Der feine Baron zu Guttenberg

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d_r_m_s
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von d_r_m_s »

Flachs hat geschrieben:Ich jedenfalls wollte nur verdeutlichen, weshalb man mit Recht beleidigt sein kann, wenn wer auch immer einem damit kommt, man dürfe sich nicht über Herrn zu Guttenberg empören, bloß weil man seinen "inneren Schweinehund" besser im Griff gehabt zu haben meine, denn im tiefsten Inneren sei man somit ja auch nicht besser als er.
man kann und muss sich über das Verhalten Guttenbergs empören ... habe ich ja auch getan ... und in seinem Fall war das Ganze dazu noch sowohl unnötig als auch so extrem ungeschickt, dass es wirklich peinlich ist ... den Doktor hätte er für seine Karriere überhaupt nicht mehr gebraucht ... reine Geltungssucht ...

es gibt andererseits Fälle, in denen ich zumindest die Motive nachvollziehen kann ... gerade auch im Universitätsbereich ... da liegt (nicht nur in Deutschland, eher weltweit) einiges im Argen, ohne Schmu braucht man inzwischen extrem viel Glück, um dort dauerhaft seinen Lebensunterhalt zu verdienen ... deshalb bin ich heute da nicht mehr dabei, aber ich hatte das Glück, relativ früh reichlich Tritte zu bekommen ... und bitte, wer immer sich da jetzt angesprochen fühlt und nicht bescheisst, der möge sich doch zu denen rechnen, die nicht nur fachlich gut sind, sondern auch etwas Glück haben ... das ist ja kein Charakterfehler ... :wink:

@PaulPic: Danke für die Klarstellung, so unterschiedlich sollten unsere Richtungen da ja eigentlich auch nicht sein ...

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Marcus T. Cicero
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Marcus T. Cicero »

BN-BLF hat geschrieben:im Radio (Bayern 1) hieß es von einem der Moderatoren: "Hund samma scho. Haben wir nicht alle einen Guttenberg in uns?"
d_r_m_s hat geschrieben:haben wir ... jeder hat seinen inneren Schweinehund ... nobody is perfect ...
Wenn jemand Guttenberg mit dem Begriff "Schweinehund" assoziierte, dann könnte ich das durchaus nachvollziehen. :D

Der Begriff "innerer Schweinehund" ist hingegen in diesem Fall völlig fehl am Platz. Denn dieser bezieht sich auf leichte charakterliche Schwächen, die i.d.R. Bequemlichkeit, Trägheit oder etwas abstrakter formuliert "mangelnder Selbstdisziplin" geschuldet sind.

Davon kann hier keine Rede sein. Denn der Lügenbaron hat sich einen Doktorgrad durch äußerst dreistes Plagiieren ergaunert und durch diese Täuschung gegen eine von ihm abgegebene ehrenwörtliche Erklärung verstoßen.
Mit der allgemeinen Fehlbarkeit der menschlichen Natur, gegen die wohl kaum jemand in jeder Situation gefeit sein dürfte, hat dieses Schurkenstück nichts mehr zu tun.
Dass es vox populi - wie die Befragungen zeigen - an Differenzierungsvermögen hinsichtlich der Einschätzung des Fehlverhaltens mangelt, dürfte zum Einen der mangelnden Kenntnis des wissenschaftlichen Arbeitens und zum Anderen der von Guttenberg von Anfang an betriebenen Bagatellisierungsstrategie geschuldet sein. Um so schändlicher ist es, dass ausgerechet zwei konservative Parteien wie die CDU und die CSU - aus bloßem Opportunismus heraus - auf diesen Verharmlosungskurs einschwenken.

Vor knapp einem Jahr wurde in Lippe in einem im Ausmaß nicht so drastischen Fall ganz anders vorgegangen:

"Es waren genau 11 Fremdautoren, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Göttingen zu stern.de. Wegen der hohen Anzahl sei die Staatsanwaltschaft von Vorsätzlichkeit ausgegangen. Das sei wie beim Autofahren, erklärt der Sprecher: Wer ein Schild mit dem Tempolimit 80 nicht beachte, mache einen Fehler. Wer das dritte Schild ignoriere, handele vorsätzlich. Karl-Theodor zu Guttenberg ist laut Guttenplag durch einen ganzen Schilderwald geheizt."

Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland ... 57950.html

Es gibt auch noch ein Video (temporär) aus der Sendung Kontraste über diesen Fall:

http://www.rbb-online.de/kontraste/arch ... toene.html
Yumo
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Yumo »

Paßt, glaube ich, auch hier rein: http://www.youtube.com/watch?v=z9QrkDAwhAI
Die zehn Gebote Gottes enthalten 279 Wörter, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung 300 Wörter, die Verordnung der europäischen Gemeinschaft über den Import von Karamelbonbons aber exakt 25911 Wörter.
blokk
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von blokk »

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xenna
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von xenna »

Also mir gehen diese ganzen Guttenberg-Diskussionen langsam aber sicher auf den Geist.
Was er getan hat, heiße auch ich nicht gut. Es war ein schwerer Fehler, der einem Mann mit Vorbildfunktion nun mal nicht passieren dürfte.
Nun gut, er hat sich entschuldigt, hat seinen Doktortitel zurückgegeben und bleibt - zumindest bis heute - im Amt.
Aber dass er jetzt mit Häme überschüttet wird, sich von den selbstgerechten Vertretern der Opposition beschimpfen lassen muss, dass seine Fähigkeiten als Minister von den Medien in Frage gestellt werden usw.usw., das ist ganz schlechter Stil.
Ich habe weder Zeit noch Lust, mich stundenlang durchs Internet zu wühlen auf der Suche nach immer neuen Details der Guttenberg-Recherchen, meine persönliche Meinung ist die, das Herr zu Guttenberg einfach zu schnell groß und vor allem in weiten Teilen der Bevölkerung zu beliebt geworden ist. Das ruft natürlich Neider auf den Plan und wenn man nur lange und tief genug gräbt, dann findet man bei so manchem einen Fleck auf der bis dahin weißen Weste, wie sich ja jetzt bei Guttenberg herausgestellt hat und vielleicht auch irgendwann mal bei manchen, die sich jetzt in dieser Sache noch weit aus dem Fenster lehnen.
Wir hatten schon ehemalige Steinewerfer in der Regierung, Seehofer hat mit seiner außerehelichen Affäre ein Kind gezeugt und spielt weiter heile bayerische Familienwelt, aber noch nie ist ein solches Theater veranstaltet worden wie jetzt bei Guttenberg.
Ich meine, es würde langsam reichen.
Um einen guten Job zu machen, braucht man keinen Doktortitel und wenn man es endlich geschafft haben sollte irgendwann, Guttenberg zum Rücktritt zu drängen, glaube ich kaum, dass was Besseres nachkommt.
So, das ist jetzt meine ganz unmaßgebliche Meinung, aber sorry, das musste einfach mal raus.
Guckst du hier
Und hier stell´ich mich persönlich vor:
http://www.booklooker.de/xenna
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PaulPic
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von PaulPic »

Ganz interessant: Das Original-TV-Interview des Bayerischen Rundfunks mit dem Nachfolger des Doktorvaters:

Häberle-Nachfolger Oliver Lepsius (Bayreuth): Guttenberg ist ein Betrüger
Paul
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d_r_m_s
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von d_r_m_s »

die Diskussion um Guttenberg nervt mich auch, aber v.a., weil der Verlauf ganz deutlich weitere erhebliche Schwächen in unserer politischen Landschaft zeigt ... die weit über 'Gutti' hinausgehen ... auch, dass sich diverse Nachrichtensender immer noch nicht trauen, aus 'soll haben' und 'angeblich' ein klares 'hat !' zu machen, was ja wohl inzwischen ausser Zweifel steht ... bah, was ein Sumpf ! :roll:
xenna hat geschrieben:... Um einen guten Job zu machen, braucht man keinen Doktortitel ...
sehr richtig, und wenn er das ganze Projekt still und leise eingestampft hätte, anstatt es auf die falsche Weise zu Ende zu bringen, wäre ja auch (zumindest scheinbar) alles OK ...
xenna hat geschrieben:... wenn man es endlich geschafft haben sollte irgendwann, Guttenberg zum Rücktritt zu drängen, glaube ich kaum, dass was Besseres nachkommt ...
das ist das eigentliche Problem (nicht nur) der deutschen Politik ... die Leute an der Spitze lassen praktisch nichts Ordentliches mehr nachwachsen ...

aber wenn man nicht einmal mehr die entfernen möchte, die ihre Fehler am offensichtlichsten zur Schau stellen (die Promotion um fast jeden Preis passt m.E. sehr gut zum restlichen Verhalten der Familie K.T. zu Guttenberg) sollte man konsequenterweise auch jegliche Hoffnung auf eine Besserung der Lage durch unsere Politiker sofort und vollständig begraben ...

wobei ja bekannt ist, dass es bei mir auch nicht mehr allzu viel an Hoffnung in unsere Politiker zu begraben gibt ... einen letzten Rest vielleicht noch ... 8)

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Enibas

Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Enibas »

xenna hat geschrieben:Also mir gehen diese ganzen Guttenberg-Diskussionen langsam aber sicher auf den Geist.
Was er getan hat, heiße auch ich nicht gut. Es war ein schwerer Fehler, der einem Mann mit Vorbildfunktion nun mal nicht passieren dürfte.
Nun gut, er hat sich entschuldigt, hat seinen Doktortitel zurückgegeben und bleibt - zumindest bis heute - im Amt.
Aber dass er jetzt mit Häme überschüttet wird, sich von den selbstgerechten Vertretern der Opposition beschimpfen lassen muss, dass seine Fähigkeiten als Minister von den Medien in Frage gestellt werden usw.usw., das ist ganz schlechter Stil.
Ich habe weder Zeit noch Lust, mich stundenlang durchs Internet zu wühlen auf der Suche nach immer neuen Details der Guttenberg-Recherchen, meine persönliche Meinung ist die, das Herr zu Guttenberg einfach zu schnell groß und vor allem in weiten Teilen der Bevölkerung zu beliebt geworden ist. Das ruft natürlich Neider auf den Plan und wenn man nur lange und tief genug gräbt, dann findet man bei so manchem einen Fleck auf der bis dahin weißen Weste, wie sich ja jetzt bei Guttenberg herausgestellt hat und vielleicht auch irgendwann mal bei manchen, die sich jetzt in dieser Sache noch weit aus dem Fenster lehnen.
Wir hatten schon ehemalige Steinewerfer in der Regierung, Seehofer hat mit seiner außerehelichen Affäre ein Kind gezeugt und spielt weiter heile bayerische Familienwelt, aber noch nie ist ein solches Theater veranstaltet worden wie jetzt bei Guttenberg.
Ich meine, es würde langsam reichen.
Um einen guten Job zu machen, braucht man keinen Doktortitel und wenn man es endlich geschafft haben sollte irgendwann, Guttenberg zum Rücktritt zu drängen, glaube ich kaum, dass was Besseres nachkommt.
So, das ist jetzt meine ganz unmaßgebliche Meinung, aber sorry, das musste einfach mal raus.
@Xenna, da stimme ich dir in allen Punkten voll und ganz zu. Herr Guttenberg hat einen Riesenfehler gemacht, das steht außer Frage, aber diese seitenweisen Hetzkampagnen in der Zeitung und im Internet sind an nichts zu überbieten. Ich frage mich nur, hat denn der Doktorvater H. Guttenberg nicht gewissenhaft betreut und die Arbeit nicht sorgfältig geprüft ? Warum sind ihm dann die Plagiate nicht aufgefallen ? Dann trifft ihn aber auch eine Schuld.

Einem Landesvater wurde auch ein Rücktritt nahegelegt wegen des Nürburgrings, aber dieser Herr ist sich ja keiner Schuld bewußt.
Es werden ja im Moment ca. 30 Doktorarbeiten von Politikern überprüft. Wer weiß was da wieder zu Tage kommt. ? :shock:
blokk
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von blokk »

xenna hat geschrieben: Was er getan hat, heiße auch ich nicht gut. Es war ein schwerer Fehler, der einem Mann mit Vorbildfunktion nun mal nicht passieren dürfte.
Nun gut, er hat sich entschuldigt, hat seinen Doktortitel zurückgegeben
Guttenberg hat keinen Fehler gemacht - er hat vorsätzlich gelogen und betrogen. So etwas nenne ich kriminell.

Es kann durchaus vorkommen, dass man in einer mehrere Hundert Seiten langen Arbeit hier und da ein Anführungszeichen vergisst.
Schwamm drüber. Sollte nicht vorkommen - zeigt aber, dass man nicht sorgfältig mit den Quellen umgeht.

Guttenberg hat aber nicht die Anführungszeichen "vergessen", sondern bewusst weggelassen. Anders lässt sich ein solch massives Kopieren von Fremdarbeit in die eigene Dissertation nicht erklären.

Außerdem steht die Frage im Raum, mit welchem Recht er aus vier nicht öffentlichen Quellen zitiert hat. Zudem hat er zwei nicht öffentliche Quellen als sein geistiges Eigentum deklariert.

Sein dandy-haftes Auftreten vor der Presse -ich erinnere nur an sein Auftreten in Afghanistan mit seiner Frau- fanden viele nicht passend und eher befremdlich für einen deutschen Verteidigungsminister. Im Zusammenhang mit seinem massiven Betrug in seiner Doktor-Arbeit rundet sich das Bild für mich ab.

Der Mann hat ein massives Problem in seiner Selbstwahrnehmung. Sein Ehrgeiz, in allem und jedem der Beste sein zu wollen -oder zu müssen-, lässt ihn offensichtlich selbst vor Betrug nicht zurück schrecken.

Sein versemmeltes Jura-Studium dürfte dabei der Auslöser gewesen sein. Aus wars mit dem Traum einer florierenden RA-Kanzlei. Lebensaussicht: Zuträger eines Rechtsanwalts oder Aufseher von Kartoffelbauern und Schafhirten.

Aber mit Hilfe der Familie kann man es ja als Politiker versuchen und in die Fußstapfen des Großvaters treten.

Die Schmach des nicht absolvierten 2. Staatsexamens versucht er durch eine Dr.-Arbeit wett zu machen. Sie bringt zwar nicht die Berechtigung, als Anwalt tätig zu werden - aber sie bringt Prestige. Es gilt lediglich ein Doktorvater zu finden, der der Familie Guttenberg wohlgesonnen ist und der per se nicht vermuten würde, dass Filius Karl Theodor so infam sein kann, den Doktorvater so massiv zu betrügen.

Hat er aber.

Und darin sehe ich -abgesehen von der völligen Missachtung akademischer Werte- die Verwerflichkeit des Karl Theodor. Er betrügt selbst die, die ihm persönlich vertrauen.

Das ist unterste Schublade und als politische Führungskraft in Deutschland nicht akzeptabel.

Vielleicht sollte er das EU-Recht nutzen und sich in Italien ansiedeln. Unter Berlusconi hätte er sichere Chancen auf einen Listenplatz ganz vorn bei seinem Meister der Täuschung.
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PaulPic
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von PaulPic »

Enibas hat geschrieben:@Xenna, da stimme ich dir in allen Punkten voll und ganz zu. Herr Guttenberg hat einen Riesenfehler gemacht, das steht außer Frage, aber diese seitenweisen Hetzkampagnen in der Zeitung und im Internet sind an nichts zu überbieten. Ich frage mich nur, hat denn der Doktorvater H. Guttenberg nicht gewissenhaft betreut und die Arbeit nicht sorgfältig geprüft ? Warum sind ihm dann die Plagiate nicht aufgefallen ? Dann trifft ihn aber auch eine Schuld.

[...] Es werden ja im Moment ca. 30 Doktorarbeiten von Politikern überprüft. Wer weiß was da wieder zu Tage kommt. ?
Das ist ja das Schlimme: Unsere Sitten und Maßstäbe sind offenbar so verroht, dass die Tat des Herrn als Riesenfehler verniedlicht werden kann. Die Aufdeckung und Aufklärung dieser Verfehlung wird als Hetzkampagne empfunden! Der Professor Lepsius, der sich in dem von mir verlinkten Video dazu äußert, zittert geradezu vor Wut, weil er es nicht fassen kann.

Es ist allerdings richtig, dass die Diskussion sich ausschließlich auf den Täter konzentriert, aber das wird nicht so bleiben. Selbstverständlich haben an dieser Tat eine Menge Leute mitgewirkt, und das ist dem genannten Professor auch voll bewusst. Er ist schließlich der Nachfolger desjenigen, der diese ganze Schweinerei zu verantworten hat. Danach hat der Reporter höflicherweise nicht gefragt, aber andere haben diese Frage schon auf den Tisch gebracht.

Das wird vermutlich ebenfalls durch die Universität Bayreuth aufzuklären sein, und angesichts der ersten Finte darf man gespannt sein, was die Herrschaften sich diesmal einfallen lassen, um sich um die offensichtlichen Tatbestände herumzudrücken.

Auch zu der Prozedur der Aberkennung hat der Professor sich, allerdings nur indirekt, geäußert, in dem er gesagt hat, dass dieses Verfahren anders hätte ablaufen sollen. Andere haben ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass das Verfahren der Uni Bayreuth rechtswidrig war. Die hätten sich zum Tatbestand der Täuschung äußern müssen.

Ich glaube, die Uni Bayreuth wird nicht umhin kommen, den ganzen Saustall auszumisten. Es haben ja nicht nur zwei Gutachter ausdrücklich mitgewirkt, sondern auch noch eine Note erteilt, die äußerst selten vergeben wird. Die ganze Angelegenheit ist ein riesiger Skandal, und zwar nicht nur für die Universität Bayreuth, sondern für das ganze Land. Dass so etwas in Deutschland passieren kann, ist unerhört.

Selbstverständlich ist das Korruption, und wir wissen, wie gefährlich und verwerflich Korruption ist. Unsere Konzerne können und dürfen sich noch nicht einmal herausreden, wenn sie sich darauf berufen, dass im Ausland keine Geschäfte gemacht werden können, wenn man nicht schmiert. Dass im eigenen Lande geschmiert werden kann, und dieser Vorgang auch noch von unseren "besten" Politikern verteidigt wird, ist einfach unglaublich.

Schließlich kommt noch hinzu, dass mit diesem einen Fall auch noch alle anderen Arbeiten pauschal verdächtigt werden. Und weiter: Indem man diesen Vorfall als verständlich bagatellisiert, wertet man alle anderen Leistungen gleichzeitig mit ab. Der Leistungsgedanke selbst wird beschädigt.

Das ist der Schaden für die Wissenschaft und für die Werteordnung in unserer Gesellschaft.

Der Schaden für die Politik besteht darin, dass alle Unterstützer dieses Politikers die Grundwerte unserer Gesellschaft, auf die wir mit Recht stolz waren und die unsere Stellung in der Welt begründet hat, mit Füßen treten. Wie wollen wir in Zukunft miteinander umgehen, nachdem wir uns dieses unwürdige Schauspiel angeschaut haben? Wird jeder, der sich eines Vergehens schuldig gemacht hat, sagen können: Oh, das habe ich aber nicht bewusst getan, ich entschuldige mich. Damit ist der Fall doch wohl erledigt, oder?

Jedermann wird überdeutlich, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Die Mächtigen dürfen alles, und die anderen trifft die volle Härte des Gesetzes.

Der Professor hat aber auch zum Ausdruck gebracht, dass die ganze Angelegenheit die Wissenschaft stärken wird, und das glaube ich auch. Wenn es Missstände gibt, muss man froh sein, wenn man drauf gestoßen wird, weil man dann endlich die Gelegenheit hat, sie zu beseitigen. Sollte dies also kein Einzelfall sein, wird man weiterbohren, bis alles aufgeklärt ist.

Dazu bedarf es der hinreichenden Energie; wenn die Angelegenheit gleich unter den Teppich gekehrt worden wäre, wäre der Schaden größer. Die Frage ist allerdings, ob die Energie groß genug ist, eine wirkliche Heilung herbeizuführen.

Viele Menschen mutmaßen nämlich, dass die wirklichen Machtverhältnisse ganz andere sind, dass diese gar nicht sichtbar werden und nicht greifbar sind, dass die Politiker selber nur Marionetten sind und es deshalb im Grunde egal ist, wer diese Posten bekleidet. In den USA haben beispielsweise viele Leute sehr große Hoffnungen in Obama gesetzt und sind jetzt schwer enttäuscht.

Das klingt natürlich nach Verschwörungstheorie, aber daran dürfte insoweit etwas dran sein, als die Großkonzerne ohnehin multinational tätig sind und sich nicht sehr um die einzelnen Regierungen kümmern. Bekanntlich wird die überwiegende Menge des gesamtgesellschaftlichen Reichtums von sehr wenigen Menschen gehalten. Die wollen sich sicherlich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Das wiederum lässt bei allen anderen leicht Ohnmachtsgefühle entstehen, die durch Witze kompensiert werden.

Und wenn Politiker von denen hofiert werden (das betrifft nicht nur unseren Verteidigungsminister, sondern die gesamte politische Elite aller Parteien), um sie in die Pflicht zu nehmen, ist die Versuchung nicht nur groß, dem nachzugeben, sondern vermutlich gibt es auch keine Alternative.

Jetzt können wir nur hoffen, dass diese wenigen Reichen die Welt nicht zugrunde richten. Das ist keine akademische Diskussion und nichts für den Stammtisch, das betrifft jeden von uns, insbesondere den Mittelstand, der vom Abstieg bedroht ist. Unter anderem ist Hartz IV der Preis. Die Armen sollen die Suppe auslöffeln, damit die Reichen noch reicher werden. In den USA, bei uns, und auf der ganzen Welt.

Die Ghostwriter, die den Betrug in der Wissenschaft möglich machen, gehören zu den Absteigern, zu denen, die ihren Platz in der Gesellschaft nicht finden konnten und keine andere Möglichkeit der Existenzsicherung sehen, als sich zu kriminellen Handlungen zu verdingen. Diese Leute darf man auch nicht vergessen, die gehören zu diesem Schmierenstück ebenfalls dazu.
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von Summerhill1972 »

Ich habe jetzt schon eine ganze Menge gelesen und ich habe noch keine Antwort auf meine Frage gefunden.
Mir ist erzählt worden,daß der Herr von Guttenberg aufgrund seines Doktortitels jeden Monat 5.000 euro
mehr Geld erhalten hat.
Stimmt das? Und muß er das Geld zurückzahlen,wenn er den Doktortitel aberkannt kriegt?
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von xenna »

Die Aufdeckung und Aufklärung dieser Verfehlung und auch die daraus entstehenden Konsequenzen sind vollkommen in Ordnung, aber was danach folgte und noch immer folgt, ist eine Hetzkampagne.
Und wenn es um vorsätzlich lügen und betrügen geht (was auch ich als moralisch inakzeptabel und verwerflich finde) und dies als kriminell bezeichnet wird, dann wäre wohl die Hälfte der Leute, die uns regieren, kriminell.
Man sollte bei dem ganzen Thema auch sachlich bleiben und sich nicht nur von persönlichen Gefühlen und Antipathien leiten lassen.
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von PaulPic »

Summerhill1972 hat geschrieben:Ich habe jetzt schon eine ganze Menge gelesen und ich habe noch keine Antwort auf meine Frage gefunden.
Mir ist erzählt worden,daß der Herr von Guttenberg aufgrund seines Doktortitels jeden Monat 5.000 euro
mehr Geld erhalten hat.
Stimmt das? Und muß er das Geld zurückzahlen,wenn er den Doktortitel aberkannt kriegt?
Beides ist sicher nicht so.
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Re: Der feine Baron zu Guttenberg

Beitrag von PaulPic »

xenna hat geschrieben:Die Aufdeckung und Aufklärung dieser Verfehlung und auch die daraus entstehenden Konsequenzen sind vollkommen in Ordnung, aber was danach folgte und noch immer folgt, ist eine Hetzkampagne.
Und wenn es um vorsätzlich lügen und betrügen geht (was auch ich als moralisch inakzeptabel und verwerflich finde) und dies als kriminell bezeichnet wird, dann wäre wohl die Hälfte der Leute, die uns regieren, kriminell.
Man sollte bei dem ganzen Thema auch sachlich bleiben und sich nicht nur von persönlichen Gefühlen und Antipathien leiten lassen.
Entschuldigung: Ich bin immer sachlich geblieben und lasse mich überhaupt nicht von persönlichen Gefühlen und Antipathien leiten und schon gar nicht nur!

Das ist es doch gerade: Es geht hier überhaupt nicht um Persönliches, sondern um das Wohl unseres Landes, um unser aller Wohl!

Außerdem ist es nicht akzeptabel, wenn das eine Fehlverhalten mit dem anderen Fehlverhalten entschuldigt wird. Was hat denn das uneheliche Kind des einen mit der strafrechtlich relevanten Verfehlung des anderen zu tun, bitte sehr?

Es ist an mir, daran zu appellieren, die Verhältnismäßigkeit zu wahren und nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Natürlich ist es widerlich und beschämend, von Politikern pausenlos belogen zu werden. Die wiederum behaupten, dass wir Wähler belogen werden wollen. Es ist also an uns, klarzumachen, was wir wollen, was unsere Werte sind.

Am Unangenehmsten ist mir aus der letzten Bundestagswahl noch das Wahlversprechen des Kanzlerkandidaten der SPD in Erinnerung, so aus dem Stand 4 Millionen Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Für wie blöd hält der uns eigentlich? Oder der Spruch der FDP: Arbeit muss sich wieder lohnen! Ach ja, und deshalb haben wir die prekären Arbeitsverhältnisse. Deshalb gibt es viel weniger Arbeitsplätze als Arbeitssuchende. Wenn Arbeit sich lohnen soll, muss es Arbeit aber erst einmal geben, das ist die einfachste Logik.

Aber anscheinend sind wir wirklich so blöd. Wir sind so blöd, uns von Betrügern wie unserem Verteidigungsminister (den Namen möchte ich gar nicht nennen) einseifen zu lassen. Wir sind so blöd, uns von unserer Bundesmutti einlullen zu lassen. Wir sind so blöd, alles mit uns machen zu lassen und unseren Frust auf andere abzuwälzen, die angeblich arbeitsscheuen Hartzis zum Beispiel, ein nicht unerheblicher Anteil unseres Volkes, der immer größer wird.

Ich persönlich finde es unerheblich und uninteressant, wenn irgendein Würstchen irgendeinen Scheiß macht, und sei es auch ein Minister. Interessant finde ich die Wirkung dieses Theaters. Plötzlich ist die ganze Republik politisiert und wird sich des ganzen Ausmaßes der Misere bewusst. Die Leute äußern sich, sind frustriert und wütend und wollen aufbegehren. Sie wissen nur noch nicht, wie.

Wir sind das Volk, immer noch.
Paul
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