Nachdruck, Raubdruck oder Fälschung?
Verfasst: Fr 16. Jun 2017, 11:26
Hallo, miteinander!
Ein Randgebiet meiner Sammlung (ich sammle antikes Spielzeug) sind Puppenkochbücher, sowie Anleitungsbücher und Schnittmustermappen zum Selbernähen von Puppenkleidung, sogenannte "Puppennähschulen". Die ersten Werke in dieser Art entstanden etwa ab 1860; um 1900 herum war das Angebot für Kinder in diesem Bereich ganz besonders vielfältig. Manche dieser Bücher erlebten viele Neuauflagen und wurden noch in den 30er Jahren unverändert oder in überarbeiteten Fassungen hergestellt. Auch in den Jahren nach dem 2. Weltkieg gab es noch ähnliches, aber dann schon in moderneren Fassungen oder auch ganz neu geschrieben und entwickelt.
Diese und andere Anleitungsbücher für Kinder gab es früher einzeln zu kaufen, zeitgleich wurden sie aber auch häufig als "Arbeitsspiele" in einer Art Geschenkkarton angeboten. In einer "Puppennähschule" befand sich dann neben Buch und Schnittmustermappe beispielsweise auch eine Puppe, eine Kindernähmaschine und Näh- und andere Arbeitsmaterialien oder - bei einem Puppenkochbuch - hauswirtschaftliches Spielzeug, wie Kochutensilien in Kinder- oder Puppengröße, mitunter sogar ein Puppenherd. Derartiges Spielzeug wurde in Spielwarenfabriken zusammengestellt und angeboten, war aber auch bei den Verlagen erhältlich, die die Bücher herstellten.
Die Autorinnen oder Herausgeberinnen der Bücher sind nicht immer namentlich bekannt, häufig erschienen die Bücher unter einem Pseudonym. Es scheint damals, also um 1900 herum, auch gängige Praxis gewesen zu sein, dass die Inhalte von solchen Büchern wortwörtlich kopiert und von anderen Verlagen herausgegeben wurden oder dass das gleiche Werk beim gleichen Verlag unter einem anderen Titel erschien.
Die antiken Büchlein sind recht kostspielig. Je nach Alter, Seltenheit, Aufmachung, Beliebtheit und Erhaltungszustand muß man für häufiger zu findende Bücher derzeit etwa 30 bis 100 Euro rechnen, seltenere und besonders hübsche Ausgaben sind weitaus teurer, kosten etwa dreimal soviel, also ca. 90 bis 300 Euro.
Noch weitgehend komplette "Arbeitsspiele" im Karton sind bei Sammlern ganz besonders begehrt. Es sind Raritäten, die je nach Alter und Inhalt durchaus mehrere Tausend Euro erzielen....nach oben gibt es da gar keine Grenzen.
Etwa seit den 80er Jahren gibt es von vielen dieser alten Bücher und Mappen Reprints. Einfachere davon kosteten damals nur ein paar Mark, andere, umfangreichere Werke, die in niedrigeren Auflagen erschienen, waren damals weitaus teurer, ich habe da in einem Fall eine Summe von etwa 80 DM in Erinnerung. Man findet diese Dinge, die jetzt teilweise schon über 30 Jahre alt sind oder auch erst in den letzten Jahren erschienen, gebraucht noch ganz gut. In gutem Erhaltungszustand zahlt man für diese Reprints heute in etwa die gleichen Summen wie zu DM-Zeiten, also etwa die Hälfte davon, aber natürlich in Euro.
Das Problem bei diesen Nachdrucken ist, dass viele davon nicht als Reprint gekennzeichnet sind und sich optisch - zumindest auf Bildern - kaum von den antiken Originalen unterscheiden. Nur bei manchen dieser Nachdrucke gibt es eine IBSN-Angabe oder einen Hinweis auf den heutigen Verlag, der das Reprint herausgegeben hat. Teilweise wurde für das Reprint der Hinweis auf den ehemaligen Verlag entfernt, teilweise ist er noch vorhanden. Bei manchen Büchern fehlt jeglicher Hinweis auf einen Verlag.
Es gibt auch "Privatleute", die von antiken Originalen (oder von Bildern davon) Nachdrucke erstellen und sie auf den Sammlermarkt bringen. Das Angebot reicht vom gebundenen Büchlein bis hin zu umfangreichen "Bastelpackungen" um Reproduktionen von solchen antiken Arbeitsspielen herzustellen. Dass damit auch allerhand Schindluder getrieben werden kann und neu Angefertigtes als antik verkauft wird, ist klar. In diesem Sammelbereich - komplette Puppennähschulen und Trousseaux (Puppe mit Ausstattung im Geschenkkarton) - sind mehr Fälschungen im Umlauf als antike Originale.
Ob die gesetzlichen Urheberrechte an den Bildern und Texten da in jedem Fall bereits erloschen sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Gewiss sind die damaligen Autoren und Herausgeber mittlerweile alle verstorben, teilweise existieren aber die Verlage noch...oder es könnte mittlerweile andere Verlage oder Erben geben, die aktuell die Rechte an diesen Werken besitzen. Mir ist die Rechtslage da nicht ganz klar.
Wieso ich das hier alles schreibe:
Ist es denn heutzutage nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass zumindest ein Verlag oder Herausgeber im Buch steht, der auch tatsächlich existiert? Ist es erlaubt, ein altes oder antikes Buch zu kopieren oder ganz oder auszugsweise nachzudrucken? Muß ein Nachdruck nicht eindeutig als solcher gekennzeichnet sein und z.B. auch ein Erscheinungsjahr für den Nachdruck mit im Buch stehen?
Nach meinem Rechtsempfinden kommt es mir absolut verboten vor, wenn bei einem Reprint jeglicher Hinweis darauf fehlt, dass es sich um eine Neuauflage, bzw. um einen Nachdruck, also um ein ganz neues Buch handelt. Das ist für mich dann schon kein "Raubdruck" mehr, der möglicherweise von einem anderen Verlag oder einer Privatperson vorgenommen wurde, sondern schon fast eine "Fälschung". Wobei ich nicht weiß, ob man bei einem Buch überhaupt von Fälschung sprechen kann.
Jedenfalls können bei manchen Reprints Anbieter und Käufer sehr oft den falschen Eindruck gewinnen, dass sie hier nicht ein Reprint, sondern ein antikes Original vor sich haben. Aus Unkenntnis oder in Betrugsabsicht werden schon seit Jahren regelmäßig bestimmte Reprints als antike Originale angeboten. Erschwerend kommt hinzu, dass mittlerweile über 30 Jahre alte Bücher, die auf dünnem, minderwertigen Papier gedruckt wurden, auch schon natürlich entstandene Alterungsspuren haben. In vielen Fällen muß man das Original ganz genau kennen und mit dem Reprint vergleichen können um zu wissen, dass das jeweilige Buch nicht alt sein kann, sondern höchstwahrscheinlich ein Nachdruck ist. Diese Möglichkeit hat aber nicht jeder Anbieter.
Es gibt auch Onlinehändler, die zur Illustration ihrer Verkaufsangebote eine Abbildung von einem antiken Original einstellen, aber ein Reprint verkaufen. Davon wurde ich mal als Käufer irritiert. Dass es sich um ein Reprint handelt, stand in diesem Fall zwar im Text. Ich hatte mir jedoch ein Buch erwartet, das in etwa so aussieht wie das gezeigte Original und war dann recht enttäuscht, weil das Reprint ganz anders aussah. In diesem Fall kannte ich vor meinem Kauf weder das Original, noch das Reprint, hatte beides zuvor "in echt" noch nie gesehen, also gar keine Vergleichsmöglichkeit. Sowas ist aber noch das kleinere Problem. Ich wußte ja, dass ich da ein Reprint kaufe.
Das große Problem sind die Bücher, die für antik gehalten werden, weil sie auf den ersten, zweiten und dritten Blick so aussehen und - auch schon vom Anbieter - nicht als Nachdruck erkannt werden. Es ist mir selbst glücklicherweise noch nie passiert, aber ich kenne einige Sammler, die Reprints gekauft haben, die als antike Originale angeboten wurden, und natürlich oftmals viel zu viel dafür bezahlt haben. Das böse Erwachen kommt dann oft erst viele Jahre später, wenn sie auch mal ein Original sehen oder von anderen Sammlern gesagt bekommen, dass sie da leider ein Reprint gekauft haben.
Reprints sind in den Augen vieler Sammler von antikem Spielzeug gar nichts wert. Es geht ihnen da nicht nur um den u.U. recht großen finanziellen Verlust und ggf. auch um den Betrug, der stattgefunden hat, sondern vor allem um die große Enttäuschung, wenn sich ein jahrelang für alt gehaltenes Buch als "Fälschung" entpuppt.
Ich habe nur wenige antike Originale, auf die ich sehr stolz bin, habe aber auch große Freude an den Reprints in meiner Sammlung.
Vielleicht kann mir jemand sagen, wie Reprints, in denen nicht "Reprint" steht, einzuschätzen sind. Ist das erlaubt, solche Bücher ohne Kennzeichnng auf den Markt zu bringen? Und wie nennt man solche Bücher?
Ein Randgebiet meiner Sammlung (ich sammle antikes Spielzeug) sind Puppenkochbücher, sowie Anleitungsbücher und Schnittmustermappen zum Selbernähen von Puppenkleidung, sogenannte "Puppennähschulen". Die ersten Werke in dieser Art entstanden etwa ab 1860; um 1900 herum war das Angebot für Kinder in diesem Bereich ganz besonders vielfältig. Manche dieser Bücher erlebten viele Neuauflagen und wurden noch in den 30er Jahren unverändert oder in überarbeiteten Fassungen hergestellt. Auch in den Jahren nach dem 2. Weltkieg gab es noch ähnliches, aber dann schon in moderneren Fassungen oder auch ganz neu geschrieben und entwickelt.
Diese und andere Anleitungsbücher für Kinder gab es früher einzeln zu kaufen, zeitgleich wurden sie aber auch häufig als "Arbeitsspiele" in einer Art Geschenkkarton angeboten. In einer "Puppennähschule" befand sich dann neben Buch und Schnittmustermappe beispielsweise auch eine Puppe, eine Kindernähmaschine und Näh- und andere Arbeitsmaterialien oder - bei einem Puppenkochbuch - hauswirtschaftliches Spielzeug, wie Kochutensilien in Kinder- oder Puppengröße, mitunter sogar ein Puppenherd. Derartiges Spielzeug wurde in Spielwarenfabriken zusammengestellt und angeboten, war aber auch bei den Verlagen erhältlich, die die Bücher herstellten.
Die Autorinnen oder Herausgeberinnen der Bücher sind nicht immer namentlich bekannt, häufig erschienen die Bücher unter einem Pseudonym. Es scheint damals, also um 1900 herum, auch gängige Praxis gewesen zu sein, dass die Inhalte von solchen Büchern wortwörtlich kopiert und von anderen Verlagen herausgegeben wurden oder dass das gleiche Werk beim gleichen Verlag unter einem anderen Titel erschien.
Die antiken Büchlein sind recht kostspielig. Je nach Alter, Seltenheit, Aufmachung, Beliebtheit und Erhaltungszustand muß man für häufiger zu findende Bücher derzeit etwa 30 bis 100 Euro rechnen, seltenere und besonders hübsche Ausgaben sind weitaus teurer, kosten etwa dreimal soviel, also ca. 90 bis 300 Euro.
Noch weitgehend komplette "Arbeitsspiele" im Karton sind bei Sammlern ganz besonders begehrt. Es sind Raritäten, die je nach Alter und Inhalt durchaus mehrere Tausend Euro erzielen....nach oben gibt es da gar keine Grenzen.
Etwa seit den 80er Jahren gibt es von vielen dieser alten Bücher und Mappen Reprints. Einfachere davon kosteten damals nur ein paar Mark, andere, umfangreichere Werke, die in niedrigeren Auflagen erschienen, waren damals weitaus teurer, ich habe da in einem Fall eine Summe von etwa 80 DM in Erinnerung. Man findet diese Dinge, die jetzt teilweise schon über 30 Jahre alt sind oder auch erst in den letzten Jahren erschienen, gebraucht noch ganz gut. In gutem Erhaltungszustand zahlt man für diese Reprints heute in etwa die gleichen Summen wie zu DM-Zeiten, also etwa die Hälfte davon, aber natürlich in Euro.
Das Problem bei diesen Nachdrucken ist, dass viele davon nicht als Reprint gekennzeichnet sind und sich optisch - zumindest auf Bildern - kaum von den antiken Originalen unterscheiden. Nur bei manchen dieser Nachdrucke gibt es eine IBSN-Angabe oder einen Hinweis auf den heutigen Verlag, der das Reprint herausgegeben hat. Teilweise wurde für das Reprint der Hinweis auf den ehemaligen Verlag entfernt, teilweise ist er noch vorhanden. Bei manchen Büchern fehlt jeglicher Hinweis auf einen Verlag.
Es gibt auch "Privatleute", die von antiken Originalen (oder von Bildern davon) Nachdrucke erstellen und sie auf den Sammlermarkt bringen. Das Angebot reicht vom gebundenen Büchlein bis hin zu umfangreichen "Bastelpackungen" um Reproduktionen von solchen antiken Arbeitsspielen herzustellen. Dass damit auch allerhand Schindluder getrieben werden kann und neu Angefertigtes als antik verkauft wird, ist klar. In diesem Sammelbereich - komplette Puppennähschulen und Trousseaux (Puppe mit Ausstattung im Geschenkkarton) - sind mehr Fälschungen im Umlauf als antike Originale.
Ob die gesetzlichen Urheberrechte an den Bildern und Texten da in jedem Fall bereits erloschen sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Gewiss sind die damaligen Autoren und Herausgeber mittlerweile alle verstorben, teilweise existieren aber die Verlage noch...oder es könnte mittlerweile andere Verlage oder Erben geben, die aktuell die Rechte an diesen Werken besitzen. Mir ist die Rechtslage da nicht ganz klar.
Wieso ich das hier alles schreibe:
Ist es denn heutzutage nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass zumindest ein Verlag oder Herausgeber im Buch steht, der auch tatsächlich existiert? Ist es erlaubt, ein altes oder antikes Buch zu kopieren oder ganz oder auszugsweise nachzudrucken? Muß ein Nachdruck nicht eindeutig als solcher gekennzeichnet sein und z.B. auch ein Erscheinungsjahr für den Nachdruck mit im Buch stehen?
Nach meinem Rechtsempfinden kommt es mir absolut verboten vor, wenn bei einem Reprint jeglicher Hinweis darauf fehlt, dass es sich um eine Neuauflage, bzw. um einen Nachdruck, also um ein ganz neues Buch handelt. Das ist für mich dann schon kein "Raubdruck" mehr, der möglicherweise von einem anderen Verlag oder einer Privatperson vorgenommen wurde, sondern schon fast eine "Fälschung". Wobei ich nicht weiß, ob man bei einem Buch überhaupt von Fälschung sprechen kann.
Jedenfalls können bei manchen Reprints Anbieter und Käufer sehr oft den falschen Eindruck gewinnen, dass sie hier nicht ein Reprint, sondern ein antikes Original vor sich haben. Aus Unkenntnis oder in Betrugsabsicht werden schon seit Jahren regelmäßig bestimmte Reprints als antike Originale angeboten. Erschwerend kommt hinzu, dass mittlerweile über 30 Jahre alte Bücher, die auf dünnem, minderwertigen Papier gedruckt wurden, auch schon natürlich entstandene Alterungsspuren haben. In vielen Fällen muß man das Original ganz genau kennen und mit dem Reprint vergleichen können um zu wissen, dass das jeweilige Buch nicht alt sein kann, sondern höchstwahrscheinlich ein Nachdruck ist. Diese Möglichkeit hat aber nicht jeder Anbieter.
Es gibt auch Onlinehändler, die zur Illustration ihrer Verkaufsangebote eine Abbildung von einem antiken Original einstellen, aber ein Reprint verkaufen. Davon wurde ich mal als Käufer irritiert. Dass es sich um ein Reprint handelt, stand in diesem Fall zwar im Text. Ich hatte mir jedoch ein Buch erwartet, das in etwa so aussieht wie das gezeigte Original und war dann recht enttäuscht, weil das Reprint ganz anders aussah. In diesem Fall kannte ich vor meinem Kauf weder das Original, noch das Reprint, hatte beides zuvor "in echt" noch nie gesehen, also gar keine Vergleichsmöglichkeit. Sowas ist aber noch das kleinere Problem. Ich wußte ja, dass ich da ein Reprint kaufe.
Das große Problem sind die Bücher, die für antik gehalten werden, weil sie auf den ersten, zweiten und dritten Blick so aussehen und - auch schon vom Anbieter - nicht als Nachdruck erkannt werden. Es ist mir selbst glücklicherweise noch nie passiert, aber ich kenne einige Sammler, die Reprints gekauft haben, die als antike Originale angeboten wurden, und natürlich oftmals viel zu viel dafür bezahlt haben. Das böse Erwachen kommt dann oft erst viele Jahre später, wenn sie auch mal ein Original sehen oder von anderen Sammlern gesagt bekommen, dass sie da leider ein Reprint gekauft haben.
Reprints sind in den Augen vieler Sammler von antikem Spielzeug gar nichts wert. Es geht ihnen da nicht nur um den u.U. recht großen finanziellen Verlust und ggf. auch um den Betrug, der stattgefunden hat, sondern vor allem um die große Enttäuschung, wenn sich ein jahrelang für alt gehaltenes Buch als "Fälschung" entpuppt.
Ich habe nur wenige antike Originale, auf die ich sehr stolz bin, habe aber auch große Freude an den Reprints in meiner Sammlung.
Vielleicht kann mir jemand sagen, wie Reprints, in denen nicht "Reprint" steht, einzuschätzen sind. Ist das erlaubt, solche Bücher ohne Kennzeichnng auf den Markt zu bringen? Und wie nennt man solche Bücher?