Der nützliche Freund - Ulrich Wickert

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LilStar
Beiträge: 50
Registriert: Do 13. Nov 2008, 16:35

Der nützliche Freund - Ulrich Wickert

Beitrag von LilStar »

Inhalt:
Untersuchungsrichter Jacques Ricou verbringt den Abend in seinem Lieblingsbistro »Aux Folies«. Zusammen mit seinen Kollegen stößt er auf den Umzug in die Rue Belleville an, als ihn ein Anruf erreicht: Eine Freundin ist Zeugin des brutalen Mordes an dem Lobbyisten Marc Leroc geworden. Jacques und Kommissar Mahon nehmen noch in derselben Nacht die Ermittlungen auf: Leroc war beim Kauf der Leuna-Raffinerie als Mittelsmann von France Oil dafür verantwortlich, Millionen zu waschen und an deutsche Politiker zu verteilen. Die Spur führt zum ehemaligen Staatssekretär Holm Mormann ? aber der ist plötzlich untergetaucht. Jacques muss mit der uner-gründlichen Leipziger Staatsanwältin von Rintelen kooperieren, um voranzukommen ? Nach seinem politischen Bestseller »Gauner muss man Gauner nennen« erzählt Ulrich Wickert von Korruption, Intrigen und den ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden seines Richters aus Paris ? ein Kriminalroman der Extraklasse!

Kommentar:
Anhand einer Leseprobe zu diesem Buch, die an der wirklich spannendsten Buchstelle aufhörte, habe ich tatsächlich eine folgende spannende Handlung erwartet. Leider wurde ich enttäuscht.

Die Leuna-Affäre, in der der Richter Jaques Ricou ermittelt, wurde vom Autor Ulrich Wickert zwar gut recherchiert in eine Geschichte gebettet, allerdings ließ die Spannung leider sehr zu wünschen übrig. Mir kam das Buch zwischendurch mehr wie ein Sachbuch vor, denn ein Kriminalroman, was es eigentlich sein sollte.
Die Schreibe war größtenteils flüssig, aber leider viel zu steril und nüchtern. Das färbte ebenso auf die Charaktere ab, die allesamt recht einseitig, farb- und lieblos wirkten.
Außerdem nahmen total unwichtige Nebenhandlungen, die überhaupt keinen Nutzen zu haben schienen, zu viel Raum ein.

Ein Lob muss ich allerdings noch aussprechen. Auch wenn die Handlung an sich nicht wirklich interessant und spannend ist, so wurde die wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge doch allesamt recht gut erklärt und auch für den Laien verständlich gemacht.

Für jemanden, der auf einen spannenden Krimi aus ist, für den ist dieses Buch mit Sicherheit nicht das richtige, aber Leute, die ein kurzweiliges Lesevergnügen suchen und zudem noch an Wirtschaft und Politik interessiert sind und vor allem auch Frankreich lieben, könnten es mit dem "nützlichen Freund" mal versuchen.
urlaubsbille
Beiträge: 23
Registriert: Di 18. Nov 2008, 19:55
Wohnort: Rotenburg (Wümme)

Beitrag von urlaubsbille »

Es handelt sich um einen sehr gut recherchierten deutsch-französischen Wirtschaftskrimi. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge werden sehr gut herausgearbeitet, trotzdem bleibt die Spannung erhalten. Sprachlich ist der Krimi einfach zu lesen, Herrn Wickerts Liebe zu Frankreich ist in jedem Absatz zu spüren.

Mir hat er gut gefallen.
Stephi
Beiträge: 15
Registriert: Fr 6. Mär 2009, 16:46

Beitrag von Stephi »

Jacques Ricou ist Untersuchungsrichter in Paris und wird mit einem Fall betraut, der von Beginn an kein ?normaler? Mord ist, aber nach und nach ergeben sich immer mehr wirtschaftliche und politische Hintergründe und immer mehr Menschen fallen den Vertuschungsversuchen zum Opfer. Jacques immer-mal-wieder-Freundin Margaux ist als erfolgreiche Journalistin auch sehr an dem Fall interessiert ? zumal sie mit dem Mordopfer schon länger in Kontakt stand, um einen Skandal aufzudecken...

Ich wusste gar nicht, dass Ulrich Wickert Krimis schreibt, bis ich dieses Buch in meinem Briefkasten fand. Im Nachhinein habe ich vermutlich auch nicht wirklich viel verpasst.

Das Buch ist nicht schlecht, aber es ragt auch nicht aus der breiten Masse heraus. Ich würde es als solide bezeichnen, nicht mehr und nicht weniger. Das reicht jedoch nicht, um einen bleibenden Eindruck bei mir zu hinterlassen.

Vor dem Lesen war ich skeptisch, weil ich nicht wusste, ob ich mit dem Thema zurecht komme. Das lief jedoch erstaunlich gut. Das Buch ließ sich sehr flüssig lesen, die politischen und wirtschaftlichen Aspekte waren auch wirklich sehr interessant und ich habe sie ohne umfangreiches Vorwissen verstanden. Das Problem ist einfach, dass mir eine ordentliche Portion Spannung gefehlt hat und das Ende auch nicht wirklich als Knaller bezeichnet werden kann. Ja, Ricou ist kurzzeitig mal in Gefahr, aber es war ab dem Moment, in dem er das Blackberry hinter dem Monitor abgelegt hat, ziemlich klar, was passieren würde.

Abgesehen davon hat mir die Stimmung außerhalb der Ermittlungsarbeit sehr gut gefallen. Das französische Bistro in dem Ricou jeden Morgen frühstücken geht, Gaston der auvergnatische Bistrowirt mit dem auvergnatischen Bart. Herrlich. Das hatte wirklich Flair ? aber leider soll dieses Buch ein Kriminalroman sein, so dass das Drumherum nicht elementar für das Gelingen oder Misslingen verantwortlich ist.

Schon eher damit zu tun hat die Beziehung zwischen Ricou und der deutschen Staatsanwältin. Das ganze fand ich etwas unglaubwürdig, auch wenn ihre Geschichte ganz interessant war und ihr Verhalten gut erklärt. Aber dass sie dem guten Jacques nun nach ein paar Nächten gleich ihre innige Liebe gesteht, obwohl eingangs deutlich gesagt wird, dass sie es nicht so mit Bindungen hat, naja. Natürlich macht sie eine Wandlung durch, aber die Zeit scheint mir doch etwas knapp bemessen dafür. Geschmackssache.

Etwas irritierend fand ich den Schreibstil Wickerts. Manche Gesprächssequenzen wurden in wörtlicher Rede wiedergegeben, andere in indirekter Rede und wieder andere erschienen vom Wortlaut her wie eine wörtliche Rede, waren aber nicht als solche gekennzeichnet. Hier hätte ich mir doch mehr Einheitlichkeit gewünscht. Das heißt nicht, dass ich alles in einer Art wiedergeben würde, sondern vielmehr, dass mir ein System fehlt, nachdem die Auswahl getroffen wurde. Vielleicht gab es das ja sogar, aber ich habe es nicht erkennen können.

Alles in allem hat das Buch für mich wenig von einem Kriminalroman ? vielleicht hätte Wickert lieber einen Politik- oder Wirtschaftsroman daraus machen sollen.
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