Der rote Satz

Viele verschiedene Spiele rund um Worte, Silben, Sätze und mehr.
Enibas

Re: Der rote Satz

Beitrag von Enibas »

Tschemmo hat geschrieben:Das macht Spaß :D Ich bin übrigens ganz Kibas Meinung, wir sollten nicht zu dritt bleiben. Ich gebe dann mal den roten Satz und Zeit bis Montag vor, am Wochenende bin ich ja eher selten im Forum.

Da wusste der Schiffer, wer sein seltsamer Fahrgast war.
Da wird wohl Buchecker wieder in den sauren Apfel beißen müssen :?: :!: :?:
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xenna
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Re: Der rote Satz

Beitrag von xenna »

Hmm, seitdem ich Glatze trage, fehlt es mir an Fantasie :mrgreen:
Ist schon ein bisschen spät heute, aber morgen werde ich versuchen, aus dem Trio ein Quartett zu machen.
Kibas Geschichte war köstlich :D :D :D
Guckst du hier
Und hier stell´ich mich persönlich vor:
http://www.booklooker.de/xenna
Enibas

Re: Der rote Satz

Beitrag von Enibas »

xenna hat geschrieben:Hmm, seitdem ich Glatze trage, fehlt es mir an Fantasie :mrgreen:
Ist schon ein bisschen spät heute, aber morgen werde ich versuchen, aus dem Trio ein Quartett zu machen.
Kibas Geschichte war köstlich :D :D :D
Fand ich auch Xenna. Habe die Geschichte eben nochmal gelesen. Unsere jüngste Tochter schrieb auch immer solche amüsanten Aufsätze.
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Buchecker
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Buchecker »

Gelangweilt schaltete Thomas Schiffer hin und her. New Model Army auf SpreeRadio - Shit. John Mellencamp auf KissFM - Shit. Sheryl Crow auf Energy 103.4 - Shit.
Fehlten nur noch… genau: die Sparks auf Metropol FM - ShitShitShit! Frustriert machte Thomas das Radio wieder aus. Nun hörte er nur noch den Motor seines Benz leise vor sich hin dieseln.

Es war wie immer - wer die Nachtschicht hatte, konnte sich auf endlose Stunden gähnender Langeweile einstellen. Die Müdigkeit kroch ihm in die Glieder. Die Füße wurden kalt. Er ertappte sich dabei, wie er in seinem Sitz aufschreckte, verwirrt um sich blickte, dann wieder in sich zusammensank.

"Daggsi!" Thomas erwachte vom Klopfen gegen seine Fensterscheibe. "He! Daggsi! Wach auf, Mann…" Thomas erkannte die Silhouette einer Frau, die wankend, sich mit einer Hand auf dem Kotflügel abstützend, um das Auto herumtorkelte. Nicht auch das noch! Er öffnete die Beifahrertür; die kleine, leicht korpulente Frau ließ sich auf den Sitz fallen. "Wohin, bitte?" Thomas blickte angestrengt an der Betrunkenen vorbei auf sein Navi. - "Heim…"
Sehr witzig! "Können Sie das etwas genauer beschreiben?" "Willy-Brandt-Schrasse…" Na gut; damit konnte man immerhin etwas anfangen. "Bitte schnallen Sie sich an. Wenn Ihnen übel wird, sagen Sie bitte rechtzeitig Bescheid." "Wassags du ssu mir? Ich binne üble Schnalle? Passsauf, du…"

Thomas seufzte still und fuhr los. Ein beißender Geruch von kaltem Zigarrenqualm und billigem Wodka breitete sich im Innern des Taxis aus. Die Frau neben ihm brabbelte vor sich hin. "Scheisskerle… Wss billen die sich ein… " Thomas konzentrierte sich auf den Verkehr, um nicht dauernd ihre Selbstgespräche mithören zu müssen.
"Hee, Jungchen, hassu ma ne Ssigaredde für mich?" Sie rülpste donnernd und pochte sich mit der Faust auf die Brust. "Schulligung…" Thomas hielt es nicht mehr aus. "Dies ist ein Nichtrauchertaxi! Erlauben Sie, dass ich das Radio anmache? Es kommen gleich Nachrichten." - "Wennssei muss…"

Thomas schaltete auf InfoRadio BerlinBrandenburg. Die Nachrichten hatten gerade angefangen.

"Berlin. Bundeskanzlerin Merkel und die Spitzen der Koalition trafen sich am Abend im Reichstag zu einer Krisensitzung über die bevorstehenden Kürzungen im Bundeshaushalt. Ein Sprecher der Regierung gab nach Abschluss der Beratungen bekannt, dass die Gespräche in offener und kollegialer Atmosphäre verlaufen seien. Die Vertreter der Länder, insbesondere die Delegation Bayerns, hätten aber trotz einer persönlichen Intervention der Kanzlerin eine Kürzung der Bundesmittel für den geplanten Regionalfond abgelehnt…"

"Scheisskerle…" brüllte die Frau neben ihm noch einmal voller Inbrunst und haute mit der flachen Hand so heftig auf das Armaturenbrett, dass das Radio verstummte. Thomas rammte den Fuß auf die Bremse. "Hören Sie zu, gute Frau", wandte er sich an die Tobende, "wenn Sie sich nicht sofort…"

Mitten im Satz brach er ab. Ungläubig starrte er in das aufgedunsene Gesicht einer Frau, die er schon so oft im Fernsehen gesehen hatte…
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Kibabu
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Kibabu »

Die letzte Fahrt. Karl drehte sich um und ließ seinen Blick über die Fähre schweifen. Um diese Jahreszeit war es bei der 18-Uhr-Fahrt schon längst stockdunkel. Es waren nur ein paar Passagiere an Bord: eine kleine Gruppe Jugendliche im hinteren Bereich, und vorn saß eine einsame, verschleierte Gestalt. Karl wunderte sich ein bisschen, dass die Muslime so ganz allein unterwegs war, und das nach Einbruch der Dunkelheit. Aber das ging ihn nichts an. Er ging weiter, sah nach dem Rechten, tat seinen Job.
Die letzte Fahrt. Abends würde er sich dann mit den Kollegen treffen und seinen Ausstand geben. Und dann? Dann kam wohl nicht mehr viel, nur die Rente. Seine Frau Anita war vor 3 Jahren gestorben, Krebs. Und von seiner Tochter Claudia hatte er schon 20 Jahre nichts gehört, seit sie damals nach dem soundsovielten Krach der Marke "Solange du deine Füße..." abgehauen war. D. h., gehört und gelesen hatte er schon von ihr, aber nur im Fernsehen. Claudia hatte nämlich tatsächlich Karriere als Fotomodel gemacht, sie war auf Titelblättern und Reklametafeln zu bewundern, hatte Recht behalten. Er als Vater hatte damals auf einer Ausbildung bestehen wollen, sie sollte etwas "Richtiges" machen... Heute hätte er sich gern entschuldigt, den Kontakt wieder aufgenommen, aber ihm fehlte der Mut zum ersten Schritt.
"Don´t pay the Ferryman" dudelte es aus dem hinteren Bereich herüber. Auch schon ein Oldie. Karl raffte sich auf, das Ufer kam näher. Zeit, ein letztes Mal anzulegen.
15 Minuten später war alles vorbei. Die Fähre war an die Spätschicht übergeben, Karl nahm sein Zeug und ging von Bord. Bis zum Auto hatte er es nicht weit. Aber da trat eine Gestalt aus dem Dunkeln auf ihn zu. Die Muslime. Bevor Karl sich noch recht wundern konnte, schlug sie ihre Verschleierung zurück. "Hallo Papa. Können wir reden?"
Keine Muslime, aber Claudia, die ohne Bodyguard unerkannt bleiben wollte. Freudige Überraschung schoss in Karl hoch, sie tat den ersten Schritt!

(Eventuelle Namensgleichheiten sind selbstverständlich purer Zufall, wie immer!)
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Tschemmo
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Tschemmo »

Das sind doch nette Miniaturen, die sich da in unseren Köpfen und auf unseren Bildschirmen ausbreiten. Bei beiden Geschichten haben sich bei mir im Kopf eigenen Bilder zu den Handlungen gesellt. Mit Buchecker habe ich mehr gelacht, mit Kibabu war es spannender. Den Stab des Roten Satzes gebe ich an Buchecker, dann geht es wohl wieder zu Kibabu und dann vielleicht an ...
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Vidya Venn
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Vidya Venn »

Ob man die Geschichten vielleicht in einem Kurzgeschichtenband rausgibt? Tschemmo?
Ich fand die geschichten auch super. :D
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Tschemmo
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Tschemmo »

Vidya Venn hat geschrieben:Ob man die Geschichten vielleicht in einem Kurzgeschichtenband rausgibt? Tschemmo?
Ich fand die geschichten auch super. :D
:idea: Interessante Idee Vidya - ich denke und tüftel mal drüber nach. Aber erst einmal abwarten, wie sich Der Rote Satz in Zukunft so weiterentwickelt.
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Enibas

Re: Der rote Satz

Beitrag von Enibas »

Tschemmo hat geschrieben:
Vidya Venn hat geschrieben:Ob man die Geschichten vielleicht in einem Kurzgeschichtenband rausgibt? Tschemmo?
Ich fand die geschichten auch super. :D
:idea: Interessante Idee Vidya - ich denke und tüftel mal drüber nach. Aber erst einmal abwarten, wie sich Der Rote Satz in Zukunft so weiterentwickelt.
Die gleiche Idee hatte ich gestern auch. Für Tschemmo wäre das doch eine neue Herausforderung.
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Buchecker
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Buchecker »

Danke für den Stab, Tschemmo. Hier die neue Aufgabe:

Als sie es vor Verzweiflung fast nicht mehr aushielt, kam ihr die rettende Idee.

Viel Spaß damit!
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Vidya Venn
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Vidya Venn »

Wieviel Zeit, Buchecker?
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Buchecker
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Buchecker »

Wäre morgen Abend zu früh?
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Yumo »

Dann versuch ich's auch mal, aus der Reihe "Geschichten, die das Leben schreibt"

Renate und Sybille stand eine unterhaltsame Nacht bevor. Wie immer, wenn kurzfristig jemand ausfällt und kein Ersatz aufzutreiben war, gibt es für die übrigen mehr als genug zu tun. Die Intensivstation war voll belegt: 10 Patienten, einer davon mit ausgeprägter Bettflucht und entsprechend umtriebig, 5 beatmete Patienten und 4 mit frischem Herzinfarkt zur Überwachung. Es versprach also recht kurzweilig zu werden.
Doch es gab noch eine Steigerung: Gegen Mitternacht bekam Renate Schüttelfrost und konnte nicht mehr arbeiten. So blieb Sybille alleine übrig, naja, nicht ganz, denn es war ja noch eine Dienstärztin auf Station. Ein trügerischer Gedanke, denn diese sehnte sich nach ihrem Bett bzw. der Toilette - hatte in den letzten Stunden einen heftigen Magen-Darm-Infekt bekommen.
So kämpfte sich Sybille durch die Betten: regelmäßige Blutdruckkontrollen, den Überwachungspatienten ab und an eine Bettpfanne reichen, ängstliche Patienten beruhigen, die Beatmungspatienten regelmäßig pflegen und lagern, Infusionen wechseln, nach Ursachen der piepsenden Geräte forschen, nicht zu vergessen den unruhigen Patienten ständig daran zu hindern, aus dem Bett zu steigen usw. usf.
Ein Gutes hatte diese Nacht: Es war so viel zu tun, daß sich wenigstens nicht die quälende Müdigkeit einstellte, gegen die sie meist so gegen 4 Uhr ankämpfen mußte. Der Nachteil war jedoch, daß sie bereits seit 2 Stunden selbst einmal auf Toilette mußte, die von der Ärztin inzwischen nicht mehr belagert wurde. (Aus dem Arztzimmer war leises Schnarchen zu hören.) Aber ohne Ablösung war daran nicht zu denken. Ihre Not nahm immer mehr zu, war kaum noch zu ertragen. Als sie es vor Verzweiflung fast nicht mehr aushielt, kam ihr die rettende Idee: Es gibt ja noch die Hauptnachtwache!
Die zehn Gebote Gottes enthalten 279 Wörter, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung 300 Wörter, die Verordnung der europäischen Gemeinschaft über den Import von Karamelbonbons aber exakt 25911 Wörter.
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Buchecker
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Buchecker »

Cool, dass du dich hier einklinkst, Yumo!
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Kibabu
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Re: Der rote Satz

Beitrag von Kibabu »

Xenna sprang aus der Dusche und rubbelte sich trocken. Schnell noch die frisch rasierte Glatze gepudert, ein wohlgefälliger Blick in den Spiegel. Durch ihre neue Frisur konnte sie wirklich viel sparen: Friseurbesuche, Haarwaschmittel, Gel und Taft, all das war jetzt überflüssig geworden. Xenna griff sich ihren neuen, tollen Fummel, ihre roten Pumps und voila, perfekt! Die Zeit würde gerade noch reichen, bis die anderen zum Kaffeeklatsch ankommen sollten. Der Waffelteig war vorbereitet, schnell noch die Kirschen wärmen, Sahne schlagen, Kaffee kochen, alles bestens.
Als die Kirschen schon angedickt waren, wurde Xenna langsam hektisch. Wo war bloß die Schlagsahne? Oh nein, sie hatte vergessen, sie einzukaufen. Schockschwerenot, wattnu? Xenner war mit dem verbeulten Auto in der Werkstatt (Feindberührung mit unsichtbarem Pfeiler), sie kam also nicht weg. Die Kirschwaffeln ohne Sahne waren ein Ding der Unmöglichkeit. Da fiel ihr Blick auf die noch nicht weggeräumten Einkäufe - hah, genial!

5 Min. später die Türglocke, und schon kamen Venndya, Base Eni und Borrelia hereingeschneit. Doppelter Breschnew rechts und links, hereinspaziert. Xenna bat die Ladies ins Esszimmer und tischte ordentlich auf. Ihre frisch erfundene Kombination aus Waffeln mit 5-Minuten-Terrine taufte sie kreativ auf Altes, Saarländisches Familienrezept aus Urgroßmutters Kochbuch um, für den exotischen Touch sorgten die reichlichen Beigaben von Zimt und Kardamon in der Suppe.
Die Gäste löffelten brav ihre Suppe. Warum sie allerdings dann von Bridget Jones und ihrer blauen Suppe anfingen, war und blieb Xenna ein Rätsel.

Das nächste Mal ist Kaffeeklatsch bei Venndya. Vielleicht erzähl ich euch mal davon.
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