Simone Harland: Du bist, was ich sage. Wie Narzissten Gewalt durch Sprache ausüben und wie man sich dagegen wehrt

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Vandam
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Simone Harland: Du bist, was ich sage. Wie Narzissten Gewalt durch Sprache ausüben und wie man sich dagegen wehrt

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Simone Harland: Du bist, was ich sage. Wie Narzissten Gewalt durch Sprache ausüben und wie man sich dagegen wehrt, Kiel 2023, independently published, ISBN 978-3-911010-00-9, Softcover, 213 Seiten, Format: 13,97 x 1,37 x 21,59 cm. Buch: EUR 14,98, Kindle: EUR 9,99.

„Vielleicht hast du es, ohne es zu wissen, mit einem echten Narzissten oder einer echten Narzisstin zu tun, Menschen, die andere klein machen müssen, um sich selbst groß zu fühlen, die nicht wissen, was Liebe, Nähe und Verbundenheit sind. […] Die häufig lügen und betrügen […]. Die andere ausnutzen. […] Die meisten leben weitgehend unerkannt und zeigen nur in der Familie, in einer Partnerschaft oder anderen nahestehenden Personen ihr wahres Gesicht.“ (Seite 9)

Narzissten sind kein Mythos!

Wenn man noch nie mit Narzissten zu tun hatte, ist man geneigt, sie für einen Mythos zu halten, für etwas, das nur in Romanen und Hollywoodfilmen existiert. Wie Vampire. Doch die Autorin kann Ihnen versichern: Narzissten gibt es an jeder Ecke. Man erkennt sie nur nicht gleich, weshalb man sich auch als kluger, kritischer und unabhängiger Geist so in ihren Maschen verfangen kann, dass man da ohne fremde Hilfe nicht wieder rauskommt. Da wäre ein Vampir eindeutig das geringere Problem: Knoblauch, Kreuz und Tageslicht – wusch! – weg ist er! So leicht ist das bei einem Narzissten leider nicht.

Für mich ist dieses Sachbuch packender als mancher Thriller. In Fallbeispielen von psychologischen Ratgebern geht es normalerweise um frei erfundene Figuren, die Typisches erleben. Hier aber geraten keine fiktive Anja, Bea oder Chris in die Fänge eines Narzissten, sondern wir Leser:innen sollen uns vorstellen, jemand würde mit uns so umspringen. Und das funktioniert! Man liest fieberhaft weiter und fragt sich bange: „Wie komme ich nur aus dieser Nummer wieder raus?“

Was sie so gefährlich macht

Narzissten können nicht oder nur begrenzt mit anderen mitfühlen. Das macht sie so gefährlich. Es ist ihnen schlicht egal, wie es ihren Mitmenschen geht. „Für solche Menschen sind die anderen nur Spielbälle im eigenen Spiel des Lebens, in dem sie stets die Gewinner sein wollen.“ (Seite 10). Sie sind hochmanipulativ – und sie ändern sich nicht.

Wir erfahren, wie sich Narzissten von harmloseren Selbstdarstellern unterscheiden, wie sich diese Persönlichkeitsstörung äußert und wodurch sie mutmaßlich ausgelöst wird. Und das wirklich Entscheidende erfahren wir auch: Wie man sie rechtzeitig erkennt und sie sich so vom Leib hält, damit man ihnen nicht auf den Leim geht. Und sollte es schon passiert sein, lernen wir hier auch, wie wir uns aus dieser Falle wieder befreien können. Ein Spaziergang wird das aber nicht! Da kann es wirklich um die Existenz gehen.

Wie gerät man da überhaupt rein?

Wie rutscht man überhaupt in so eine Geschichte rein? Ja nun: Wenn es Narzissten auch an emotionaler Empathie fehlt – über kognitive Empathie verfügen sie. Das heißt, sie erkennen die Gefühlsregungen der anderen und ihre Schwächen, können ihre Mitmenschen lesen wie ein Buch und wickeln sie gezielt ein. Als Freund:in oder Partner:in eines Narzissten fühlt man sich so geliebt und verstanden wie noch nie zuvor. Der Narzisst erzählt uns genau das, was wir hören wollen. Das ist der 1. Akt. Der narzisstische Missbrauch verläuft immer nach demselben Schema.
  1. Love-Bombing – wie gerade beschrieben
  2. Abwertung
  3. Entsorgung
Warum machen die das? Weil sie „narzisstische Zufuhr“ brauchen, die Energie anderer Menschen, deren Anerkennung und Bewunderung oder ihre Wut und Verzweiflung. Dann fühlen sie sich erhaben. („Wow, ich kann so ein Drama auslösen! Ich muss großartig sein!“) Sie sind nicht, wie andere Menschen, in der Lage, Kraft für ein befriedigendes Leben aus sich selbst zu ziehen. Sie haben nichts, was ihnen Freude bereitet oder sie glücklich macht. Deshalb sind sie auf die Energie anderer angewiesen. Also war mein flapsiger Vergleich mit den Vampiren gar nicht so verkehrt.

Warum eskaliert das so?

Und warum eskaliert das so? Kann es nicht einfach beim Love-Bombing bleiben? Nein, kann es nicht. Bewunderung und Anerkennung sind dem Narzissten irgendwann nicht mehr genug. Die Wirkung lässt nach wie bei einer Droge. Da muss härterer Stoff her. Wenn der Narzisst bei seinem Opfer negative Emotionen wie Traurigkeit, Angst oder Verwirrung hervorrufen kann, bringt ihm das mehr.

Wir bekommen hier anschaulich vorgeführt, wie der Narzisst sein Opfer klein macht, manipuliert und kontrolliert. Mit kleinen Respektlosigkeiten fängt es an …

Was sind die Warnsignale?

Welche Warnsignale gibt es? Was macht jemanden zu einem bevorzugten Opfer von Narzissten? Wie sehen die (sprachlichen) Manipulationstechniken aus, derer sie sich bedienen? Eine besonders perfide Methode – und nicht umsonst nach einem packenden Theaterstück/Hollywoodfilm benannt -ist das „Gaslighting“ in all seinen Spielarten.– Warum eigentlich drängen einen Narzissten ständig zu übereilten Entscheidungen? – Und dann gibt’s noch so reizende Techniken wie das „Silent Treatment“ und das Stonewalling, mit dem die Narzissten ihre Opfer bestrafen. Und nicht immer bleibt es bei verbaler Gewalt.

Wieso ist es so schwer, diese Mechanismen zu erkennen und sich dagegen zur Wehr zu setzen? Unter anderem deshalb, weil der Narzisst das Spiel von „Zuckerbrot und Peitsche“ meisterhaft beherrscht. Und weil das Opfer die Schuld für alle Probleme bei sich selbst sucht. Die Gehirnwäsche zeigt Wirkung.

Und wie kommt man da wieder raus?

Das fortwährende Auf und Ab, der ständige Wechsel zwischen Liebesbekundungen und Abwertung wirkt wie eine Droge. Dagegen ist ein Single-Leben oder eine stinknormale Beziehung natürlich langweilig. Aber permanent auf Zehenspitzen um den Narzissten herumzuschleichen, ständig auf der Hut zu sein und nie zu wissen, womit man das nächste Drama auslöst, ist auf Dauer ermüdend. Eine wie auch immer geartete Beziehung zu einem Narzissten laugt aus. Umso schwieriger wird es, sich daraus zu lösen, weil irgendwann die Kraft dazu fehlt und das Selbstbewusstsein so erodiert ist, dass man sich einen Neustart gar nicht mehr zutraut. Oft hat der Narzisst dafür gesorgt, dass man von allen Freunden und Angehörigen isoliert ist und keine Hilfe hat. Wenn er es dazu noch geschafft hat, die gemeinsamen Finanzen zu kontrollieren, hat man auch kein Geld.

Was man tun kann und was man besser lassen sollte, wenn man die Beziehung zu einem Narzissten beenden will, erfahren wir in diesem Buch. Und wo man Hilfe findet, wenn der Narzisst das Ende der Beziehung nicht akzeptieren will. Denn verlassen und seiner Energiequelle beraubt zu werden, ist für ihn die ultimative Kränkung. Also muss man da mit so ziemlich allem rechnen.

Ich sagte schon: Dieser Ratgeber liest sich wie ein Thriller, bei dem man nebenbei noch eine Menge lernt. Weil man sich ständig vorstellt, man selbst sei das Opfer, ist man emotional sehr involviert. Was hab ich beim Lesen manchmal für eine Wut gehabt!

Was hängenbleibt: Ein „Narzissten-Frühwarnsystem“, ein detaillierter Ausstiegsplan und die Überzeugung, dass jede:r ein gewaltfreies Leben verdient hat.

Die Autorin

Simone Harlandist Sozialwissenschaftlerin und hat ihr Diplom unter anderem in Sozialpsychologie abgelegt. Nach einem Volontariat und einer mehrjährigen Tätigkeit in einem Sachbuchverlag hat sie sich als freiberufliche Autorin, Journalistin und Texterin selbstständig gemacht. Bis heute hat sie als Autorin und Mit-Autorin 70 Bücher in namhaften Verlagen veröffentlicht, hauptsächlich zu medizinischen und psychologischen Themen. Außerdem schreibt sie für Zeitschriften und für Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen.
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