Stefán Máni, der mitunter eine Szene aus drei verschiedenen Blickwinkeln erzählte. So wird die Sicht und Handlungsweise der Besatzungsmitglieder klarer, die Spannung erhöht sich weiter.

Dass ausgerechnet der offensichtliche Verbrecher bei mir die größten Sympathien erwirbt, verblüfft mich beim Lesen sehr. Alle Charaktere sind interessant gezeichnet. Auch deren Empfindungen kann ich gut nachvollziehen, besonders eben das stete, nervenaufreibende bumm - bumm - bumm empfand ich allein beim Lesen schon als beklemmend.
Einen fünften Punkt verweigere ich dem Buch, weil mir in der zweiten Hälfte die Vielzahl der aufeinander folgenden Katastrophen nun doch etwas zu konstruiert wirkt. Insgesamt aber war es ein großer Lesegenuss und bestimmt nicht das letzte Buch, das ich von diesem Autor lese.

P.S. Mir will nicht klar werden, ob dieses Buch wirklich in der Kategorie "Kriminalroman" gut aufgehoben ist. Vielleicht eher Thriller? Selbst Abenteuerroman oder Horror würden m.E. eine Spur besser passen
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