Sabine Bode: Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zu viele. Humoriges Sachbuch

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Vandam
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Sabine Bode: Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zu viele. Humoriges Sachbuch

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Sabine Bode: Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zu viele. Noch mehr Lesekonfetti für problemgebeutelte Postjugendliche. Humoriges Sachbuch, München 2022, Wilhelm-Goldmann-Verlag, ISBN 978-3-442-31675-5, Klappenbroschur, 190 Seiten mit s/w-Graphiken, Format: 13,7 x 1,5 x 21,6 cm, Buch: EUR 14,00, Kindle EUR 9,99, auch als Hörbuch lieferbar.

Ein humoriges Sachbuch ist das also. So steht’s auf Seite 4. Macht es uns schlauer? Och, das nicht unbedingt. Aber es bringt uns zum Schmunzeln und führt zu der beruhigenden Erkenntnis, dass andere „Postjugendliche“, so im Alter von 50+, ihr Leben auch nicht so super im Griff haben. Die schlagen sich mit ähnlichen Problemen und Problemchen herum wie wir selbst. Jetzt kommt man sich zwar noch immer unzulänglich vor, auf einmal fühlt sich das normal an anstatt schlimm.

„Prepper“ und andere Katastrophen
Muss man sich in der Lebensmitte wirklich auf Leistungsvergleiche nach dem Muster „mein Haus, mein Auto, mein Boot“ einlassen? Oder liefert manchmal das, was man vergeigt, verpasst und stattdessen gemacht hat, die viel besseren Geschichten? Lethargisch soll man natürlich nicht werden, aber Erlebnisse zu sammeln wie Trophäen bringt’s einfach nicht. Das ist nur anstrengend.

Die Autorin stellt sich vor, wie wohl ein Bilderbuch konzipiert sein müsste, in der die Heldinnen in die Wechseljahre kommen. Das Resultat ist ziemlich schräg. Sie macht sich über „Prepper“ lustig, die auf alle erdenklichen Katastrophenfälle vorbereitet sein wollen, was auf den Rest der Welt meist ziemlich verbissen und übertrieben wirkt.

Wie es ist, im (Büro-)Job älter zu werden, dürften ihr viele Altersgenossinnen nachfühlen können. Ich kann’s! Hat man mit Mitte 20 noch heimlich über die älteren Kolleg:innen gegrinst oder den Kopf geschüttelt, die mit dem Computerkram nicht zurechtkamen und zum Teil schreckliche Angst davor hatten, sind jetzt wir diejenigen, die manches nicht mehr verstehen und/oder für total bescheuert halten. Dieses Kapitel hat mir am meisten aus der Seele gesprochen. Unter anderem Sabine Bodes Versuch, herauszufinden wo der Kipppunkt ist, an dem aus Erfahrung Ballast wird.

Wir sollten nicht alles glauben …
Die Autorin fragt sich ferner, warum uns selbsternannte Expert:innen verstärkt mit albernen Vorschriften und ungebetenen Ratschlägen auf den Zeiger gehen, sobald wir mittleren Alters sind. Wieso wird permanent davon ausgegangen, dass unser Liebesleben des Aufpeppens bedürfe? Und wen, zum Geier, geht das überhaupt was an? – Sie befasst sich mit der Nestflucht-Panik, die unter Umständen eintritt, nachdem die Kinder erwachsen und aus dem Haus sind. Außerdem geht’s in diesem Buch um Kleidergrößen, die ebenso unrealistisch sind wie die Erwartung, man müsse mit 52 noch in dieselben Klamotten passen wie mit 25.

Sabine Bode träumt von „Einer Welt, in der man Bauch, Beine und Po haben darf, wie sie gewachsen sind, statt sie auf Kirschkerngröße zu minimieren oder auf Melonenstatus aufzupumpen. […].“ (Seite 99)

Das alles kann ich gut verstehen. Auch habe ich mich, genau wie die Autorin, schon gefragt, warum man für die Bedienung moderner Haushaltsgeräte ein Luft- und Raumfahrtstudium zu benötigen scheint. Und ist es eigentlich nötig, dass man im Freundinnenkreis stets über seine Beziehung reden muss? Was ist, wenn man zu dem Thema gar nichts Spektakuläres beizutragen hat? – Wie viel Vergesslichkeit ist mit 50+ normal? Und wie konnte es nur passieren, dass die rebellischen Stars unserer Jugend auf einmal Werbung für ziemlich spießige Produkte machen?

Wir haben das Recht auf Macken und Schwächen
Wir erfahren, warum Scheitern auch okay ist … wieso man keine mehr Zeit mit Ar***l*chern verschwenden sollte und wie man das am besten anstellt … weshalb exzessives Grübeln nichts bringt und es einen nur unglücklich macht, wenn man sich mit anderen vergleicht. – Warum wir ein Recht auf Schwächen und Macken haben und nicht immer stark sein müssen, erfahren wir ebenfalls. Und wir lernen die tiefe Weisheit des polnischen Sprichworts „Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen“ kennen. 😊

Das ist jetzt alles nicht neu, aber sehr unterhaltsam geschrieben und man fühlt sich in der eigenen Unvollkommenheit nicht mehr so allein. Manches war mir ein bisschen zu comedymäßig überdreht, aber das ist Geschmackssache.

Nicht neu, aber schön boshaft
Die kurzen Statements, die in kleinen Boxen stehen, als „Sorgenfrei in zwei Minuten“ oder „Notfalltipps zum Ausschneiden“ daherkommen, sind zum Teil von exquisiter Bosheit. (Vor meinem Bücherregal würde die Autorin schon mal nicht schreiend weglaufen!)

Es juckt einen ja schon, den einen oder anderen Spruch mal im wahren Leben auszuprobieren. Aber ich glaub‘, ich trau mich nicht. Der Vorschlag mit dem Buchcover auf Seite 158 wäre jedoch umsetzbar. Vielleicht hilft mir ja eine Kollegin. Das wäre womöglich sogar eine Geschäftsidee. 😊

Wie gesagt: Dieses Buch kann man locker zwischendrin zur Unterhaltung lesen. Es bringt einen aber nicht wirklich weiter. Das allerdings hätte ich von einem Sachbuch, auch von einem humorigen, schon erwartet. Ich habe das eher wie eine Sammlung von Glossen konsumiert. Und dann passt’s.

Die Autorin
Sabine Bode arbeitete nach dem Studium der Anglistik, Germanistik und Publizistik als Journalistin und Übersetzerin sowie als Gagschreiberin für das Who’s who der deutschen Comedyszene. Inzwischen ist sie selbst als Komikerin und Autorin erfolgreich und hat mit ihrem Buch »Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr« einen Megabestseller geschrieben. Sie zählt sich zur Randgruppe »verheiratet, zwei Kinder, kein Weber-Grill« und lebt mit ihrer Familie in Bochum. www.fraubode.de
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